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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.01.1936
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- 1936-01-18
- Erscheinungsdatum
- 18.01.1936
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Nummer 15, 18. Januar 1986 Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel Gesicht und Grenzen neuer deutscher Heimatliteratur*) Von Paul Köppe-Weglander Die Zahl der Sucher wird immer größer in unser!» Volke, das Kolbenhcyer »die Sehnsüchtigen unter den Menschen« nennt. Durch die Jahrhunderte finden wir sie, die Einsamen, Verkann ten, genau so wie uns heute große Rufer vorangegangen sind, — lange bevor cs gelang, diesen neuen Begriff der aushorchenden Umwelt zu verkünden. Es ist immer gut und lobenswert, sich um Erkenntnisse zu bemühen, selbst dann noch, wenn man an der eigenen Fassungsweite zweifelt. Wir können unsere geistigen Organe gar nicht genug »trainieren« (um einmal diesen besser ver ständlichen Ausdruck anzuwcndcn), ja, wir müssen es wohl erst als eine Voraussetzung begreifen, nicht nur Gefallen an solcher Übung zu finden, sondern deren dringende Notwendigkeit einzusehen. Es mag dies eine der wichtigen Aufgaben des Sortimenters sein, die hier nur gestreift sei, in gut vorbereiteten Verkaufsgesprä- chcn die Käufer und Kaufgcneigten für den »Denksport- zu inter essieren. Bon einigen Ausnahmefällen abgesehen, muß man der Allgemeinheit gegenüber immer etwas Volkstümliches einschalten und wenn cs nur ein Wort ist, das so klingt, — das leicht »ein- gcht>, irgendwie fesselt, von anderen Alltagsdingen ablcnkt. Man weckt dann die Besinnlichkeit, die tn jedem Menschen schlummert und nur angeregt sein will. Um uns tobt die große Schcinwelt der Sinne, lockt und ruft und regt fortwährend an. Was aber tun wir dagegen? Wir stehen verzweifelt beiseite und denken, es hat doch keinen Zweck, damit zu wetteifern. Aber wir denken es nicht einmal, sondern es ist uns eine Selbstverständlichkeit ge worden, anerzogen und angeboren! Wir müssen erst arbeiten, um diese und ähnliche schädliche Gefühle wieder aus uns selbst heraus- zubringcn. Können wir deshalb nicht um so besser unsere Volks genossen aus eigener Erfahrung überzeugen, wie das zu geschehen hat, wie man praktisch an die Lösung einer solchen Aufgabe heran geht, auch dann, wenn man meint, durchaus keine freie Zeit dafür zu haben? Nicht Wünsche formen die Welt, sondern ein Zielwille, der hart und rücksichtslos sein kann, wenn es not tut. Wir sehen in unseren Tagen die Anfangserfolge eines Kraftwillens, der alles Bestehende umprägt. Es kommt aber ungemein viel darauf an, daß wir uns dem richtig verstandenen Willen anschließen, ihn nicht nur stützen und fördern, sondern auch selbsttätig ergänzen. Mehr und mehr strahlen neue Kräfte aus einem Kernpunkt, den wir den Urguell nennen: wollen wir uns nicht ständig bereit und aufgeschlossen halten aller Wirkungen, die aus solchem unsicht baren Zentrum in uns dringen? Aber auch das genügt noch nicht! Wir müssen ihnen entgegenschreiten, uns selbst den Weg bahnen zu ihnen hin, denn vielleicht liegen gerade auf diesem Wege Hin dernisse, die zu beseitigen eine der Aufgaben ist, deren Erfüllung (also hier: Beseitigung) von uns erwartet wird. Dienen wir unserem großen gemeinsamen Schicksal, dann tun wir uns selbst den größten Gefallen! Der Begriff des deutschen Heimatbuchcs hat sich gegenüber der Frühzeit seines Erscheinens erheblich gewandelt. Eigentlich verstand man bisher ausschließlich Werke darunter, die das Land, die Flüsse, die Städte und die Dörfer beschrieben; selbst wenn später Ritterburgen und Bergschlösscr einige merkwürdige Stoffe boten, so bleibt es im wesentlichen doch ein Forscherbuch, das wohl mit dem fortschreitenden Ausbau der Technik immer schöner in den Bildwiedcrgaben wird, der Dichtung jedoch zunächst noch keinen Raum gibt. Erst unsere Tage stellten die Verbindung her mit dem Men schen, der aus der Landschaft wächst und ihr ebenso das Gesicht *> In Fortführung unserer Aufsatzreihe über das neue Volks- und Unterhallungsbuch, dem heute eine Bedeutung zugemessen werden mutz wie sonst kaum einmal, wollen wir uns bemühen, uns über das Wesen eines neuen Heimatschrifttums klar zu werden, da dieses Gebiet des Schrifttums immer einen wesentlichen Teil des Volks- und Unterhaltungsbuches ausmachen wird. Diese Klarheit ist notwendig, da es allein in der Hand des verantwortungsbewusste» Sortimenters und Verlegers liegt, drohende Auswüchse rechtzeitig zu verhindern. Tic Schrittleitung. formt wie sie ihm. Damit aber sind wir ebenfalls bei einer der wichtigsten Urquellen angelangt,' nämlich dem Werden deutscher Kultur. Wir wissen, daß Buch und Zeitschrift die besten Mittler sind, um die Kenntnis von diesem Werden weit hinauszutragen in jene Gebiete, die sich dem naturverbundenen Wachsen mehr und mehr entzogen, sodaß ihre Nachkommenschaft die Erinnerung daran als lästig und unbequem ablehnte und schließlich glaubte, ihre eigene Entwicklung (die in Wirklichkeit ein Verfall war) sei eine Kultur an sich. Es ist noch immer schwer, dieser allzu fest verwurzelten An- schauung^entgegenzuwirken, weil ein noch nicht wiederhcrgestclltes Gefühlsempfindcn der Millionen von Volksseelen sich unbewußt dagegen sträubt, eine geistige Nahrung anzunehmen, die zuerst wie eine Medizin eingezwungen werden muß, — nachher aber wie ein Labetrunk wirkt. Das Wunderbare dieses Vorgangs jedem am Buche interessierten Volksgenosseir klarzumachen, ist wiederum Aufgabe aller Stellen, die auf irgendeine Art dazu berufen sind, und das sind nun aber nicht nur die Sortimenter und deren An gestellte, sondern der Kreis spannt sich viel weiter! Er ersaßt eigentlich jeden Berufstätigen überhaupt und das um so nachdrück licher, je höher er im Ansehen seiner Kollegen- oder Gefolg schaft steht. Bestimmte Zeitschriften und Berlage haben sich ausschließlich in den Dienst des Heimatschrifttums gestellt. In allen Teilen des deutschen Vaterlandes wie des Auslanddeutschtums gibt es solche zielbewußt arbeitenden Verlage, auch finden wir in der Reihe be kannter Großverleger mehr und mehr klug abgegrenzte Prospekte, bei denen jedoch schon nicht mehr ganz einwandfrei erkennbar bleibt, wo die Heimatdichtung diesen Ehrentitel noch verdient. Ein in Ostpreußen oder Schlesien geborener Dichter kann mit seinem »Roman einer Mutter« eines der wahrhaft echten Werke deutscher Heimatdichtung geben, — aber er kann es auch unter dem Ein druck vieler, einander sich jagender Erlebnisse geschrieben haben. Vielleicht nachdem er Ruhe fand in einem ganz anders gearteten Landstrich, der ihm wohl die stille ewige Sehnsucht nach dem Unerreichbaren neu schenkte, ihn jedoch in seinen Empfindungen wandelte und ummodelte, sodaß ihm jetzt das Bild der Mutter als ein ganz anderes erscheint. Hätte er es vor zehn oder zwanzig Jahren in den Armen der Heimat geschrieben, oder hätte er nur zur Abfassung gerade dieses Werkes noch einmal die Stätten seiner Jugend aufsuchen können, wie wäre wohl der Geist des Buches dadurch beeinflußt worden! Es gibt auch demgegenüber die sogenannte »Zweite Heimat«. Menschen, die in einer Großstadt geboren, die Natur gesucht und dis Kleinstadt gefunden haben; die dann — von neuem Heim- und Fernweh gepackt — wieder zur Großstadt zurückgckehrt sind, aufs neue unruhig wurden und nicht nachgaben, bis ihnen das Schicksal die einzige große Forderung erfüllte: geläutert zurück zu dürfen zur eigentlichen, zur »zweiten« Heimat! Er hat die Geliebte dort gesunden, sie hat ihm die Kinder dort geschenkt, die schönsten Jugendjahrc ketten die ganze Familie an dieses Land. Wird nicht das naturhaste Geschehen sie alle einzig und allein verbinden mit jenem Landstrich, der ihnen wie ein ewig Liebgewordenes be gegnet, das sie umfassen möchten, um es niemals mehr zu lassen ^-? Der Begriff der Heimatdichtung muß sehr weit und darf nicht engherzig gezogen werden, umgekehrt jedoch ist die Grenze im geistigen Raum sehr scharf zu umreißen und Weitherzigkeit nicht angebracht. Dieser scheinbare Widerspruch wird jedem ver ständlich werden, der sich mit unserer heute vorliegenden Heimat literatur besaßt. Der Schaffende sowohl wie der Vermittler und der Aufnehmende: sie alle müssen durchdrungen sein von dem Dienst an der Sendung, deren Teil sie erfüllen. Engherzigkeit ist Voreingenommenheit, Weitherzigkeit dagegen unangebrachtes Ent gegenkommen nach der Richtung zur Trägheit desjenigen All gemeingefühls, von dem eingangs die Rede war. Gute Heimatliteratur soll neues seelisches Leben wecken. »Es kommt auf die Unterstützung durch jeden einzelnen an, Saal und
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