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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.04.1883
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 13.04.1883
- Sprache
- Deutsch
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sosern er hierzu nicht im Stande ist, aus deren Geheiß de» Betrieb bis zur Herbeischaffung des Verzeichnisses einzustellen. Die Abgg. vr. Baumbach und Kochhaun (Landsberg) be antragten: a. Ziffer 10 in folgender Fassung anzunehmen: Druckschriften, andere Schichten und Bildwerke, welche mittelst Zusicherung von Gewinnen oder Prämien vertrieben werden, sosern diese Gewinne oder Prämien nicht in Schriften oder Bildwerken bestehen; b. den letzten Absatz zu streichen. Für den Fall der Annahme des Antrages Baumbach sub u. beantragten die Abgg. 1)r. Blum und l)r. Meyer (Jena) den letzten Absatz des tz. 56. zu fassen, wie folgt: Wer Druckschristen, andere Schriften oder Bildwerke im Umher ziehen scilbieten will, hat der für die Ertheilung des Wander gewerbescheins zuständigen Verwaltungsbehörde ein Verzeichniß der selben einzureichen. Dieses Vcrzeichniß ist ihm mit einer Bescheinigung über die geschehene Einreichung spätestens am nächste» Tage zurück zugeben. Dasselbe kann in gleicher Weise bei jeder anderen zur Ertheilung eines Wandergewerbescheines zuständigen Behörde ergänzt werden. Der Gewerbetreibende darf nur die in dem Verzeichnisse enthaltenen Schriften und Bildwerke feilhalten. Er ist verpflichtet, das Vcrzeichniß während der Ausübung des Gewerbebetriebs bei sich zu führen und aus Erfordern der zuständigen Behörden oder Beamten vorzuzeigen. Der Abg. 1)r. Frhr. von Hertling beantragte, Ziffer 10 ganz allgemein zu fassen: „Druckschriften und andere Schriften und Bild werke" (damit wird die Colportage ganz verboten), event. die Regierungsvorlage wieder herzustellen, jedoch unter Streichung der Worte: „Schriften und Bildwerken patriotischen, religiösen oder erbaulichen Inhalts", sowie des Wortes „Landesüblichen". Auch er wisse, daß sich die Bestimmungen dieses Paragraphen zum Theil gegen seine Partei wenden würden, aber er wähle von zwei Nebeln das kleinere, um der unmoralischen Colportage zu steuern Es handele sich nicht darum, die gute Literatur zu beseitigen; der große Absatz der Firmen Cotta, Brvckhaus u. s. w. habe mit dem Hausir- handel gar nichts zu thun, sondern entstamme den Subscribenten- sammlungen, über welche man ja bei den späteren Paragraphen noch sprechen werde. Die Colportage wende sich in den meisten Fällen nicht an die gebildeten, sondern an die weniger gebildeten Classen der Gesellschaft, an Dienstboten, an Bauern, an Schüler. Andererseits sei der Vertrieb der guten Literatur in letzter Zeit durch alle möglichen Erleichterungen begünstigt worden, sie bedürfe also der Colportage nicht. Die Wahrung der Sittlichkeit des deutschen Volks aber erfordere dringend das Verbot der Colportage. Ein großer Theil dieser Literatur wende sich direct an die Lüstern heit und Sinnlichkeit, an die niedrigsten Leidenschaften der Menschen; hier liege die große Aufgabe des Staates, seine An gehörigen vor der Verderbniß zu schützen. Die unsittlichen Romane und Bildwerke hätten durch das Strafgesetzbuch bisher nicht genügend getroffen werden können; im Gegentheil sei der Absatz und die Auflage dieser unsittlichen Schriften in dauerndem Steigen. Hier könne also nur ein absolutes Verbot helfen, jedenfalls kämen so hohen sittlichen Beweggründen gegenüber etwaige wirthschaftliche nicht in Betracht. Einer der letzteren sollte das Haus gerade be wegen, seinen Antrag anzunehmen, es sei der unaufhaltsame Unter gang des Sortiments-Buchhandels (Abg. Richter: Ist auch ein wahrer Segen!s. Das sei kein Segen! Der deutsche Buchhandel sei zu seiner jetzigen Größe emporgewachsen aus Grund dieser Organisation! Wenn sein Antrag aber nicht angenommen werden sollte, so empfehle er seinen Eventualantrag, der vor allem die dehnbare Bestimmung des Socialisteugesetzes bezüglich der „Unter grabung" aus dem Commissionsantrag ausmerzen wolle Der letzte Absatz des tz. 56. werde, wie er fürchte, wirkungslos bleiben, da die Ueberproduction an Schand- und Schundliteratur in Deutschland zu groß sei Er bitte, seinen Antrag anzunehmen, und dadurch gegen die Gefährdung der sittlichen Elemente des Staates einzutreten. Der Abg. I)r. Kapp schloß sich im Wesentlichen den Ausfüh rungen des Abg. Baumbach an. Die Art und Weise, wie die Re gierung an die so schwierige und verwickelte Frage der Colportage herangetreten sei, scheine ihm sehr leicht und bequem; denn statt sich allein gegen die sogenannte Schundliteratur zu wenden, lege die Regierung die Axt an den ganzen Colportagehandel und damit an den Buchhandel selbst. Bei der ängstlichen Ueberwachung aber, unter welcher in Deutschland die Presse stehe, sei es doch nie schwer geworden, 'ihrer etwaigen Auswüchse Herr zu werden, und so werde es auch Mittel zur Bändigung der gegen die Moral verstoßenden Literatur geben, welche nicht bloß auf eine Erweiterung des poli zeilichen Machtapparates hinauslaufe und den ganzen Buchhandel treffe. Es lägen auch, soviel er wisse, der Regierung durchaus keine Materialien vor, welche zur Begründung ihres Vorhabens dienen könnten. Der Volkswirthschaftsrath allerdings habe den ganzen Colportagehandel in Bausch und Bogen verurtheilt, allein dieses Urtheil bedeute doch ungefähr gerade so viel, wie ein Be schluß des Pickwickclubs. Andererseits seien von Sachverständigen begründete Eingaben an den Reichstag gelangt und auch durch die öffentliche Presse vorbereitet worden. So von dem Deutschen Börsenverein, der ca. 1500 Mitglieder zähle, und von anderen, theils größeren, theils kleineren Vereinigungen. Alle diese hätten sich dahin ausgesprochen, daß das Verbot des Colportagehandels auch zugleich ein Todesstreich für den deutschen Buchhandel sein würde. Die Bibel wolle der Abgeordnete von Hertling der Colpor tage freigeben: Es sei unnöthig, denn die Bibel werde auf dem Wege der Colportage so gut wie gar nicht verbreitet, weil sie überall besser und wohlfeiler zu haben sei. Ebenso verhalte es sich mit den Schulbüchern. Also den Colportagehandel unterdrücken heiße eins der blühendsten Gewerbe in ganz Deutschland, den Buch handel, vernichten. Nach dem letzten Adreßbuche babe man in Deutschland 5856 Buchhandlungen gezählt, wovon 1079, also fast ein Fünftel, Colportagebuchhandlungen seien, die sich durchaus nicht bloß aus die Schundliteratur beschränkten, sondern ihre Wirk samkeit auch auf die große, klassische Literatur ausdehnten. Weiter komme in Betracht, daß durch Unterdrückung der Colportage mehr als 100,000 Menschen, die in irgend einer Weise dabei beschäftigt seien, beschäftigungslos würden Auch die Schriftsteller hätten ein Interesse daran, daß die Colportage bleibe, denn wenn die Buch händler gute Geschäfte machten, so würden auch die Honorare höher. Er wundere sich, daß ein Mann, wie Abg. von Hertling, der an einer deutschen Hochschule angestellt sei, einen das ganze geistige Leben Deutschlands so untergrabenden Vorschlag machen könne. Er glaube auch, der Abg. von Hertling werde von seiner eigenen Partei nicht unterstützt werden, wenigstens sei dies nach den Abstim mungen in der Commission zu erwarten. Erbitte, den Commissions antrag mit dem Amendement Baumbach anzunehmen. Der Abg. Günther (Sachsen) erklärte sich gegen alle Amende ments und bat, p»rs den Commissionsvorschlag anzunehmen. Der Abg. Munckel bemerkte, auch diese Bestimmung sei aus Furcht vor einem Mißbrauch der Gewerbefreiheit gegeben, seine Partei habe dagegen Furcht vor der Polizeimacht. Das Verbot einer Druckschrift werde stets eine Reclame für den betreffenden Verleger sein, ebenso werde man durch das Verbot der Colportage dieselbe eher vermehren, als vermindern Die Polizei werde die Moralität nicht heben, auch wenn man jedem thörichten Menschen zwei Gensd'armen an die Seite stelle. Wie solle ein gewöhnlicher Polizeibeamter cvntroliren, ob Schiller oder Lcssing staats- oder religionsgefährlich sei t Vielleicht halte sogar Mancher hier im Hause Lessing für die Religion gefährdend, und auch seine Partei
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