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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.06.1883
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 04.06.1883
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- Deutsch
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2428 Nichtamtlicher Theil. .n 126, 4. Juni- X, hat diese Tendenz „mit anderen College» gemein", und die Kritik scheint mit ihrer sittlichen Entrüstung so gut wie nichts mehr erreichen zu können. Der Einfluß des französischen Naturalis mus, vielleicht auch der Geschmack des Publicums will es so.« Nun wird eine ganze Reihe von Romanen bezw. Novellen genannt) auch das gerade zur Besprechung stehende Buch als Beweis dafür, daß diese Darstellungen eine ungesunde Sinnlichkeit erregen. — „Hier werden uns — heißt es weiter — unausgesetzt die herrlichsten Redens arten über Vaterland und Reich aus unwürdigstem Munde und in der rüdesten Form vorgesetzt", also in der That obendrein eine Parodie auf den Ausdruck patriotischer Gefühle. Das ist ein zweifels freies guäioiuoa xariurn. Wenn Sie das Urtheil des Herrn Abg. Stöcker nicht maßgebend sein lassen wollen, so werden Sie das Urtheil der „Gegenwart" schwerlich verwerfen können. Es handelt sich um schamlose Schriftsteller und schamlose Gewerbtreibende, die diese Schristen vertreiben und colportiren lassen; wenn das aber am grünen Holze geschieht in einem Cyklus von Romanen, die die „Gegenwart" zu kritisiren sür geeignet erachtet — denn sie wird doch die allerschlechtesten nicht zur Kritik aufnehmen —, was soll dann an dem dürren Holze geschehen, von dem der Hr. Abg. Stöcker gesprochen hat? Es ist in der Commission von dem juristischen Stabe der Fortschrittspartei, um mich so auszudrücken, von den Hrn. Abgg. Meibauer und Munckel ausdrücklich anerkannt worden, mit dem Straf gesetzbuch sei nicht auszukommen, und darauf beruht eben der Antrag, der in der Commission von jener Seite (links) gestellt worden ist, die unsittlichen Schristen und alle Prämienschriften auszuschließen, ein An trag, der nicht etwa nur mit den bekannten 11 gegen 9 Stimmen an genommen ist, sondern ein Antrag, der damals von allen Seiten in der Commission inhaltlich gebilligt worden ist, nur daß die Majorität der Commission noch weiter ging. Der jetzige Antrag Ackermann bleibt hinter dem Commissionsvorschlage zurück. Ich möchte dringend bitten, wenigstens diesem Anträge zuzustimmen und namentlich das Un geheuerliche aus der Gewerbeordnung herauszulassen, daß nach den Beschlüssen zweiter Lesung Prämien gewisser Art gestattet sein sollen und Prämien einer anderen Art nicht. Meine Herren I Das ist doch eine unbegreifliche Bestimmung für eine aus dem Boden der Gewerbe freiheit stehende Gewerbeordnung. Entweder sind die Prämien an und für sich ohne Weiteres wegen ihres Zweckes nicht in der Ordnung und zu verweisen, dann verwerfe man sie alle, oder sie sind nicht verwerf lich, dann möge man alle zulassen. Eine Unterscheidung zu treffen und ein Monopol für die Prämienfabrikanten gewisser Art zu statuiren, ein ausschließliches Recht, ein Bannrecht dieser Art für Prämien, die dem Buchhandel angehören, das wäre ein Unicum in der Gewerbe ordnung, ein Anachronismus, sür den es keine Parallele in dem Reichsgewerberecht mehr gibt. Unter allen Umständen müßten Sie wenigstens die Beschränkung wegen der Prämien vom Standpunkte der Gewerbeordnung aus ablehnen. Ich bitte nochmals, dem Anträge Ackermann beizustimmen. Der Abg. Richter (Hägens erklärte, in und nach dem großen Kriege mit Frankreich habe man von hoher Stelle aus officiell und officiös nicht genug den Charakter, die Sittlichkeit und Tugend des deutschen Volkes zu erheben gewußt, Eigenschaften, denen man vor zugsweise jene Erfolge zu verdanken habe. Jetzt sei es gerade in jenen Kreisen Mode geworden, das deutsche Volk herabzusetzen. Wenn man im Auslande solche Reden lese, wie die Stöcker'sche, so müsse man denken, die deutsche Nation gehe zurück und verkomme. Das sei indeß nicht der Fall. Nur um kleinliche Zwecke zu er füllen, neue Polizeigesetze zu machen, schände die Rechte in dieser Weise das ganze Volk und stelle dessen Eigenschaften bloß. Weil das Volk nichts von den Conservativen wissen wolle, sich abwende von ihnen, alle Mittel der Regierungsgewalt immer weniger ver fangen wollten, so setze die Rechte das Volk herab vor dem Auslande. Sei etwa auf der linken Seite nur das materielle Interesse ausschlag gebend für die Abstimmung der Linken in dieser Frage? Die Linke erwäge die Vortheile und Nachtheile nach der einen und nach der andern Seite und glaube, daß solche Bestimmungen mehr schadeten als nützten, auch in sittlicher Beziehung. Der Abg Stöcker wolle nichts als die Einführung der Censur. Dann müßte man die Censur auch über alle Leihbibliotheken und Zeitungen verhängen, auch über die Kreisblätter, aus denen er dem Hause eine ganze Blumen lese bedenklicher Stellen unter dem Strich mittheilen könnte. (Widerspruch rechts.) Nun, wenn die Rechte die nicht wolle, dann ziehe er die Bibel selbst an. Wenn man die Geschichte von der keuschen Susanne, von dem Uriasbrief, von David und Batseba u. s. w. darauf hin prüfe, müßte man zu demselben verderblichen Urtheil kommen, wie der Abg. Stöcker über den Colportagebuch- handel. Wenn man das nicht verbieten wolle, dann sei man auch nachsichtig gegen den Colportagebuchhandel. Die Abneigung der Rechten gegen Colportageschriften, wie die „Gartenlaube", kenn zeichne die ganze Richtung der Rechten. Die Rechte wolle nicht, daß daß Volk klüger werde. Verfahre man doch gründlich, wie es der Abg. Windthorst gestern bezüglich der Tanzlustbarkeiten ge- than habe, und gestatte man nur das zu drucken, was die Geist lichen erlaubt hätten. Es wundere ihn, daß in dieser Weise ver sucht werde, den Beschluß zweiter Lesung zu ändern, der mit einer erheblichen Mehrheit gefaßt worden sei. Was Sittlichkeit sei, lasse sich feststellen, aber nicht, was ein Aergerniß sei. Könne nicht mit diesem Begriff vom religiösen Standpunkt aus der größte Miß brauch getrieben werden? Wären diese Bestimmungen M Zeit der Reformation in Kraft getreten, so wäre dieselbe gar nicht mög lich gewesen, da ihre Verbreitung sich gerade auf den Colportage buchhandel gestützt habe. Der jüdischen Religionspartei sei nie mals ein größeres religiöses Aergerniß gegeben worden, als jetzt durch die Reden des Abg. Stöcker. Es treffe auf diese vieles zu, was derselbe heute an Kraftausdrücken gebraucht habe. Das Centrum möge sich in dieser Beziehung in Acht nehmen. In konfessionell gemischten Bevölkerungen sei es unmöglich, daß eine Partei Schriften verbreite, ohne der andern ein Aergerniß zu geben. Wenn das Centrum so zufrieden mit der Polizei sei, wisse es nicht, daß die Mehrzahl der Beamten Protestanten seien. Wenn das Centrum hier das discretionäre Ermessen der Polizei vermehre, so werde es niemals mehr ein Recht haben, sich über das discretionäre Ermessen in der Gesetzgebung zu beschweren. / Der Abg. Günther (Sachsen) ging auf die Verhandlungen der Commission zurück: die Majorität derselben habe die Col- portage nicht aufgeben wollen, aber die Auswüchse derselben soll ten und müßten abgeschnitten werden. Es solle dem Volke die Quelle der Bildung nicht verstopft werden; keineswegs, aber es solle das Unheil nicht fortdauern, welches von den unsittlichen Schriften Tag sür Tag angerichtet werde. Darum habe die Com mission beantragt, daß solche Schriften, welche in sittlicher und religiöser Beziehung Aergerniß zu geben geeignet seien, verboten werden sollten. Es sei unbegreiflich, daß die Liberalen nicht einmal diese Concession machen wollten, da sie doch auch die Schädlichkeit dieses Literaturzweiges anerkannt hätten. Die Stellungnahme der Liberalen könne nur daraus erklärt werden, daß sie das demo kratische Prinzip höher stellten als das praktische Bedürfniß. Die Redensart von der Absicht, das Volk in der Dummheit zu erhalten, sei doch schon zu abgedroschen, als daß man darauf ernsthaft ein zugehen brauche. Die Colportage könne ein wirksames Culturmittel sein, die verwilderte Colportage aber müsse unterdrückt werden. Deshalb werde er für den Antrag Ackermann stimmen. Der Abg. I)r. Blum erklärte, er könne diesen Mitteln gegen die schlechte Colportage, deren Existenz er ja anerkenne, nicht zu stimmen. Man habe im Strafgesetz und im Preßgesetz Mittel genug, um gegen unzüchtige Schriften einzuschreiten. Der Ausdruck „Aergerniß erregend" sei ein viel zu dehnbarer und werde von den verschiedenen Beamten ganz verschieden ausgelegt werden, nament lich wenn man auch den Maßstab an den religiösen Inhalt der Bücher legen würde. Der Abg. vr. Windthorst gab zu, daß durch den Antrag Acker mann die Polizeimacht in bedenklicher Weise verstärkt werde; aber das Uebel, welches beseitigt werden solle, sei so groß, daß er, um > es zu beseitigen, das kleinere Uebel der stärkeren Polizeimacht
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