Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.09.1886
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 11.09.1886
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18860911
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-188609119
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18860911
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1886
- Monat1886-09
- Tag1886-09-11
- Monat1886-09
- Jahr1886
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Sprechsaal. Sprechsaal. Eine Schmähschrift gegen Deutschland. II. ;Vergl, Nr. 181.) Wir erhielten folgendes Schreiben: Paris, 2. September 1886. Löbl. Redaktion! Von einer längeren Reife znrückgekehrt, erhalte ich erst jetzt Kenntnis von Ihren Zeilen, die Sic am 7. August im Sprechsaal des Börsen blattes veröffentlichen, und die das von mir herausgcgebcne Buch »8t,-6srs, 1,'^.lleruaAns teils Melis sst« zum Gegenstand ihrer Be sprechung nehme». Die mir dort gemachten Vorwürfe mnß ich ganz energisch znrückweijen nnd vor allem mich dagegen verwahren, als ob ich das Buch »I-'^ilslnuAns etc.« in Unkenntnis über seinen Inhalt veröffentlicht habe. Wenn ich in voller Unparteilichkeit Autoren, die Deutschland jede Anerkennung zollen, wie Comte d'Hsrissou*), Eduard Simon**) die Stimme gebe, so ist es nur ein Akt der Billig keit, wenn ich auch eine andere Auffassung, die nicht nur lobt, sondern auch tadelt, Masse, Das Buch von St.-Csre soll durchaus keine Schmähschrift gegen Deutschland sein, ist aber vom französischen Standpunkt geschrieben, von dem selbstverständlich die Dinge und Personen anders gesehen und beurteilt werden als vom deutschen. Wie oberflächlich, salsch und für Franzosen beleidigend wird oft in deutschen Büchern genrtheilt! Ich erinnere nur au »Menncll, Pariser Luft« und »ttoininsl, paz-8 äs 1a, rsvauvds«. Letzteres wurde unbe anstandet in der »LiblioAi-axüis äs 1a §ranes« angezeigt. Allen deutschen Firmen, mit denen ich das Vergnügen habe in Verbindung zu stehen, ist es bekannt, daß ich mit der größten Conlanz und der größten Bereitwilligkeit den Wünschen und Interessen des deutschen Buchhandels ent- gcgenkomme, und wenn ich das Organ desselben zur Ankündigung eines derartigen Buches, wie es »^IlemaAus teils gu'slls sst« ist, benütze, so liegt hierin durchaus keine Geringschätzung, sondern nur die Annahme, daß der deutsche Buchhandel, der sich so hervorragend für die Schriften eines Tissot und Vasili verwandte, mit Interesse von einem neuen französischen Werk über Deutschland Kenntnis nehmen würde. Wenn Sie wüßten, wie allgemein und mit welchem Raffinement oft die deutschen Buchhändler sich in den Besitz der Deutschland feindlichen und dort verbotenen Schriften dieser Autoren zu setzen verstanden haben, so würde Ihre Entrüstung sich nach einer anderen Seite wenden, und mir nicht vorwerfen, daß ich eine derartige Schrist welche, im Gegensatz zu denen von Vasili und Tissot in Deutschland nicht ver boten wurde, dem deutschen Buchhandel an- geboten habe. Ich verwahre mich ausdrücklich gegen Takt losigkeit und unbedachtes Handeln, Wenn hier Borwürfe gemacht werden, so können dieselben nur gegen eine geehrte Redaktion gerichtet werden. Wenn nach deren Auffassung — die ich aber nicht teile --- die Ankündigung meines Buches im Börsenblatt nicht seinen Platz hatte, so ist es unbegreiflich, wie diese Meinung erst ihren entrüsteten Aus druck am 7, August findet, Wochen nachdem die *) llournai ä'nn oklisisr ä'oräommnos. **) I/srnxsrsur Oniliauras st son rs^ns. Großsortimcnte sowohl wie ich selber das Werk angezcigt hatten, nachdem sich der deutsche Buch handel umfassend mit dem Vertriebe desselben beschäftigte und Besprechungen in vielen deutschen Zeitungen erschienen waren. Mir will cs scheinen, als ob der von Ihnen gewählte öffentliche Weg mindestens überflüssig war und ich hätte bei einer rechtzeitigen pri vaten Anfrage Ihrerseits, die Sie bei unseren bisherigen angenehmen Beziehungen wohl vor her hätten an mich richten können, mich beeilt, Ihnen nach Krästen entgegenzukommen und eine Differenz in den Anschauungen freund schaftlich auszugleichcn; Sie aber hätten es dann vermieden, gegen mich öffentlich so schwere und unbegründete Vorwürfe zu erheben. Was die Anklagen betrifft, die von anderer Seite gegen den Autor erhoben wurden, so inuß ich es demselben überlassen, sich selbst dagegen zu verteidigen, ich habe bis jetzt keine Veran lassung gehabt, seine Mitteilungen in Zweifel zu ziehen. Was mich endlich und meinen deutsch klingenden Namen betrifft, so erkläre ich, daß ich der französischen Nationalität angehöre, in Frankreich geboren und ausgewachsen bm. Wollen Sie, geehrte Redaktion, vorstehende Zeile» im Börsenblatt an geeigneter Stelle zur allgemeinen Kenntnis bringen und den Ausdruck meiner Hochachtung genehmigen, Paul Ollendorff. Der vorstehenden Erklärung, die mir die Redaktion d. Bl, vor dem Abdrucke zusandte, habe ich nichts hinzuzufügen, als den Dank für die vielen schriftlichen und gedruckten Bei- fallsäußerungeu, die mir zngegangen sind. Es hieße dem liltcrarischen Kehricht, den schmutziger Eigennutz auf den Büchermarkt geworfen, zu viel Ehre anthun, wenn man sich des weiteren mit ihm befassen wollte, Leipzig, 6, September 1886. E, A, Seemann, Es sei uns gestattet, gegenüber den Ein- wändeu und Anschuldigungen des Herrn Ollen dorff eine kurze Geduld des Lesers in Anspruch zu nehmen. Zuvörderst scheint uns die besondere Wärme einige Beachtung zu verdienen, mit welcher der Herr Verleger sich zum Inhalte seines Vcrlags- artikels bekennt, und welche kaum geeignet sein dürfte, sein Vorgehen in günstigerem Lichte er scheinen zu lassen. Sodann möchten wir uns erlauben, auf drei Punkte näher einzugehen, welche Herr Paul Ollendorff in seinem Schreiben berührt, 1) Das Buch von St.-Csre soll »keine Schmähschrift gegen Deutschland« sein! Zur vollauf genügenden Kennzeichnung mögen hier folgende dem Sinne nach kurz zusammengefaßte, zum Teil wörtlich wieder gegebene Stellen dienen: »Ein Familienleben existiert in Deutschland absolut nicht, weil der Mann alle Abende — ohne Ausnahme — in der Kneipe verbringt — während die Frau mit den Kindern allein zu Hause bleibt. Und wenn die deutsche Frau ge wisser gesellschaftlicher Kreise relativ tugendhast bleibt, — so geschieht es, weil eben alle Männer, Junggesellen, Witwer, wie Ehegatten ihre ganze freie Zeit im Cafs- oder Gasthause zubringen. Diese Leute geben eben einem guten Glase Bier den Vorzug vor einem schönen Weibe. — »Der Deutsche liebt weder Weib Noch Kind, noch Eltern! Ja, was liebt er denn? Der Deutsche liebt sein Bier, seine Pfeife und sein Geld! II...« »Die Hauptrolle spielt in Deutschland nicht die Frau, sondern das Mädchen, Die Jungfrau ist die Heldin aller Romane — aller Bühnen stücke, Einmal verheiratet zählt sie nicht mehr mit. Die deutsche Jungsrau hat die schönsten Haare, sie trägt gestickte Schürzen; sie hat un geheure Füße und trägt me ein Mieder, was gerade nicht sagen will, daß sie eines Mieders nicht bedarf; sie hat große rote Hände, weil sie kocht, sie trägt excentrische Hüte; tanzt zwar wunderbar, kann dafür aber nicht gehen; sie spielt Klavier, ist aber nicht musikalisch; sie schwärmt für Offiziere, haßt Frankreich, hat aber ein ttttdis für einzelne Franzosen, sie lern: Gedichte auswendig, ihr Herz ist aber für Poesie hermetisch verschlossen, »O! wie schön ist dieser junge Mann«, sagt ihr Mund; »ich muß erfahren, ob er reich ist«, spricht gleich zeitig ihr Herz, Das deutsche Mädchen ist entsetzlich gelehrt, sie prahlt mit den Natur wissenschaften und liest Kants »Kritik der reinen Vernunft« (I), während sie die Mandeln für den Abendkuchcn schält; sie ist äußerlich naiv und innerlich überaus praktisch, sie träumt von der Heirat mit einem Tenor und trägt schließlich selbstgemachte Kleider, nachdem sie mit einem Kaufmann getraut wurde. Sie ist in der Mathematik sehr bewandert und weiß ihrem präsumptiveu Gatten genug von ihren Reizen zu zeigen, damit der Vater keine be deutende Mitgift herzugeben braucht. Sie säuft Bier wie ein Soldat und zieht eine Crsmetorte einem Stück Filet vor. Das Fleisch — o'sst trop solicls (zu kompakt, zu schwer) sagt sie zwar, wenn sie sich aber un beachtet glaubt, ist sie im stände eine große Wurst allein zu verzehren. Wenn sic nicht jung heiratet, wird sie dick und scheußlich, oder sie vertrocknet und wird entsetzlich. Hübsch ist sie nur in der zartesten Jugend — wenn sie überhaupt hübsch ist, was übrigens ziem lich selten ist. Sie ist in moralischer Hin sicht ein Gemisch von Naivetät und Spitzfin digkeit, Poesie und Prosa, Niemand, selbst von ihren Landsleuten, glaubt an ihre Naive tät, Sie spielt das Gleichen, aber als prak tische Evatochter, die sie ist, läßt sie durch den benachbarten Juwelier den Schmuck schätzen,« — 2) Herr Ollendors erhebt den Vorwurf gegen den deutschen Buchhandel, daß dieser sich in besonders hohem Grade den Absatz der Tissot'schen und Vasili'schen Machwerke habe angelegen sein lassen. Der deutsche Buchhandel hat, ohne sich besonders für die genannten Machwerke zu erwärmen, einfach gestrebt, der Nachfrage seiner Kundschaft zu dienen. Daß diese allerdings recht bedeutend war, hierfür dürste vielleicht folgende Bemerkung Bern- hard Freys die richtige Erklärung geben, sEs sei hier eingeschaltet, daß Bernhard Frey, der geachtete Kenner fran zösischer Verhältnisse, in einem süddeut schen Blatte eine vernichtende Kritik des St.-Csre'schen Buches bringt, zum Teil an geregt durch persönlichen Verdruß über den ihm bekannten Verfasser, welcher, ein Deut scher, in seinem Heimatlande sich mehrfach
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder