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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.08.1885
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- 1885-08-10
- Erscheinungsdatum
- 10.08.1885
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3690 Nichtamtlicher Teil. 183, 10. August. Nichtamtlicher Teil. Ist dir Diaphanir (Diaphanographic) als ein Werk der plastischen Kunst anzusehen, im Sinne des ß 6 alin. 2 des Gesetzes, betreffend das Urheberrecht an den Werken der bildenden Künste vom 9. Januar 1870? Ein exegetischer Versuch von Eduard Quaas in Berlin. Seit Jahren werden in Porzellan oder anderen trans parenten Stoffen Bilder derartig ausgeprägt, daß die Platten, gegen das Licht gehalten, das Gemälde in einer für das Auge wohlthuenden Abstufung von Licht und Schatten wiedergeben. Man nennt solche Bilder »Diaphanieen oder Diaphano- graphiccn« und verwendet sie zur Verzierung von Fenstern, als Schutzglocken für Lampen und für andere ornamentale Zwecke. Um ihren Produktionen den Reiz des Neuen zu ver leihen, begnügt sich die Industrie nicht mit denjenigen Kunst vorwürfen, welche als Gemeingut für allseitige Benutzung frei- gegeben sind, sondern greift auch zu Stoffen, für welche der Schutz des Gesetzes vom 9. Januar 1876 gegen unbefugte Nachbildung fortdauernd besteht. Daß hierdurch Verleger von Kupferstichen und Photographieen sich geschädigt erachten, wird nicht befremden; denn ihr Interesse beruht ja wesentlich darin, den Kunstgegenstand, für welchen sie unter Umständen Tausende opfern, nur in den von ihnen selbst reproduzierten Exemplaren auf dem Kunstmarkte zu sehen und vor Profanierung möglichst zu schützen. Der Kupferstich eines modernen Sujets z. B., in der Er wartung hergestellt, daß er als Zimmerverzierung benützt und gekauft werde, verliert den Reiz des Neuen und seine Geltung für das große Publikum in nicht geringem Maße, wenn das Sujet z. B. auch auf Lampenschirmen zu schon ist. Hiervon Ivcevcn nur einige wenige, besonders beliebte Bilder der klas sischen Kunstperiode eine Ausnahme machen. Infolge mehrfacher derartiger Beeinträchtigungen wurde in neuester Zeit seitens einiger Kunstverleger gegen einen Fabri kanten von Diaphanieen bei der königl. Staatsanwaltschaft und hiernächst bei einem königl. Amtsgerichte wegen Nachdruck vergehens der Strafantrag gestellt, wie im Civilwege ein Ent schädigungsanspruch erhoben. Dem Vernehmen nach sind diese Kunstverleger in erster Instanz abgewiesen worden, angeblich weil die Diaphanie »als Nachbildung eines Werkes der zeich nenden durch die plastische Kunst« nach alin. 2 ß 6 des obigen Gesetzes als verboten nicht anzusehen sei. Wie vorausgesetzt werden kann, hat das betr. Gericht über den Charakter des Kunstwerkes ein Gutachten Sach verständiger eingeholt und darauf seine Entscheidung begründet. Gegen den sachlichen Inhalt eines derartigen Gutachtens müssen wir schwere Bedenken erheben. Wir hoffen in Folgendem nachzuweisen, daß die Porzellan platte der Diaphanographic eine plastische Umbildung im Sinne des alin. 2 ß 6 des Gesetzes vom 9. Januar 1876 nicht ge nannt werden könne. Um der Anschauung des Gesetzgebers, wie wir sie uns denken und einzig für möglich halten, näher zu treten, scheint es uns notwendig, den geehrten Leser in eine Vorbetrachtung über den allgemeinen Charakter obigen Gesetzes einzuführen. Bezüglich aller mit Kunst und jeglicher Formbildung zu sammenhängenden Gegenstände mußte nämlich in drei Rich tungen ein Rechtsschutz geschaffen werden. Man schuldete ihn zunächst der rein künstlerischen, ferner der kunsttechnischen, schließlich jeder anderweitigen Erfindung und geistigen Arbeit. Der elfteren, reinkünstlerischen Richtung ist durch obiges Gesetz vom 9. Januar 1876, den letzteren beiden Richtungen durch die Gesetze vom 10. Januar 1876 (betr. Photographieen als Naturaufnahmen) und 11. Januar 1876 (betr. Muster und Modelle) Rechnung getragen; — jeder Richtung also ist eine besondere Behandlung zu teil ge worden. Nun liegt der ausschließende Charakter unseres obigen ersten Gesetzes vom 9. Januar 1876 gerade darin, daß in An sehung der dabei in Frage kommenden Gegenstände alles an Kunsttechnik auch nur Anstreifende von der Behand lung weggelassen ist; es finden hier nur die bildenden Künste als Äußerungen des frei und ursprünglich schaffenden Geistes in ihrem Verhältnis zu einander Be rücksichtigung, ebenso wie die aus denselben sich erzeugenden Rechte und Pflichten. Hieraus folgt nun für das besondere Verhältnis des alin. 2 tz 6, in welchem ein zweiter Künstler mit seiner Thätigkcit sich an die gesetzlich geschützte Kunstidee des ersten anlehnt, ja dieselbe vollständig ausnützt, die unerläßliche Forderung, s.) daß diese zweite Thätigkeit als eine neu hinzutretende, ebenfalls rein künstlerische, nach gewiesen werde, — ferner, d) daß die neue Kunstschöpfung in ihrem Endziel und in ihrer letzten Gestalt einem anderen, von dem ersten verschiedenen Kunstgebiete auch wirk lich angehöre. Gehen wir in diesem Sinne und mit dieser notwen digen Strenge an die Interpretation der fraglichen Gesetzes stelle, wörtlich dahin lautend: tz 6 »Als verbotene Nachbildung ist nicht anzusehen: alin. 2 Die Nachbildung eines Werkes der zeichnen den oder malenden Kunst durch die plastische Kunst, oder umgekehrt«; so ist sie doch nur dahin zu vollziehen, daß z. B. in unserem Falle: der plastische Künstler allem im Gemälde, Stiche oder in der Zeichnung nur körperlich Angedeuteten auch wirklich Körper verleihe, dergestalt, daß es im Material als solchem zur vollen Ausbildung und somit für unser Auge fertig und direkt zur Erscheinung trete.*) Diese und keine andere geistige Thätigkeit wird der Gesetz geber als die künstlerische Zuthat, als diejenige neue Schöpfung im Auge gehabt haben, welche die Benutzung der für alle anderen Fälle vor Nachbildung geschützten Zeichnung rc. re. entschuldige. Wie nun verhält sich zu solchen, aus dem Geiste des Gesetzes hervortrctenden Anforderungen das plastische Pseudo- Kunstwerk der diaphanischen Porzellanplatte? Es tritt uns bei derselben ein mit leichten, breiten Ver tiefungen, Krinnen und runzeligen Verstärkungen behaftetes Ge bilde entgegen, welches in der Form, wie es vor unserem Auge liegt, demselben gar keinen Begriff von dem Kunstwerke selbst gewährt, das es vertreten soll. *) Die tiefgeschnittene »Gemme« des Altertums repräsentiert diese echt künstlerische Thätigkeit in umgekehrter Weise; ihr Endzweck aber ist derplastische Abdruck in durchgeführtester Formenschöne und-Schärfe, somit ein körperlich bildnerischer.
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