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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.02.1916
- Strukturtyp
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- 1916-02-19
- Erscheinungsdatum
- 19.02.1916
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- Deutsch
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Redaktioneller Tel!. 41, 19, Februar 1916, Professor Bartels über die Aufgabe des Buchhändlers als eines Kulturverbreiters bis auf den geringschätzenden Zusatz zu, nur daß wir diese Tätigkeit für so produktiv halten, wie es die eines geistig Schaffenden nur sein kann. Ja sie ist vielleicht, und auch hier ist es nicht der Hochmut, der aus uns spricht, volkswirt schaftlich wichtiger, als die Tätigkeit manches Schriftstellers, Mit Fug und Recht hat die Wissenschaft die Wcrttausch- thcorie, die dem geistigen Arbeiter, also dem Schriftsteller, Be amten, Gelehrten usw, alle Produktivität aberkannte, um sie den jenigen zuzuweisen, die Werte in den Handel bringen, zum alten Eisen geworfen, aber sie ist nicht in das Extrem ver- fallen, nun dem Verleger abzusprechen, was sie dem Autor jetzt zugesteht, nämlich das Recht, seine Arbeit als eine pro duktive zu bezeichnen, wie dies jede Arbeit ist, durch die Werte geschaffen oder vermehrt werden. Was aber wäre die Arbeit des Schriftstellers, die doch auf Wirkung in der Öffentlichkeit gerichtet ist, ohne die Tätigkeit des Buchhändlers? Gewiß wür den sich, wenn der Buchhandel versagte, andere finden, von denen diese Arbeit dann übernommen würde; daß das aber in gleich zweckmäßiger und rationeller Weise geschehen würde, wie jetzt durch eine Organisation, die sich, wie der deutsche Buchhandel, auf einer jahrhundertelangen Entwicklung aufbaut, darf Wohl füglich bezweifelt werden, und eine Erörterung darüber ist praktisch auch deswegen wertlos, als es ja hier nicht auf die Bezeichnung dessen ankommt, der diese Tätigkeit ausübt, sondern auf die Tätigkeit und ihren Wert überhaupt. Auch wenn sie sich nur aus die Verbreitung beschränkt, da ja der Verleger die Bücher nicht selbst herstellt, ist sie produktiv, weil Werte erzeugend. Wollte man sie dem Ver leger oder Sortimenter absprechen, so müßte man auch den Landmann als unproduktiv bezeichnen, da doch auch er die Früchte nicht wachsen läßt, die Feld und Garten liefern. Es wird aber dem Landmann nicht einfallen, den Handel, der ihm seine Waren abnimmt, als unproduktiv zu bezeichnen, weil er an dem Zustandekommen seiner Waren keinen Anteil hat. Denn er würde Wohl bald die Erfahrung machen, daß seine ganze Produktivität zum weitaus größten Teile überflüssig wäre, wenn seine Erzeugnisse nicht von dem Handel ausge nommen und vertrieben würden. Hat man doch in Ländern mit mangelhaften Verkehrseinrichtungen und einem weniger gut organisierten Handel häufig beobachten können, daß viele Tausende Zentner Getreide oder Feldfrllchte verdarben, weil es an Verkehrswegen oder sonst an der Mög lichkeit fehlte, sie dem Handel zuzuführen. So würde auch dem Autor seine ganze Produktivität nichts nützen, wenn nicht der Verleger sich seines Werkes annehmen und für seine Ver breitung Sorge tragen würde. Das ist keine Überhebung, son dern die rein sachliche Darstellung der ihm von der Volkswirt schaft zugewiesencn Ausgabe, die durchaus nicht so einfach ist, wie sich das viele Schriftsteller denken. Denn es gehört dazu eine ge naue Kenntnis des literarischen Marktes in seiner wechselnden Gestalt, die Fähigkeit, vorhandene Bedürfnisse zu befriedigen und neue zu Wecken, sowie den Vertriebsapparat in geeigneter Weise in seinen Dienst zu stellen und alle für die Verbreitung in Betracht kommenden Kräfte zu organisieren. Diese Tätig keit muß schon deswegen als produktiv bezeichnet werden, weil das Buch erst dann einen Handelswert hat, wenn Käufer dafür gewonnen sind. Auch Lessing, der im Unmute den Buchhändler als einen Mann bezeichnete, der nichts anderes gelernt habe als Bindfaden knüpfen bei einem Manne, der auch nichts weiter könne, hat in feiner wenig erfolgreichen berlcge- rischen Tätigkeit einsehen müssen, daß es damit doch nicht ge- tan ist. In der Regel begnügt sich aber der Verleger nicht damit, einfach die ihm von den Schriftstellern angetragenen Werke herzustellen und zu verbreiten, sondern es liegt ihm, als dem Verwalter des geistigen Kapitals einer Nation, auch die Pflicht ob, Anregung zu gebe», um vorhandene Bedürfnisse zu befriedigen oder unter Umständen durch Zurückweisung von Angeboten den literarischen Markt zu regulieren und einer Überproduktion vor- zubeugcn. Auch wenn man Bartels insoweit recht geben kann, daß vielfach vor dem Kriege sich eine gewisse verlegerische Be- l86 triebsamkeit bemerkbar machte, die in der Ausgrabung älterer Werke, der Herausgabe von Sammelwerken, Lehrbüchern, Zeit- schicksten, Übersetzungen usw, zutage trat, so wird man doch nicht so weit gehen dürfen, die schöpferische Tätigkeit des Ver lagsbuchhandels herabzusetzen, weil einzelne in Verkennung ihrer Aufgabe Verleger und Schriftsteller zugleich sein wollen oder gar eine Monopolisierung des Literaturmarktes erstreben. Man wird es auch weiter nicht immer als einen Vorteil ari schen können, wenn die treibende Kraft statt vom Autor vom Verleger ausgeht, aber wer wollte leugnen, daß wir der Ini tiative und dem Unternehmungsgeist großer Verleger Werke verdanken, die schwerlich von einem Schriftsteller hätten unter nommen werden können, schon weil es diesem meist an der er forderlichen Kenntnis der geschäftlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Durchführung fehlt. Und so wünschenswert auf literarischem Gebiete der Grundsatz der Arbeitsteilung auch ist, so verdanken doch dem ge schäftlichen Blick der Verleger und ihrer Initiative Hunderte von Schriftstellern nicht nur Beschäftigung, sondern auch materi ellen Gewinn, In dieser Beziehung ist der Ausspruch von Pro fessor Ziegler (bgl. Bbl, Nr, 20) charakteristisch, daß er es gerade da nie zu bereuen gehabt habe, Verlegern gefolgt zu sein, wo sie durch Anregung zur Abfassung bestimmter Schriften in seine schriftstellerische Entwicklung eingegrisfen hätten. Aus diesem Grunde verstehen wir auch das Lamento vieler Schriftsteller nicht, daß sie durch verlegertsche Arbeiten zu Frondiensten ge zwungen würden, da gewiß manches Werk nie erschienen wäre, wenn der Verleger nicht mahnend und drängend dahinter ge standen hätte, »Mögen Sie«, sagt Bartels an einer anderen Stelle seines Aufsatzes, an die Verleger gewendet, »Ihre Arbeit noch so hoch einfchätzen, und es ist zuzugeben, daß sie oft verdienstlich ist, mit dem Schaffen des Schriftstellers ist sie doch nicht zu ver gleichen, der setzt mehr, setzt sich selbst ein, Kopf, Herz und Nerven, sein ganzes Leben, Gegenwart und Zukunft, selbstverständ lich, wenn er den Namen eines wirklichen Schriftstellers oder Dichters verdient«. So verschieden nun auch die Arbeit des Schriftstellers von der des Verlegers sein mag, und es wird dem Verleger nicht einfallen, seine Arbeit ander des Schriftstellers zu messen, da es sich hier gar nicht um meßbare Größen handelt, so liegen diese Unterschiede doch nicht in der Einsetzung der ganzen Person für die dem einzelnen zugewiesene Aufgabe, sondern in der Verschiedenheit der beiderseitigen Aufgaben, Es gibt und hat zahlreiche Verleger gegeben, die nicht nur Kopf, Herz und Nerven, ihr ganzes Leben, Gegenwart und Zu kunft eingesetzt haben, sondern auch ihr materielles Vermögen, Rur haben sie weniger Aufhebens davon gemacht, sondern sind meist sang- und klanglos von der Bildfläche verschwunden, wenn ihnen der Erfolg versagt blieb und sie am Ende ihrer Kraft waren. Für viele Schriftsteller aber ist es leider immer ein sehr bequemes Mittel, sich als den Idealisten äs pur sanA hinzustellen und dem Verleger die Rolle des beutegierigen Profitmachers zuzuweisen, der Wein aus den Schädeln seiner Autoren trinkt und um Geld nur dann verlegen ist, wenn es sich um einen neuen Vorschuß handelt. Dieses Gerede von den rein händlerischen Fähigkeiten des Verlegers hört in der Regel nicht eher auf, als bis der Schriftsteller selbst einmal am eigenen Leibe die Erfahrung macht, was es mit den Gewinnen im Buchhandel für eine Bewandtnis hat. Erfreulicherweise greift eine einsichtigere Wertung über den Anteil des deutschen Buchhandels an der Literatur der Gegen wart auch in Schriftstellerkreisen um sich. Wer aufmerksam die Beiträge, die wir anläßlich der Geburtstage bedeutender Schriftsteller im Börsenblatt veröffentlichen, verfolgt hat (vgl, noch zuletzt Nr, 39), wird den Eindruck haben, daß in der An erkennung der Anteilnahme der deutschen Verleger an dem Schaffen der Autoren nicht nur ein Akt konventioneller Höflich keit liegt, mit der man an Jubiläumstagen freigebiger als sonst umzugehen Pflegt, sondern die Erkenntnis, daß dem Einfluß verlegerischer Tätigkeit manche Anregung und nutzbringende För derung zu danken ist. Auch haben bereits einige Literarhisto riker, namentlich diejenigen, die aus dem Bestreben, die Litera-
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