4982 Börsenblatt f. d. Dttchn. DuckMndel. Fertige Bücher. 128. 4. Juni 1914. DingelstedtundGuHkow Zum hundertsten Geburtstag Dingelstedts am 30. Zuni teilt Rudolf Göhler im Juniheft 1914 der «Deutschen Rundschau" sehr inter- effants Briefe Gutzkows mit. die auf die Freund schaft beider Männer Helles Licht werfen. Wie freimütig beide miteinander verkehrten, beweist unter vielem andern auch rin Brief Gutzkows über die Aufführung von Dingelstedts Trauerspiel „Das Laus des Barneveldt" am Dresdener Laschester. Da schreibt er am 3. Oktober an den Freund: „Dein Stück zu sehen würde Dir lehrreich ge wesen sein. Der erste Akt verspricht soviel! Aber später gesteh' ich Dir. daß es auch nach keiner ein zigen Seite hin Eindruck macht. Diese Brüder! Der eine ein toller Schreier, der andre ein unbe deutender Mensch, der nicht das Mindeste verbringt, was irgend gegen Moritz Berechtigung gewesen wäre. Dazu dieser Claims mit den alten abge droschenen Demagogenkünsten ä Is Bansen, die plumps Ermordungsgeschichte und Reue der beiden Mörder, ihre Erzählung, dis keinen Menschen inter essiert. der Dolch, den der Malaye. obgleich von 12 Mann eskortiert, noch vor Sr. Lohest im Gürtel tragen darf! Ach. lieber Freund, dann dis blinde Mutter, die wie aus den Wolken schneit, unver mittelt. unerwartet, rein das Linderniß einer freien Passage; dann die Volksscenen, das Schießen, das bischen Fechten, genug, ich kann Dir nicht sagen, wie wenig Dich, wenn Du's gesehen hättest, das selbst befriedigt hätte. Vergieb mir also meinen Bericht! Er wird mir hier schon als Beweis von Kameraderie ausgelegt werden. Ich habe mich nach der Stimmung im Publi kum erkundigt und fand sie nicht gut. Die Damen sind durch die Art. wie Walburg den Reimer zum Tode „schmückt", in den letzten Stunden bei ihm ist usw. zu tief verletzt und so wars such in Etters burg, wsßhalb ich da über Kleinigkeiten zu hadern anfieng. Genug nun! Die neue Carriers ist begonnen Bring bald etwas Neues von den Stoffen, über die Du hier sprachst. Löre dann den Rath eines einzigen Schauspielers lieber, als wenn sie in pleno beisammen sind. Anker vier Augen sind diese Lerrschaften lehrreicher. Mit bestem Gruße Dein Gutzkow " Mit der Veröffentlichung bedeutsamer neuer Kunde über die Genesis der Emser Depesche beginnt der bekannte Listoriker an der Lallenser Universität Richard Fester. Aus einer genauen Feststellung, wann die einzelnen Berichte, Noten und Depeschen in den verschiedenen Lauptstädten eingetroffen sind, ergeben sich wichtige, bisher nicht genügend beachtete Gesichtspunkte der Beurteilung. Vom Messiasglauben in der Geschichte der Völker handelt Hugo Gretzmann, während Mela Escherich eine Studie über den altdeutschen Meister Hans Waldung Grien veröffentlicht. Helene Raff beendet ihre historische Novelle „Das Recht von Montafon", und Marie von Dunsen setzt den Bericht über ihre Wanderung auf der altjapanischen Heerstraße fort. Ein Referat über Fürst Bismarcks Eisenbahnpolitik und Besprechungen literarischer Neuerscheinungen schließen das interessante Lest ab. Vollheft-Ausgabe Preis des einzelnen Heftes M. 2.50 ord. Halbhest-Ausgabs Preis des einzelnen Heftes M. 1 50 ord. Verlag von Gebrüder Paetel (l)r. Georg Paetel), Berlin