Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.10.1933
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1933-10-27
- Erscheinungsdatum
- 27.10.1933
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19331027
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-193310271
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19331027
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1933
- Monat1933-10
- Tag1933-10-27
- Monat1933-10
- Jahr1933
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
V0H8c!M8. Berlin 26. September 1933 Mirko Jelusich: Hewische Trilogie „Cromwell", „Cäsar", „Don Juan". „Es gibt weder Glück noch Unglück, cs gibt nur starke und schwache Willen," (Aus dem Cäsar-Roman) Es ist leider nicht immer so, daß Werk und Dichter ebenbürtig sind in der Kraft und der Liebe, Darum gehört es an die Spitze einer Würdigung des Werkes des österreichischen Dichters Mirko Jclusich: sein Menschentum! Ich sehe ihn vor mir. Seine gütigen und doch in einem herrischen Feuer leuchtenden Augen, die wette emporgemeißelte Stirn, die in so überraschender Weise der Stirnbildung Casars gleicht, wie wir sie von Büsten her kennen. Und wenn man nichts wüßte um das Werk dieses Mannes, dessen Zeit gerade jetzt an gebrochen ist, der jahrelang unterging im Marktgeschret eiliger Literaten und der sich doch über die ganze Welt hin eine dankbare Gemeinde geschaffen hat unter denen, die dem Lauten abhold waren und selbstwirkenbe Kraft und Größe suchten, dann steht doch da vor allem ein Mann, ein Mensch, den man nicht missen möchte in diesem Leben, der Kämpfer und Deutscher ist wie kaum ein Zweiter. Die Deutung seiner Art und seiner Treue wird leicht, wenn man seine ganze innere Entwick lung, seinen eigenen persönlichsten Kamps zum Deutschtum hin kennt, dem er an dieser Stelle vor einiger Zeit in einem schlichten Bekennt nis zum erstenmal Worte gab. Denn es ist nicht seine Art, über sich zu sprechen und sich seinem Werk voranzustellen, wie es üblich war bei allen Großgewordenen der vergangenen Jahre. Wir wissen von diesem Bekenntnis her, daß sein Vater Kroate, seine Mutter Deutsche war. Dem Deutschtum dieser Frau ist es zu danken, daß Mirko Jelusich ein Deutscher wurde. Die Erziehung und das Studium, der ganze Lebens- krets wurde gegen den Willen des Vaters im Sinne des Deutschtums aufgebaut. Und wenn noch irgendwo das innerliche Band fehlte, es noch Zweifel und Bedenken gab, so fegte sie der große Krieg hinweg, wo Blut und Kamerad schaft Mirko Jelusich unzerreißbar in die deutsche Gemeinschaft führte. Erster dichte rischer Ruf kam von seiner Mitarbeit an der „Muskete", die damals ein Blatt von national- kulturellem Rang war. Dort schrieb er Ge dichte, vor allem Balladen von kraft strotzender Lebendigkeit, von einer epischen Ge walt, die auch alle seine Prosawerke nie ver läßt und sogar in der Form immer wieder durchbricht. Im Chaos der ersten Nachkriegszeit, als ge rade Wien überschwemmt wurde von Voiks- sremden und Konjunkturrittern, die alles siir sich und nichts für die Nation wollten und es Mangel gab an Streitern für diese ver gewaltigte und gedemlltigte Nation, da stand Mirko Jelusich als innenpolitischer Schrift leiter der „Deutsch-österreichischen Tageszeitung" in vorderster Front des Kampfes um die natio nale Wiedergeburt. In diesen Jahren un geheuerer physischer Überlastung entstand im Suchen und Ringen dieser Zeit nach einem Führer, einer überragenden Persönlichkeit, sein „Cäsar-Roman". Frühere Werke novellistischer Natur waren vorausgegangen. So auch zwei Schauspiele „DonIua n", bemerkenswert als Vorläufer und Art Szenarium des späteren Romans und dann das Ofsiziersstiick „Der gläserne Berg", das noch während des Krieges vom Wiener Burgtheater zur Urauf führung angenommen wurde und wegen des Umsturzes nicht mehr aus die Bühne gebracht werden konnte. Nachdem er sich in der „Deutsch österreichischen Tageszeitung" von der politi schen Leitung zurückgezogen hatte und nur mehr bas Theaterreferat bearbeitete, konnte er end lich im Jahre 1927 seinen Roman „Cäsar" vollenden, der ihm den ersten großen äußeren Erfolg brachte. Zwei Jahre darauf erschien ebenfalls in der Speidel'schen Verlagsbuchhandlung Wien-Leip zig, wie alle Werke Mirko Jelusichs, der Roman „Don Juan" und eben in diesen Tagen nun sein neuer großer Roman „Crom- well". Dazwischen entstand eine kleine Kampsschrtft „Ersatzkultur und Kulturersatz" nach einem voriges Jahr im Herbst gehaltenen Vortrag, die ein Bekenntnis zum wahren und tiefen Wesen aller Kultur darstellt und ihre Pflicht an der Seelenbildung des Menschen ent hüllt, die sie zur Trägerin einer organischen Lebensauffassung Goethescher Erkenntnis machen muß. Das Hauptwerk Mirko Jelusichs, seine drei großen historischen Romane, geben bereits Gelegenheit zu einer Gesamtbeurteilung der schöpferischen Leistung dieses einzigartigen Dich ters. Drei weltgeschichtliche Epochen, drei gegen sätzlichste Männer, sind der Vorwurf und doch liegt eine unbewußte oder bewußte Einheit über der unermeßlichen und schier unerschöpfbaren Tiefe dieses Stoffes: die Persönlichkeit. Es kann kein Dichter dieser Zeit so sehr das Urteil über sein Schassen in Anspruch nehmen, wie Jelusich, daß er dieser Zeit in stofflicher Unbegrenzthett und Weltenweite Spiegel und Beispiel deutscher Notwendigkeiten der Zukunst, ja heute der schon beginnenden Gegenwart vor hält. „So müßte man Geschichte schreiben, so müßte man strahlende und weithin leuchtende Herren der Menschheit in die Forderungen der Gegenwart hineinstellen I" Das ist erster und letzter Gedanke, wenn man die historischen Ro mane Jelusichs liest. Es mag symbolisch sein, entspringt aber sicherlich nur der ganzen inne ren Einstellung des Dichters, daß alle seine Bücher in der Sprachform der Gegenwart ge schrieben sind. So wird auch nach außen die Wirkung erzielt, baß dieser Cäsar und alles was um ihn lebt und wirkt, dieser Don Juan und alles was um ihn leidet und haßt und end lich dieser Cromwell und das Volk, das für ihn Leben und alles hingibt und die Welt der Gestri gen, die feinem Werk entgegenstehen wollen, lebendig werden und gegenwärtig, den engen Rahmen ihrer Zeit und ihres Schicksals spren gen und Beispiel geben von einer brennenden und greifbaren Aktualität. Cäsar! Da geht denn ein Mann der Ge genwart her, überschüttet von aller Gnade der Sprache und eines Herzens randvoll der Liebe und Weisheit und setzt dem großen Römer ein seiner Größe würdiges Denkmal. Das ganze Buch, das mit einer dramatischen Wucht ohne gleichen geschrieben ist und in dem der leben dige Atem einer großen Persönlichkeit pulst, ist in allem, in der Sprache, in der Kraft und Kürze des Dialogs, in seiner ethischen und künstlerischen Gestaltung monumental und vor allem deutsch. So konnte nur ein Deutscher dem Römer gerecht werden, so konnte nur einer ger manischen Geblütes Mensch und Heros aus dieser versunkenen Zeit in die Gegenwart em porheben, so emporheben, daß wir ihn lieben müssen und nehmen als Beispiel und Sehnsucht gegenwärtiger Zeit. Nichts fehlt da: Nicht der rauhe und derbe Humor soldatischen Geistes, in dem geheimes Menschentum aufblitzt, nicht die tiefe Sehnsucht des entpersönlichte» Herren einer Welt, Diener seines Volkes, nach ureigenstem Menschenglück und seiner Erfüllung. Über allem aber steht der Wille. Unbarmherzig und ge bieterisch. Der alles Selbstische, alles um eigenes Glückes Ersehnte fortstreicht und auslöscht und nur mehr da ist um des Werkes willen, das er einmal in einer Gnadenstunbe erschaut. Von ganz anderer Art und doch wieder irgendwie verwandt ist „Don Juan". Auch hier eine Deutung besonderer Prägung, auch hier wird aus einem menschlichen Phänomen, das durch die Geschichte spukt als toter Begriff, ein lebendiger Mensch. Man fragt nicht, oh das nun der Don Juan ist, wie er wirklich seine Zeit in Angst und Aufruhr hielt, wirklich der, über den man sich nur mit zweideutigem Lächeln ins Ohr erzählt. Das ist so unwichtig und gleichgültig gegen bas unerhörte Schicksal dieses Don Juan, wie Jelusich ihn uns nahe bringt. An diesen Stoff kann weder Muckertum noch wollüstig wühlender Literat heran. Hier darf nur ein Mensch gestalten, dessen Herz allen Be greifen und Verstehens voll ist, ein Mann, dessen ganzes Wesen echte Keuschheit der Seele atmet. Nur unter seinen Händen wird selbst dunkelstes Geschehen noch irgendwie überstrahlt von der Reinheit, die in allem ist. Auch hier in diesem Buch steht ein Mann. Ganz jener frühmittelalterlichen Zeit hingegeben, die allen Urgründen des Seins nachgehen wollte bis zum letzten, und nie hinfand und darüber zer brach in einem unendlichen Kreis unaufhör licher Tragik. Einmal leuchtet aber auch in diesem sinnlos scheinenden Kreis das flammende Licht der Er kenntnis auf, dort wo er beginnt und dort, wo er sich schließt. In den ersten Kinderjahren, da erstes Getöse der Welt in sein Herz dringt und am Ende, da er zerbrochen und vernichtet dem Wahnsinn entgegentaumelt. Hier wie dort er kennt er gleich einer Vision das ewig Erlösende des Mütterlichen. Zweimal steht in diesem Buch das Wort Mutter, am Anfang und am Ende. Dazwischen liegt ungesagt der Beweis, dazwi schen klingt zwischen diesem rasenden Inferno aller Laster und Lüste, aller Raserei und Wild heit wie eine klare und durch nichts übertönende Melodie ein Epos des Mütterlichen auf, bas ewige Gültigkeit hat. Man möchte diesen Don Juan oft hassen und verfluchen und doch steht man immer wieder erschüttert vor einem ins Gigantische gewachsenen Kämpfeiherzen, vor einem Mann, der alles Unglück und alles Glück der Welt in sich hinabsaugt um der Er kenntnis, um des Euchens willen. So wird die ses zweite Buch Jelusichs zu einem tiesinner- lichen Menschenbuch, in dem sich gleichsam letzter Heroismus e t n e r w a h r h a s - ten Seele aufbaut. Und nun erscheint in diesen Tagen Jelusichs neuer Roman „CromweI l", ein Epos natio naler Erhebung. Man mutz diesen fünfhundert Seiten starken Roman atemlos in einem Zuge zu Ende lesen. Der einfache Bauer erlebt die Zerrissenheit und die Not seines Volkes, das zerfallen ist in Parteien und Stände, in Kasten und Geschlechter, das um dies und jenes kämpft, dem ungerechte Herren Gut und Leben nehmen und das doch immer und immer eines vergißt und mißachtet: die Nation. So läßt der einfache Bauer seinen Frieden mit Weib und Kind dahinter und tritt vor dieses Volk. Und
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder