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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.11.1936
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1936-11-12
- Erscheinungsdatum
- 12.11.1936
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- Deutsch
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Nummer 264, 13. November 1936 Börsenblatt für -en Deutschen Buchhandel Erste Ostpreußische Jungbuchhändler-Freizeit in Sarkau auf der Kurischen Nehrung Ostpreußen, Land der Wälder, Du Land der blauen Seen, Der Dünen und des Meeres; Wie bist Du wunderschön! In allen, die die erste Ostpreußen-Freizeit miterlebten, wird im Gedanken an die Woche dieser Kanon klingen, darum sei er auch über diesen Bericht gesetzt. Berichte über Freizeiten sind mir stets ein schweres Kreuz gewesen, denn kaum kann ein einzelner über das ge meinsame Erleben dieser Wochen so berichten, daß der Leser einen Eindruck von dem bekommt, was in der Woche und in den Teil nehmern der Freizeit geschah. In diesem Jahr bin ich aber in der glücklichen Lage, von fast allen Teilnehmern Berichte über die Woche erhalten zu haben (an und für sich schon ein gutes Zeichen). So möchte ich denn den Versuch wagen, aus den verschiedenen Berichten einen Gesamtbericht zusammenzusetzen. Dabei habe ich sogar das Ge fühl, daß auf diese Weise ein recht anschauliches Bild der Woche ent steht. Nur einige wenige Verbindungssätze füge ich selbst in den Be richt ein. »Ein alter Plan ist verwirklicht: mit einer lange gehegten Hoff nung ist man ans Ziel gekommen: die erste ostpreußische Buch händler-Freizeit kam zustande und ist sehr glücklich durchgeführt worden.« 23 Teilnehmer, davon 10 Mädel, hatten sich angemeldet und kamen von der Mosel, vom Rhein und vom Main, aus Lippe, Flensburg, Hannover, Sachsen, Danzig, Hamburg, Kassel, Frank furt/Oder, Dessau und natürlich auch aus Ostpreußen. Für die meisten der aus dem Westen kommenden Teilnehmer war schon die Anreise: die Seefahrt von Swinemünde nach Pillau, ein Erlebnis. In Königsberg erwartete uns ein von Herrn Konsul Koch gestiftetes Festessen im Park-Hotel, »wobei durch ein schwer zu bewältigendes Hühnergericht dafür gesorgt wurde, daß die Begrüßung nicht zu schnell verlief«. »Daß der Start über das Sprungbrett ,Gräfe und Unzer' ging, das leuchtet wohl jedem ein, der im Buchhandel zu tun hat, von solch einer Unternehmung wie ,Buchhändler-Freizeit' hört und dazu dann den Namen Königsberg auftauchen sieht. Wohlan denn, gleich hier den Dank an die Königsberger abgestattet! Und bitte: nicht bloß, weil wir ein Essen vorgesetzt bekamen, das für die nächsten acht Tage das beste bleiben sollte! Persönlich habe ich mir immer vorgestellt, daß man bei Gräfe und Unzer, dem ,Haus der Bücher' in manchen Abteilungen, vor allem in den Vorratskammern, gebückt wie ein Greis gehen muß, um nicht an die Decke (oder Bücherregale) zu stoßen. Aber dem ist beileibe nicht so. Wenn ich die etwas enge, dafür aber riesig große Abteilung Reclam ausnehme, kann ich nur sagen, daß von unseren beiden Trupps unter Führung von Herrn Konsul Koch und einem seiner Prokuristen alle aufrechten Hauptes die zahlreichen Räume und Zimmer, die Treppen und Gänge, kurz, das Haus der Bücher vom Keller bis fast ins Dachgeschoß abgeschritten sind. Laien besucher dürften angesichts dieses großartigen Büchergesichts, das sie auf Schritt und Tritt bei Gräfe und Unzer anblickt, zumindestens einen gelinden Schrecken bekommen, vor allem aber in ein tüchtiges Staunen verfallen. Leute vom Fach dagegen, und sei es auch nur der Nachwuchs, sollten aber auch bei einer solchen Bücherfülle die Fas sung nicht verlieren, sondern.sich immer vor Augen halten, wie sich so ein Riesenbetrieb wunderbar organisieren läßt und letzten Endes, bei klarer Führung und sattelfester Gefolgschaft, zu einer wohl lenk baren, sogar segensreichen Gewalt werden kann.« »Anschließend ging es im Autobus durch das Samland, dessen hügeliges und menschenreiches Landschaftsbild oft das Erstaunen eini ger Binnendeutscher erregte, nach dem von Menschen sogar fast über quellenden Ostseebad Rauschen mit seiner wunderbaren Seeterasse und dem Steilufer der Bernsteinküste. Der letzte Lichtschein des ver schwindenden Tages sah uns in Sarkau.« »Hier hieß es nun, sich einnisten. Das geschah reibungslos und gestaltete sich bis zum Schluß zu einem solch kameradschaftlichen Zusammenleben, wie es vielleicht das kleine, etwas abseits von der eigentlichen Jugendherberge stehende Häuschen selten zu sehen bekommt. Sonst sitzen meistens die Bässe unten und der Sopran in der Höhe, diesmal nächtigten die Mädels unten und die Jungens im 1. Stock.« »Nach der Amterverteilung und Bekanntgabe der Tageseinteilung« »fielen wir auf den erfreulich harten Betten und Pritschen in einen schönen, traumlosen Schlaf. — Am nächsten Morgen ertönte beim ersten Blinzeln auch schon die Stimme unseres ,Stubenkommandeurs'. Wir fuhren sofort ins Bade zeug und schwammen fünf Minuten später allesamt im leicht ge salzenen Wasser der Ostsee herum. Bei diesem frühen Baden und einem nochmaligen im Laufe des Tages sind wir auch in Zukunft unverändert geblieben« (ja manche Unentwegte stürzten sich gar drei mal am Tage in die Wellen). »Um die Geister zu sammeln, sagte uns Hans Köster regelmäßig vor Beginn der Vormittagsarbeit ein paar Kernworte, die unter einem einheitlichen Gesichtspunkt gewählt waren und von Ernst Moritz Arndt stammten. Die Arbeit wickelte sich dann im Laufe der Woche nach einem bestimmten Plan ab, von dem man am meisten er fährt, wenn man folgende Richtlinien daraus festhält: 1. Rund- gespräche. 2. Hauptreferat. 3. Arbeitsgemein schaften.« »An Nundgesprächen wurden diesmal geführt: am Anfang das übliche und aufschlußreiche über die Herkunft der Teilnehmer. Jeder berichtete also in kurzen Zügen sein Leben mit möglichst viel buch händlerischer Biographie. (Immer ein Ohrenschmaus für die gerade Nichtsprechenden, denn zu gern ist man auf den anderen neugierig!) Dann gab jeder Teilnehmer an, weshalb er zur Freizeit, besonders zu dieser ostpreuhischen kam und was er überhaupt erwartete. War es bei dem einen das Thema oder der Referent, beim andern Ost preußen oder unser Leiter, was ihn bevorzugt hingeführt hatte, so war doch bei allen der Wille zur Gemeinschaft vorhanden und dieser ist zum Gelingen einer Freizeit ungeheuer wichtig.« — »Das zweite Nundgespräch erstreckte sich auf die Lektüre und bestand zunächst darin, daß jeder ehrlich angab, was er in letzter Zeit gelesen hatte- Erstaunlich kam dabei zum Ausdruck, wie nur wirklich Wertvolles an Lesestoff verarbeitet worden war, dagegen eine bestimmte Ein seitigkeit nach der belletristischen Seite (Roman) vorherrschte. — Das dritte Rundgespräch bezeichnet man am besten als ,Manöverkritik'. Es findet wohl auf jeder Freizeit am Schluß statt und gibt jedem Teilnehmer Gelegenheit, zu loben, zu bemängeln, überhaupt seinem Herzen Luft zu machen. Den Hauptanteil beanspruchte natürlich das Hauptreferat von Albrecht Erich Günther ,Der Anteil des Buches an der poli tischen Bildung und Gestaltung im 19. Jahrhundert'. Es bean spruchte volle Aufmerksamkeit, denn das Thema war zwar nicht ein ausgefallenes, aber schließlich doch eins, das sowohl dem Vor tragenden als auch deu Hörern größte Bereitschaft abzwingt. Günther sprach stets in freier Rede.« »Er hat es verstanden, uns die Grund linien der politischen Entwicklung innerhalb des 19. Jahrhunderts auf vielfach uns neuen Wegen klarzulegen«. »In vier Vorträgen gab uns Günther einen Überblick über die geistige Situation vom Zeit alter des Deutschen Idealismus über Liberalismus und Sozial- bewegung bis zum Weltkrieg und der Nachkriegszeit.« »Zu Beginn dieses Jahrhunderts (Arndt, Jahn, Fichte) erfaßte das Buch die ge samte politisch aktive Schicht, die damals den begrenzten gebildeten Kreisen entsprach, und suchte seine Leser in jeder literarischen Aus drucksform politisch anzuregen und zu formen.« »Durch die konse quente Betrachtungsweise Günthers und seine strenge Ausrichtung eines literarischen Themas auf das Politische ergaben sich ganz neue und ungewohnte Einsichten. Das beste Beispiel dieser Art schien mir die Aufdeckung des Politischen im Drama zu sein.« »Am Beispiel Schillerscher und Kleistscher Dramen wies Günther nach, wie sehr die Dichtung des Deutschen Idealismus im Grunde politisch war. Später, während und nach der Zeit des ,Jungen Deutschland' wurde die bürgerlich-individualistische Haltung auch im Buch hervor gehoben,« »die höchste Durchdringung der Persönlichkeit wurde Lebensinhalt (Humboldt — Freundschaftskult), das politische Schrift tum fehlte und somit ging dem Menschen der damaligen Zeit der politische Blick fast überhaupt verloren. Die Judenemanzipation be gann.« »Mit dem Liberalismus, der ohne Wissen um ewige und gültige Gemeinschaftsordnungen ist, hat auch Bismarck zu kämpfen gehabt. Seine ,Gedanken und Erinnerungen' wurden nur als persön liches Erinnerungsbuch gelesen; niemand verstand die erschütternde Sorge Bismarcks um sein Werk.« »Der literarische Meinungskampf wird zu dieser Zeit durch die politische Tat zurückgedrängt und ist jetzt am stärksten in den ausgezeichneten Erinnerungen bedeutender Menschen wirksam.« »Erst Ende des 19. Jahrhunderts im bürger lichen Zeitalter beginnt bei einzelnen, aus der Erkenntnis heraus, daß eine nationale Einheit nicht möglich ist ohne eine soziale, das 993
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