Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.12.1879
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1879-12-29
- Erscheinungsdatum
- 29.12.1879
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18791229
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-187912292
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18791229
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1879
- Monat1879-12
- Tag1879-12-29
- Monat1879-12
- Jahr1879
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
lV 2SS, 29, December. Nichtamtlicher Theil, 5355 gar nicht, von den Schriftstellern aber außerordentlich, ja von vielen in allererster Linie gewürdigt wird, war die, daß der Redacteur des „Nagariuo" jeden Artikel, den er aufnahni, gut honorirte; und daß er für Arbeiten, die bedeutenden Erfolg zu haben versprachen, unaufgefordert hohe Summen zahlte, — Da gegen ließ er nicht gern mit sich handeln und empfand es wie eine unverdiente Kränkung, wenn ein Schriftsteller bei Abliefe rung des Manuscripts über die Honorarfrage mit ihm discuti- ren wollte. — Er war sehr reich, stand an der Spitze des Hauses „William Blackwood L Sons", einer der bedeutendsten Verlagsbuchhandlungen von England, und befand sich demnach in der Lage, für jede literarische Arbeit, die er herausgab, so viel zu zahlen, wie sie Werth war. Er ging von dem Grund sätze aus, daß er die besten Geschäfte machte, wenn seine Mit arbeiter gut bei ihm verdienten, und er hatte unter diese» ganz all gemein den Ruf des „anständigsten" aller Verleger. — Ein Fall, der mir bekannt geworden ist, mag als Illustration seiner vor nehmen Behandlungsweise aller Geldfragen dienen. Die „Lattlo ok vorüinZ" wurde zuerst in „INaolirrovck's UnZa-ins" veröffentlicht. John Blackwood erkannte beim Durch- lcsen des Manuscripts, daß die Arbeit Aufsehen machen werde, und zahlte deni damals noch wenig gekannten Verfasser, Colonel Chesney, ein gutes Honorar — SO Pf. Sterl. snr die anderthalb Bogen, wenn ich nicht irre. Als sich nun aber die ganze Presse mit der „Lattto ok vorking" beschäftigte, als Leitartikel darüber in alle» englischen Zeitungen erschienen; als die Stellung des libe ralen Ministerums — „Llaoürrvock's dlaxarino" war eines der Hauptorgane der Torypartei — dadurch erschüttert wurde, und die Buchausgabe des kleinen Opus reißenden Absatz fand, da übersandte Blackwood dem Verfasser als „Lääitional-Üouorar" die relativ kolossale Summe von 400 Pf. Sterl. — An George Eliot zahlte er für einen ihrer großen Romane — „Llickäle- rnarob", wenn mich mein Gedächtniß nicht täuscht — 7500 Ps. Sterl., also über 150,000 Mark, — Ich bemerke dabei, obgleich dies für die meisten Leser selbstverständlich sein wird, daß in diesem Preis das Honorar für die Buchausgabe mit inbegriffen war, Blackwood's Leben war ein einfaches und klares, voll Ar beit, ohne große Kämpfe. — Er wurde am 7. December 1818 in Edinburgh geboren, besuchte das Gymnasium und später die Universität seiner Vaterstadt, und vollendete seine Erziehung wäh rend eines länger» Aufenthaltes aus dem Continent, den er unter der Aussicht seines Hauslehrers, eines ausgezeichneten Philologen, des verstorbenen William Hay bereiste. — Im Jahre 1840 übernahm er in London die Direktion der Filiale des väterlichen Verlagsgeschästes, welches seine älteren Brüder, Alexander und Robert, in Edinburgh leiteten. John Blackwood's Geschäftslocal in London wurde bald ein beliebtes Rendezvous für hervorragende Schriftsteller. De kane, der Herausgeber der „Times", und Thackeray unter An dern fanden sich dort häufig ein und knüpften mit dem jungen Blackwood freundschaftliche Beziehungen an, die erst durch den Tod gelöst worden sind. Als Alexander Blackwood im Jahre 1845 starb, zog John Blackwood nach Edinburgh und übernahm die Redaction des „dlagarins". Diese Arbeit blieb bis zu sei nem Lebensende seine Lieblingsbeschäftigung, während er die Leitung des großartigen Verlagsgeschästes, dessen Eigenthümer er seit dem Tode seiner Brüder geworden war, seinem Neffen William Blackwood überließ, in dessen Hände nun auch die Re daction des „dlaZarino" übergegangen ist. John Blackwood führte in Edinburgh die würdevolle, etwas schwerfällige, moralisch und Physisch gesunde Existenz eines rei chen und angesehenen „Gentleman". Er bewahrte dabei, bis zum Ende seines Lebens, die ganze Frische seines Geistes, Dies änderte sich auch nicht, als er alt und schwach wurde, und seine körperlichen Leiden Allen, die ihm nahe standen, ernste Besorg nisse einzuflößen anfingen, — Wenn schon reich an Erfahrungen, und darunter manch bittere, bewahrte er bis zum Letzten eine gleichsam kindliche Arglosigkeit, Seine Hand war stets offen, und er half Bedürftigen freudig und freigebig. Prunk war ihm zuwider, und ich glaube nicht, daß sein Name mit großen Zahlen auf Listen prangt, auf denen — in England mehr noch als in anderen Ländern — eine gewisse Classe von Philanthro pen ihren Ruhm ausposaunen läßt; aber er schenkte und half im Geheimen und ohne viel zu überlegen, von dem Grundsätze aus gehend, daß es besser sei, hie und da und wenn auch häufig getäuscht zu werden, als einem wirklich Unterstützungswürdigcn Hilfe zu versagen. Die jugendliche Frische seines Geistes zeigte sich auch i» den Zerstreuungen, die er suchte. Ein guter Roman interessirte ihn stets lebhaft, und er war ein passionirter „Golfer". Golf, dies schöne, männliche Spiel, das eigenthümlichcrweise nur in Schottland und in Südsrankreich — dort unter dem Namen „ckou cks dlaik" — populär ist (denn Crocket ist nichts als eine schwache Parodie davon), — das Golf-Spiel hat seinen Hauptsitz in St. Andrews. In dieser Stadt existirt „Dbo kozmk anck Lnoient Kolk-Klub", auf dessen Liste die ersten Namen von Schottland prangen. — Blackwood fand soviel Vergnügen an dem dort mit ganz besonderem Eifer cultivirten Spiele, daß er „Strathtyrum", einen großen Landsitz in der Nähe von St. Andrews, pachtete. — Dort hat er während der letzten zwanzig Jahre seines Lebens jeden Sommer verbracht, die besten Schriftsteller Englands und Schottlands in seinem gastfreien Hause empfangen, unermüdlich fleißig gearbeitet, und in seinen Mußestunden regelmäßig „Gols" gespielt. Er war zu schwächlich, um ein hervorragender Spieler sein zu können, aber seine Ruhe und Sicherheit hatten ihm einen guten Namen unter seinen Clubgenossen gemacht, und er erinnerte sich gern daran, daß er in seinen jüngeren Jahren „kaxtain" des „Ro^al anck ^.noiont Kolk-Klub" gewesen war, ein Ehren amt, das vor und nach ihm manch edler „Imlrcl" bekleidet hat. — Ich forderte ihn eines Morgens, als ich in „Strathtyrum" sein Gast war, auf, eine Partie Gols mit mir zu spielen. Da lächelte der alte Mann wie ein Quintaner, dem ein Versucher den Vorschlag macht, die Schule zu „schwänzen", und antwortete: „Nein, das darf ich nicht; ich muß erst meine Arbeit fertig machen; denn sehen Sie, wenn ich einmal bei der Partie bin, dann komme ich gar nicht nach Hause, ehe ich nicht hungrig werde; und das hat noch einige Stunden Zeit, da ich soeben erst gesrühstückt habe." Blackwood war sechzig Jahre alt, als er noch so jung sein konnte. Bald daraus fing er an, zu kränkeln. Seine Frau und Tochter reisten mit ihm nach dem Süden, in der Hoffnung, ein mildes Klima werde ihn wiederherstellen. Aber er erholte sich nicht ganz; seine Kräfte nahmen im Lause des letzten Som mers in bedenklicher Weise ab; feit Anfang October mußte er das Zimmer und bald darauf das Bett hüten, und am 29. ent schlief er ruhig im Kreise der Seinen, die ihn während seiner langen Krankheit mit unermüdlicher Liebe und Sorgfalt gepflegt hatten. Er hatte während der letzten Wochen seines Lebens große Leiden zu ertragen; aber am Tage seines Berscheidens war sein Zustand ein schmerzensfreier, und mit sanfter Hand führte der Tod den guten Mann von dannen, der sein ganzes Leben lang Jedermann, mit dem er in Verbindung gestanden hatte, still, freundlich und wohlwollend entgegengetreten war. Rudolph Lindau. 729»
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder