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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.02.1936
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- 1936-02-27
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- 27.02.1936
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Nationalsozialistische Bibliothekspolitik (Fortsetzung zu Seite 181) in die Augen beim Volksbüchereiwesen, dos den breiten Massen am unmittelbarsten dient. Eine Beratungsstelle für Volksbüche reien war der Bayerischen Staatsbibliothek bisher seit vielen Jahren angegliedert. Das Dritte Reich hat das Volksbücherei- Wesen neu gegliodert. Von einer Stelle im Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, dem auch das wissen schaftliche Bibliothekswesen in Deutschland untersteht, wird es im engen Einvernehmen mit der Partei völlig neu gestaltet. Damit wird die Aufgabcntrennung gegenüber den wissenschaftlichen Bibliotheken schärfer Lurchgeführt und die Trennung der Ver waltung ergibt sich von selbst. Der Volksbüchereibeamte steht in naher Berührung mit dem Alltagsleben unseres Volkes. Er hat ihm gegenüber die Pflicht der Führung und Beratung auf seinem Gebiet. Aber auch dem wissenschaftlichen Bibliothekar sind neue Ausgaben gestellt. Nicht mehr hat er wahllos wie früher, lediglich von ausgesprochenen Schundschriften absehend, Bücher dem Leser kreis seiner Bibliothek darzubieten. Er hat die Grundlagen von Volk und Staat gefährdende Erzeugnisse nach den Weisungen der hiezu berufenen Stellen aus dem allgemeinen Verkehr der Biblio thek auszuscheiden. Auf die Beschaffung und Aufbewahrung dieser Schriften kann er freilich nicht verzichten. Zur Bekämpfung einer Krankheit gehört die genaue Kenntnis ihrer Erscheinungsformen, und es wäre eine verkehrte Auffassung ihrer Pflichten, wollte eine wissenschaftliche Bibliothek — im Gegensatz zur Volksbücherei — darauf verzichten, die marxistischen, die pazifistischen und die Schriften des Weltjudenlums und der Freimaurerei anzuschaffcn. Eine besonders verantwortungsvolle Aufgabe fällt der Bibliothek bei der Auswahl der Personen zu, die berufen sind, mit diesem Stoff zu arbeiten. Die Verbrennung von verwerflichen Schriften im Jahre IS33 hat vor den Toren der wissenschaftlichen Biblio theken Deutschlands mit Recht haltgcmacht. Aber es hieße das Wesen des nationalsozialistischen Staates gröblich zu verkennen, wollte man ihm zumuten, daß er unterschiedslos giftige Waffen zu feiner Bekämpfung selbst Leuten lieferte, die den Grund gedanken, auf dem sich Volksgemeinschaft und Staat aufbauen, bekämpfen, oder Volksgenossen, die der oft durchtriebenen feind lichen Lügentaktik nicht gewachsen sind, wie wir das im November 1!)l8 zu Deutschlands Unheil erleben mußten. Es ist also nicht Angst vor der Wahrheit, sondern im Gegenteil Liebe zur Wahr heit und zum Leben in der völkischen Grundwahrheit, die die nationalsozialistische Bibliothekspolitik hier zu einer, im täglichen Leben übrigens ganz selten notwendig werdenden Zurückhaltung veranlaßt. Ebenso wird eine solche Politik feindlich gegenüberstehcn müssen der uferlosen Erzeugung von Büchermassen der ver gangenen Jahrzehnte. Vorüber ist die Zeit, wo man auf die Zahl schlechthin stolz war und ganz darüber vergaß, daß es an sich noch kein Ruhmestitel eines Landes ist, die größten Mengen bedruckten Papieres jahraus jahrein auf den Markt zu werfen. Der deutsche Bibliothekar begrüßt alle Maßnahmen, die daraus gerichtet sind, den gewinnsüchtigen, die Segel nach dem Wind stellenden Schrift stellern, die seit der Machtergreifung ihr nationalsozialistisches Herz entdeckt hatten und nun eilig und beutegierig dem Volk er zählen wollten, was denn eigentlich Nationalsozialismus sei, das Handwerk zu legen. Es wird begrüßt, wenn die klappernden Räder der Doktorfabrikcn zum Stillstand gebracht werden. Die besten der deutschen Verlage sind gerade die, die ihren Stolz nicht darin gesehen haben, möglichst viel, sondern möglichst gute Bücher zu veröffentlichen. Das törichte Wettstreiten zwischen wissenschaft lichen Bibliotheken, welche von ihnen die größere Bändezahl auf zuweisen habe, gehört hoffentlich endgültig der Vergangenheit ebenso an wie auch sonst der Zahlenwohn überlebt ist. Der innere Wert, die Leistungsfähigkeit, die Tüchtigkeit, die besonderen Auf gaben unserer Zeit zu erkennen und zu befriedigen, entfesseln einen edleren Wettstreit, in dem jede Anstalt je nach ihrer besonderen Art ihr Bestes zu leisten den Ehrgeiz hat. Es darf nicht verschwiegen werden, daß die wissenschaftlichen Bibliotheken, in ihrer großen Mehrzahl den Universitäten und Hochschulen angegliedert, nicht immer das Ansehen im neuen Staat genießen, das man ihnen wünschen möchte. Führende Stel len wurden daher auch öfters mit Männern, die nicht dem Berus entstammten, besetzt, was freilich auch früher, als es schon längst einen fest umgrenzten Stand von Berufsbibliothekaren mit genau vorgeschriebener Bildung gab, manchmal vorgekommen war. Im nationalsozialistischen Staat bestand von Anfang an wie gegen die Universitäten so auch gegen die wissenschaftlichen Bibliotheken ein oft durch gewisse Erscheinungen begründetes Mißtrauen. War an ihnen doch oft genug die Kraft vermißt worden, die An sprüche auf eine bevorrechtigte Stellung gewisser Kreise abzu- ivehrcn. Der arme Student hatte oft schnöde zurückstehen müssen gegenüber dem wohlhabenden Geheimrat, nach dessen Tode dann Möbelwagen voll Bücher der Bibliothek zurückgegeben wurden, die er Zeit seines Lebens der Benützung durch andere entzogen hatte. Solche Vorrechte hat das Dritte Reich beseitigt. Die Leuchte der Wissenschaft, der weltberühmte Professor und der junge Student sind Diener der Wissenschaft und ihres Volkes. Es gehört zu den grundsätzlichen Anschauungen national sozialistischer Bibliothekspolitik, daß der Satz »Gemeinnutz vor Eigennutz» auch im Leihverkehr der wissenschaftlichen Bibliotheken streng durchgeführt werde. Ein Recht auf das öffentliche Buch haben ebenso sehr wie die Stammkunden der Bibliotheken die jungen Leute ohne Familie und ohne Verbindung, die, wie unser Führer von sich aus seiner Wiener Zeit erzählt, sich ein Wissen mühsam nach der täglichen Berufsarbeit anzueignen versuchen, das dann später vielleicht herrlichere Früchte trägt als die Wälzer, die aus M Büchern ein hundertstes machen. Der wissenschaftliche Bibliothekar, der solche Benützcr hcrausfindet und ihnen in ge eigneter Weise zu helfen vermag, erfüllt den schönsten und mensch lich am meisten befriedigenden Teil seiner Berufsaufgabe. Je mehr dies erkannt und durchgeführt wird, desto mehr schwindet von unseren Anstalten der Schein der Volkssremdheit und Lebens ferne. Ein wichtiges Mittel dazu sind die Ausstellungen. Gegen stände, Räume und Kräfte sind vorhanden, können mindestens durch Umstellung freigemacht werden. Durch wechselnde Ausstel lungen soll die Teilnahme der Öffentlichkeit gewonnen und immer wachgehalten und sollen aber auch die Beamten veranlaßt tvcrden, ihre manchmal etwas eintönig« Berufsarbeit zu beleben und neue Kraft durch die segensreiche Berührung mit der Öffentlichkeit zu gewinnen. Da ist es nun im nationalsozialistischen Staat, der ja das Volk an dem politischen Geschehen der Zeit eifrig Anteil nehmen lassen will, notwendig, die Aufmerksamkeit weiter Volks- kreisc auf die Gegenstände zu lenken, die jeweils im Vordergrund stehen oder aus die das Scheinwerferlicht fallen soll. Dreierlei Erfordernisse müssen hier erfüllt werden: Leichte Ver ständlichkeit durch geeignete Beschriftung oder womöglich durch Führung, freier oder ganz bil liger Eintritt und Offenhaltung zu Zeiten, wo auch der berufstätige Volksgenosse abkömm lich ist. Die Aufmerksamkeit der Schulleitungen muß auf die Aus stellungen gelenkt werden, damit auch junge werdende Menschen beizeiten auf diese Dinge hingewiesen werden. Ist erst einmal der Bann gebrochen, merkt der Mann und die Frau aus dem Volke, daß man darauf Wert legt, diese Schätze auch ihrem Ver ständnis näherzubringen, so stehen sie mit ganz anderen Gefühlen den Riesenbauten der wissenschaftlichen Bibliotheken gegenüber, deren Hallen so oft mit ängstlicher Scheu gemieden werden. Viel leicht kann durch solche Ausstellungen dazu beigetragen werden, daß die Freude am Eigenbesitz eines guten oder schönen Buches geweckt wird. Der Nationalsozialismus weiß sich frei von der Überschätzung des Buchwissens. Bildüugsdünkel ist ebenso abwegig wie der marxistische Kampfruf: Wissen ist Macht. Der Unbelesene ist oft klüger als der mit totem Wissen Vollgestopfte, denn nicht Wissen, sondern Wille ist Macht. Aber immer wird es den Deutschen treiben, seine Lebenstüchtigkeit zu erhöhen durch die Erfahrung, die das gute Buch, d. h. die Gedankenarbeit berufener Geister ver mittelt und den Willen zu stählen durch die Erkenntnis der Wahr heit. Eigenes Nachdenken, Forschen und Arbeiten aber treibt schließlich immer wieder zum Buch. Maier-Hartmann. 183
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