Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.04.1879
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 28.04.1879
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18790428
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-187904285
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18790428
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1879
- Monat1879-04
- Tag1879-04-28
- Monat1879-04
- Jahr1879
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
1642 Nichtamtlicher Theil. 1t: S6, 28. April. Nichtamtlicher Theil. Der Schutz des literarische» Eigcnthums in Großbritannien. (Aus der Weser-Zeitung.) Je größer und mannigfaltiger der Vorrath literarischer Erzeugnisse und künstlerischer Geistesproducte, je ausgedehnter ihre Verbreitung, je leichter und verschiedenartiger ihre Verviel fältigung wird, desto mehr verwickelt sich und desto brennender wird zugleich die Frage, welches Eigenthumsrecht dem Urheber und dem ersten Verbreiter an ihnen zusteht, und mit welchen Mitteln die Gesetzgebung dieses Eigenthumsrecht schützen soll. Wenn irgendwo, so ist die Frage sür England von großer Be deutung. Nicht nur wegen der Ausdehnung des britischen Reiches und wegen der starken Production und Konsumtion, die seine Bevölkerung aus dem Gebiete der Literatur, wenn auch nicht aus dem der Kunst, entwickelt. In England liegt die Sache anders als in den übrigen Culturländern, weil jenseits des Oceans ein Staat niit einer vorzugsweise englisch redenden Be völkerung von 40 Millionen darauf angewiesen ist, seine Geistes nahrung zum größten und besten Thcile aus dem einstigen Mutterlande zu entnehmen, dabei aber weder gutwillig geneigt, noch durch Zwang dazu zu bringen, den Zugang zur englischen Literatur unter denselben Bedingungen zu suchen, wie es da ge schieht, wo sie zu Hause ist. Die Vereinigten Staaten haben mit der Absonderung ihrer politischen Existenz ja keineswegs das geistige Band durchschnitten, das sie mit dem Lande ihres Ursprungs verbindet. Fremdartige Bestandtheile, aus allen Gegenden der Erde zusammengeflossen, mögen einige Grundzüge der zuerst angesiedelten angelsächsischen Race verwischt, eigen- thümliche neue hinzugesügt haben; das amerikanische Englisch mag sich wie durch den Nasalton des Aankee dem Ohre, durch die Webster'sche Orthographie dem Auge, so nicht minder durch idiomatische Ausdrücke und Wendungen ausfällig von tds tzuoeu's Luxlisk unterscheiden: so sind doch Shakespeare und Milton, Scott und Byron nationale Klassiker für den Amerikaner wie sür den Engländer; ein Roman von Dickens ist hüben nicht besser bekannt wie drüben; ein Gedicht von Tcnnyson findet die gleiche ungetheilte Aufmerksamkeit diesseits wie jenseits des At lantischen Oceans. Mit der ihnen eigenen Unbefangenheit haben nun die Amerikaner, in denen die Leselust stärker entwickelt ist als bei irgend einem anderen Volke, sich ihren Lesestoff nicht bloß genommen, wo er zu haben war, d. h. nicht bloß englische Bücher, von englischen Autoren verfaßt und von englischen Ver legern veröffentlicht, aus dem englischen Büchermärkte gekaust, sondern die Verkaufsstelle für diese Maaren im eignen Laden etablirt; d. h., ihre Verleger haben das einzelne Exemplar eines vielverlangten englischen Werkes als ein billig erworbenes Manu- script angesehen und flott nachgedruckt, wobei sie denn an der also entstehenden Auflage nur die Kosten von Druck und Papier zu berechnen brauchten und bei erheblich billigeren Preisen ebenso reichlichen oder reicheren Gewinn einstreichen konnten, als der englische Verleger, mit dem sie concurrirten, ohne doch sein Ristco zu theilen, da sic natürlich nur flottgehende Waare druckten. Dickens, der sich bei seiner amerikanischen Reise beikommen ließ, dies Verfahren vom englischen Standpunkte aus mit englischer Ausrichtigkeit zu beleuchten, störte damit ein wahres Hornissen nest aus, dessen Gesumm fast die Lobeserhebungen und Ehren bezeigungen, die dem Verfasser der Pickwickicr galten, übertäubte. Die wichtigsten europäischen Nationen waren um die Mitte des Jahrhunderts herum zu einer Art von internationalem Vertrage zum Schutze des geistigen Eigenthums gekommen; das viellesende, aber sür die Lectüre anderer Nationen wenig producirende Amerika lehnte die Einladung zum Beitritt, die ihm namentlich von Seiten englischer Schriftsteller mit großer Dringlichkeit insinuirt wurde, höflich aber entschieden ab, gerade wie noch jetzt einige kleine europäische Staaten, deren Bewohner den besten Theil ihrer Lectüre aus Deutschland, Frankreich oder England beziehen, sich weigern, eine Verpflichtung zur theilweisen Tragung der Kosten bei dem intellektuellen Mahle anzuerkennen. Alle Be rufung an das Gewissen der amerikanischen Regierung war nutzlos. Die Antwort war, daß die oberste Pflicht der Regierung das Wohl der eigenen Unterthanen sei. Der literarische Vortheil, dessen man sich ohne Vertrag mit England erfreue, sei zu be deutend, um ihn bloßen Gesühlsrücksichten aufzuopfern. Der Schutz des literarischen Eigenthums finde seine Berechtigung nur in der daraus erwachsenden Ermuthigung einer nationalen Literatur; den Bürgern der Vereinigten Staaten könne aber nicht zugemuthet werden, sich zu Gunsten englischer Staatsbürger oder der eng lischen Nation zu besteuern. Trotzdem lag in der Sachlage selbst ein Correctiv, das vielleicht allmählich berechtigtere Einrichtungen hervorgerusen hätte. Konnte jeder amerikanische Buchhändler sür sich dem englischen Verleger eines „gut gehenden" Werkes unbegrenzte Concurrenz machen, so schützte ihn andererseits auch nichts gegen die noch schrankenlosere auf dem einheimischen Büchermärkte. Nachlässig gedruckte, verkürzte, verstümmelte Ausgaben beliebter englischer Werke häuften sich in Fülle und überflutheten die besseren. Dann stellte sich bald heraus, daß diejenige amerikanische Firma einen Vorsprung hatte, die von einem zu erwartenden Werke aus der Feder eines anerkannten und beliebten Schriftstellers am frühesten eine Auflage auf den Markt werfen konnte, womöglich gleichzeitig mit dem Erscheinen der englischen Ausgabe. Für Aushängebogen wurden daher allmählich den Bethciligten in England anständige Summen geboten. Es bildete sich die ge schäftliche Praxis heraus, daß Demjenigen, der mit einer Londoner Firma oder einem englischen Autor in ein solches Vertragsver- hältniß getreten war, der vielleicht bei erhöhtem Absatz einen Theil seines Gewinnes dem Urheber oder ersten Verleger des Werkes freiwillig abtrat, von seinen Landsleuten keine Concurrenz gemacht wurde. Vielleicht hätten sich auf diesem Wege nach und nach ganz geregelte Verhältnisse hergestellt. Nun aber trat eine neue und bedenklichere Wendung von einer anderen Seite her ein. Die billigen amerikanischen Nachdrucke waren sür den Bedarf in den Vereinigten Staaten entstanden. Die nächsten Nachbarn der Staaten, die Canadier, hatten diese vortheilhaste Bezugsquelle aber so nahe, daß sie nicht einsahen, warum sie statt der billigen amerikanischen die theuren englischen Ausgaben kaufen sollten. Eine Controle des Imports, wenn die kanadische Regierung dazu geneigt gewesen wäre — was sie übrigens nicht war —, hätte sich kaum durchführen lassen. Man suchte also von Kanada aus die Erlaubniß nach, amerikanische Ausgaben englischer Schriftsteller, wenn auch mit einer Importsteuer von 10 oder 12 Procent, die dem Autor zu gut kommen sollte, einzusühren. Was hier im Jahre 1847 gewünscht und bewilligt wurde, das tvar auf der entgegengesetzten Erdhälftc, in der größten britischen Kolonie, in Ostindien, schon seit 1835 eine gesetzlich sanctionirte Maßregel geworden, und zwar ohne die Klausel zum Besten des Verfassers. Macaulay, der damals an der indischen Gesetzgebung arbeitete, und sein Schwager Trevelyan hielten cs für richtig, die damals in Indien zahlreich entstehenden englischen Schulen dadurch zu begünstigen, daß die billigen amerikanischen Ausgaben englischer Schulbücher abgabenfrei
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder