Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.04.1940
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1940-04-16
- Erscheinungsdatum
- 16.04.1940
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19400416
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-194004161
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19400416
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1940
- Monat1940-04
- Tag1940-04-16
- Monat1940-04
- Jahr1940
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
— Papier ist geduldig! —, die Zahl der Autoren nahm zu, es sank die Leistung. Dies die wirtschaftlichen Momente! Die kulturpolitischen mußten der staatlichen Schristtums- führung gegenüber, die diese Entwicklung seit langem mit Sorge sah, viel stärker ins Gewicht fallen. Auf dem Gebiet des Kri minalromans hatte man schnell ein Klischee gefunden, das mit jeweils veränderten Namen und Mordarten eine Weile vorzu halten versprach, überdies bediente man sich in großzügiger Weife der Patenschaft englischer und amerikanischer Kriminal schriftsteller! Den Schauplatz legte man grundsätzlich nach Eng land, wo Scotland-Hard-Romantik, Shagpfeifc rauchende Detek tive mit karrierten Mänteln und der undurchsichtige Londoner Nebel eine gute Kulisse abgaben. Die englische Polizei jagte und erwischte jeden Verbrecher, die englische Polizei »die beste der Welt-. Daß dadurch immer wieder in unverantwortlicher Weise für englische Lebensart und Gewohnheit, englische Einrichtungen und Institutionen und den Apparat der englischen Polizei Pro paganda gemacht wurde, mag einem Teil der Schriftsteller dabei vielleicht nicht einmal aufgegangen seinl Jedenfalls war Scot land Aard vom Kriminalroman nicht mehr zu trennen. Oder man verlegte den Schauplatz nach Amerika, in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, mit seinen G-Männern, seinen ein träglichen Gangsterbanden, mit Spritschmugglern und Kidnap pern, wo es auf ein paar Tote mehr oder weniger nicht ankam und man auch mit den Mordtaten nicht zimperlich zu sein brauchte. Erzieherische Momente blieben dabei völlig außer Be tracht. Daß diese ständige Verbrechensschilderung die Phantasie der Jugendlichen anregen und verderben mußte, daß sie schlum mernden niederen Instinkten und Süchten zum Durchbruch ver helfen würde, ja, daß der Trieb zur Bandenbildung und zur Auflehnung völlig und in gefährlicher Weise sehlgeleitet werden würde, das ging dabei niemandem auf. Den Absatz des Buches leitete schon im Entwurf allein die Feder des Autors. Hier in Amerika spielten dann auch die ungezählten Vieh dieb- und Gtcnzreiterromane mit Sheriffs und Banditen, Gold gräbern und zahllosen, nie fehlenden Meisterschützen, die nur den »Colt an die Hüfte zu reißen« brauchten, um ihren Gegner im Sande liegen zu sehen. Auch auf diesem Sektor dem Inhalte nach keine Abwechselung, keine neue Planung, sondern in öder Folge Buch hinter Buch, in farbenprächtigem Umschlag und sich ständig gleichbleibendem blutrünstigem Inhalt. Was nun auf dem Gebiet des Kriminal- und Wildwest romans an Fremdtümelei, Massenproduktion und Nichtachtung einfachster erzieherischer und nationaler Grundsätze angerichtet wurde, das wurde auf dem Gebiet des Liebesromans durch sen timentale und unlebendige Darstellung und wirklichkeitsfremde Zeichnung menschlichen Lebens und Erlebens verdorben. Fast immer auf der Ebene längst veralteter und überholter Problem stellungen wurde persönlichstes Schicksal in einer Weise gestaltet und verunstaltet, die das natürliche, gesunde und durch die nationalsozialistische Gemeinschaft gerade ausgcrichtcte Lebens gefühl des Lesers naturgemäß erschüttern und in Zweifel brin gen mußte. Soziale Unterschiede und Trennungen, der Leidens weg einer unehelichen Mutter, männliche und weibliche Treu losigkeit, das waren Probleme, die fast in jedem Buch die Hauptrolle spielten und deren Schilderung und Lösung mit der art kitschigen Mitteln und einem solchen Appell an die Tränen drüsen vorgenommen wurde, daß sich der kritische Leser nur mit Grausen abwenden konnte, dieses Schrifttum aber mit vollem Recht als eine Gefährdung des moralischen und sittlichen Rücken marks der Nation bezeichnet werden mußte, weil es jeder ge sunden, natürlichen Lebcnserziehung entgegenarbeitete. — Was aber das gesamte Gebiet des leichten llnterhaltungsschrifttums »auszeichnete«, war die völlige Mißachtung der Gesetze unserer deutschen Sprache, ja, ihre ehrfurchtslose Vergewaltigung aus Grund einer verantwortungslosen Unkenntnis ihrer einfachsten Regeln. — Die betreffenden Verlage sind wiederholt auf die hier geschilderten Mißstände hingewiesen worden, die gerade, was das in diesem Zusammenhang ebenfalls zu erwähnende Schmökerreihenschrifttum anbetrisft, eine erhebliche Steigerung der Jugendkriminalität nach sich zogen. — Die ursprünglich ge plante langsame Umformung und Ausrichtung von Verleger und Autorenschaft wurde durch den Kriegsausbruch überrascht. Jetzt galt es, schnell zu handeln. Dennoch konnten die Maß nahmen, die der Krieg auslöste, dem Verlag nicht überraschend kommen. Im Verlauf dieser Umstellung wurden alle Bücher aus dem Gebiet des Kriminal- und Wildwestschrifttums, soweit sie auf englischem Schauplatz spielten, Einrichtungen des englischen Staates und insbesondere der Polizei darstellten und glorifizier ten, englische Lebenshaltung schilderten und sich, was die Stel lung des Verbrechers anbelangte, in liberalistisch-demokratischen Gedankengängen bewegten, vom Verlag zurückgezogen und nicht mehr ausgelicfcrt. Die gleiche Regelung traf diejenigen Wild westbücher und amerikanischen Gangsterromane, die nach den gleichen Gesichtspunkten nicht mehr tragbar erschienen. — Von dieser Maßnahme wurden sechshundert Bücher und vierzehn der bekanntesten Schmökerreihen betroffen'). — Es muß den betref fenden Verlagen zugestanden weiden, daß sie die Notwendigkeit dieser Kriegsmaßnahme einsahen und sie ungeachtet wirtschaft licher Einbußen willig trugen. Das Eingeständnis nicht geringer schuldhafter Verantwortung mag diese Haltung nicht unwesent lich beeinflußt haben. Diese Reinigung erfordert aber auf der anderen Seite den Einsatz aller verfügbaren Kräfte zum Neuaufbau dieses Schrift tunis im nationalsozialistischen Sinne, die Neuplanung eines wahrhaft deutsch orientierten Unterhaltungsschrifttums, zu der die in Betracht kommenden Verlage hiermit von neuem ausge rufen sind! Die neue Schrifttumsgruppe muß in Form, Ausstattung und Inhalt den politischen, nationalen und sozialen Gegeben heiten unserer Zeit Rechnung tragen. Sie muß von feindstaat- lichcn Einflüssen völlig frei sein und sich, was das Gebiet des Kriminalromans anbetrisft, jeder Bezugnahme auf Scotland Dard und die englische Polizei enthalten. Im Gegenteil: die Achtung vor der deutschen Kriminalpolizei und ihren in aller Welt anerkannten Leistungen sind Grund genug, der Arbeit unserer Polizei im deutschen Kriminalroman genügend Raum zu geben. — Bei der Darstellung der Spannung zwischen Ver brecherwelt und den Organen der Obrigkeit muß eindeutig Stel lung für Staat und Polizei bezogen und die Gefahr einer fal schen Sentimentalität vermieden werden. Zur Themensrage sei besonders aus die zahlreichen neuartigen Probleme unserer Zeit verwiesen, die Stoff für eine Fülle neuer Bücher geben: die Frage der Vererbung der Verbrechercigenschaften, das Gebiet des Devisenvergehens und andere mehr. Hier kann bei Beach tung einzelner Sonderwünsche der Polizei der neue deutsche Kriminalroman wichtige Hilfs- und Aufklärungsarbeit im Kampf gegen das Verbrechertum leisten. Die sparsamste Anwendung von Gewaltschilderungen, Mor den und anderen Verbrechen wird dabei die Spannung niemals abmindern, sondern verfeinern und heben. Im übrigen ist der vorsichtige Gebrauch dieser Mittel ein Beweis für die Meister schaft des Autors. Die organische Einheit zwischen Thema, Form und Sprache, die zu gewinnen Sache des Schriftstellers ist, wird auch dem deutschen Kriminalroman wieder seinen Platz im deutschen Schrifttum zuweisen. — Die gleiche Forderung muß für den Wildwest- und Abenteuerroman erhoben werden. Die Welt der freien Prärie, der amerikanischen Wildnis und Weite soll dem Schriftsteller als Schauplatz seiner Handlung auch in Zukunft nicht verschlossen sein. Es muß ihm allerdings die Be dingung gestellt werden, daß er sich dieser fremden Landschaft und ihrer Menschen mit jener Verantwortung vor dem Schrift tum bedient, die von jedem Kulturschaffenden seinem Werk gegenüber verlangt werden muß, und daß er sich der Tragweite seiner Arbeit besonders in bezug auf die Jugend stets bewußt bleibt. Die Zeit der auf jeder Seite gezückten Colts und der nie fehlenden Schützen dürste endgültig vorbei sein! — So soll auch der einfache unterhaltende Liebesroman in Zukunft Spiegel echten menschlichen Lebens sein und sich jeder falschen, unwahren *) Die Listen dieser Bücher veröffentlicht bas »Großdeutsche Leihbüchereiblatt« Werlag des Börsenvereins.) D. Schrift!. 138 Nr. 88 Dienstag, den lg. April IStg
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder