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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.09.1921
- Strukturtyp
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- 1921-09-05
- Erscheinungsdatum
- 05.09.1921
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- Deutsch
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A« 287, 5. September 1921. Redaktioneller Teil Der schönwissenschaftliche Vorschlag ist deshalb unannehm bar, weil er Forderungen an das Sortiment stellt, ohne Mittel an zugeben, wie dieselben erfüllt werden können. Er will mit uns Abschlüsse machen, und woher sollen wir wissen, was er bringen wird? Leicht könnte bei den heutigen Verhältnissen der Fall cin- treten, daß ein Verlag auf Grund getätigter Abschlüsse uns zwin gen kann, von seinem alten Lager zu nehmen, ohne Neuheiten zu bringen. Solche Abschlüsse, in größerer Mehrzahl unterschrie ben, müssen das Sortiment vernichten. Was waren die Gründe, weswegen der schönwissenschaftlichc Verlag diesen Vertrag haben wollte? I. Wiederherstellung des Ladenpreises. II. Verbilligung der Bücher für den Konsumenten. Um dies zu erreichen, sollten beide, Verlag und Sortiment, Opfer bringen. Was erleben wir aber wieder? Der Verlag, in sich gespalten, erhöht einfach die Preise genau wie in den Juli tagen 1928 um den 287»igen Teuerungszuschlag und mehr, und das Sortiment verliert mindestens 187» seines Verdienstes. Der Konsument merkt nichts von der Verbilligung des Buches, und ein einheitlicher Ladenpreis wird auch heute nicht hergestellt, da die Preise der Verleger auch jetzt noch dauernd wechseln. Also warum das Ganze? Warum im Augenblick, da alles im Fluß, plötzlich wieder einen Damm bauen, der in den nächsten Wochen durch die Ereignisse ganz bestimmt wieder eingerissen werden muß? Warum nicht den einzig richtigen Weg beschreiten und eine geschlossene Front gegen die Außenwelt bilden? Warum nicht die einfachste und richtigste Lösung? Der Verlag kalkuliert seine Preise nach wie vor, zeigt die selben im Börsenblatt an, ebenso in den Katalogen, aber in allen Annoncen, in allen fürs Publikum bestimmten Blättern den Ver« lagspreis Plus 267» in einer Summe, ohne daß das Publikum er fährt, daß ein Teuerungszuschlag besteht, so lange, bis endlich die Verhältnisse geklärt und mit einiger Sicherheit Stabilität angenommen werden kann! Jetzt, da überall wieder Lohnbewegungen im Gange, da der Staat erklärt, die Teuerung müsse durch erhöhte Gehälter und Löhne ausgeglichen werden, da uns also Lasten drohen, die unsere Unkosten mindestens um 26—25"/» in den nächsten Wochen steigern werden, da ganz gewiß auch die Verleger wieder anders kalkulieren müssen, wie bisher, warum da wieder neue Versuche machen? Was ich immer wieder sage, ein Minimalrabatt mutz gewährt werden. Der wissenschaftliche Verlag hat 387» Plus 1s Porto und emballagefrei zugestanden, so kann der schönwissenschaftliche Ver lag Wohl 357» plus 1s Porto und emballagefrci einräumen, was aber darüber ist, muß alles freier Vereinbarung von Firma zu Firma Vorbehalten bleiben. Verringern wir dann den Teue rungszuschlag von 28 auf 187», so ist das für die Öffentlichkeit ein Abbau, und wir haben Zeit, um in ehrlicher Aussprache mit einander weiter zu arbeiten. Mit den Autoren muß ein Weg gefunden weiden, und er kann auch nicht so schwer sein, denn auch diese haben ein An recht: wenn sich schon einer findet, der sie druckt, auch die Früchte ihrer Arbeit zu ernten. Vor allen Dingen aber die Öffentlichkeit einlullcn, daß ein Teuerungszuschlag nicht mehr besteht, und Bekanntgabe der Preise inklusive Teuerungszuschläge. Bliebe noch der Wunsch einzelner zu berücksichtigen, den Ladenpreis völlig aufzuheben und das Buch als freie Handels ware zu betrachten. Alle diejenigen, die diesem Gedanken huldi gen, ahnen entweder nicht, was sie wünschen, oder arbeiten ziel- bewußt an dem Ruin des deutschen Volkes. Sobald das Buch völlig freigegeben ist, werden sich dieselben Kräfte auswirken, die sich jetzt draußen im Leben so unheilvoll betätigt haben. Das gute Buch wird bald ganz verschwinden, und seichte, oberfläch liche Literatur, die Literatur, die nur auf Geldwerte einerseits eingerichtet ist, um andererseits jedes deutsche Empfinden zu töten und das Allgemeine an seine Stelle zu setzen, wird uns bald über schwemmen. Haben wir nicht dasselbe in der deutschen Presse? Sensatio nelle Nachrichten füllen die Blätter, Berichte von Augenzeugen, ekelhafte Prozesse, Klatsch und Lokalnachrichten, ganze Seiten von Sport nehmen den größten Teil aller Blätter ein, daneben Börsennachrichten für Sie Geschäftswelt und ach, wie wenig Platz für das starke, männliche Wort, welches uns fortreitzen und aus- richten kann. Guts Blätter wollen wohl anders, können aber kaum, La sie aus Abonnenten angewiesen sind. Klagen nicht dort auch die Autoren genau so, daß das Edle schlecht bezahlt, das für die Masse Bestimmte gewinnbringend ist? Der Deutsche bewundert ja das Ausländische immer mehr als das Eigene. So hat leider in der Kunst das Ausländische so ganz und gar die deutsche Kunst überwuchert, so sängt die ausländische Literatur an, einen über großen Platz in unserer deutschen einzunehmen. Gut und gern. Solange wir das Beste von fremden Völkern übernehmen, kann es uns nur fördern, fangen wir aber erst an, unter der Maske des Künstlerischen die Erotik und den Schmutz als Kulturdokumenle zu veröffentlichen, so erleben wir, daß der Geist der Oberflächlich keit und der Lüge die tollsten Blüten treibt. Erschreckend sehen wir doch schon, wie in den letzten Jahren die Erotik sich breit gemacht hat, der verlogene Gesellschaftsroman mehr denn je eine Nolle spielt. Das Buch mit dem festen Ladenpreis soll möglichst verschwinden, damit die Bahn frei wird, — mit dem Buch als freier Ware im Volke wirken zu können. Dann wird eben nur das gekauft werden, was billig ist, was mit sensationeller Reklame bald überall zu sehen sein wird, und weil dem wahren Buchhandel an dem guten Buch nichts mehr übrigbleiben wird, muß er ein- gehen, und in ganz kurzer Zeit werden die mit Dividenden arbei tenden Verleger mit ihren Büchern im Volle herrschen. So ist der Kampf uni den Teuerungszuschlag im Grunde nur der Existenz kampf des Ideellen mit dem Materiellen gewesen. Ein Gespräch, das ich vor wenigen Tagen mit einem großen Warenhausbcsitzer hatte, mag allen Klarheit schassen. Nachdem wir uns längere Zeit unterhalten, sagte er ungefähr folgendes: »Ich verstehe ganz genau, daß der Buchhandel mit seiner unendlichen Kleinarbeit nicht ohne Teuerungszuschlag arbeiten kann, aber die Buchhändler sind doch sonst so gescheite Leute. Warum versuchen sie noch immer, in der heutigen Zeit mit dem Buche eisi Ideal zu verbinden? Das ist eben der Unsinn. Für mich ist das Buch Ware und weiter nichts, und schon jetzt erlebe ich ja, wie die Grossisten mir nachlansen und alles anbieten zu weit billigeren Preisen, wie sie beziehen können-. Letzteres belegte er durch Fakturen. Das Buch nur Ware, das ist der Kernpunkt, das Buch insbesondere als Schleuderware das Ziel, weil mit keiner Ware so sehr in die Augen springende Unterangebote gemacht werden können wie mit dem Buch. Der Sortimenter fühlt sich noch immer als Beamter und Diener des deutschen Geistes und will es bleiben. Aber wie wir erschreckend sehen, daß im politischen Leben durch unsere kurzsichtige Regierung das alte, solide, treue Beamtentum der Not Weichen wird und muß, so werden auch bald die Verleger mer ken, daß das wirkliche Sortiment bald verschwunden sein wird, wenn nicht schnell etwas geschieht, um die Flut einzudämmen. Neben der Aufgabe, das gute Buch dem deutschen Volke zu er halten, hat der Buchhandel aber auch die Pflicht, seine Angestell ten so zu bezahlen, daß sie mit Freuden arbeiten und dienen. Der Sortimenter darf nicht wieder in den Sorgenzustand der Vor kriegszeit zurückfallen, unsere Angestellten nicht wieder verelen den, wie früher. — Die Gefahr der Proletarisierung ist so hand greiflich nahe, daß wir uns hüten sollten, mit dem Gedanken zu spielen. Das Vertrauen zwischen Verlag und Sortiment mutz wieder hergestellt werden, das Publikum muß wieder das Vertrauen ge winnen, daß die Bücher überall denselben Preis haben, die Auto ren für den Buchhandel gewonnen werden durch eine ihrer Arbeit entsprechende Gewinnbeteiligung. Das kann aber nur geschehen, wenn 1. die Verleger es endlich aufgeben, die Preise künstlich billig zu halten, sondern sich entschließen, das zu fordern, was das Buch wert ist, und wenn 2. die Vollbuchhändler sich gegen die Auch-Buchhündler in der Gilde straff organisieren und diese dann Hand in Hand mit den Verlegern arbeiten, die das Buch als Geisteskind noch hegen. Mögen dann die andern ruhig oas »Morphium- verbreiten. Mancher von uns wird in diesem Kampfe auf der Strecke liegen bleiben, aber was schadet es, wenn Troja noch gerettet werden kann! W. Herman n. 1327
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