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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.02.1934
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- 1934-02-17
- Erscheinungsdatum
- 17.02.1934
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- Deutsch
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Xr 41, 17. Februar 1934. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. b. Dtschn Buchhandel. Doch zum Trohe alles Widerwärtigen gehen Marthe und Dos- kocil ihren Weg und nach einem schweren inneren Kampf stehen die beiden Menschen zum' Schluß des Romans innerlich wieder frei da. Marthe hat den Fluch, der auf ihr, ihrem Glauben nach, lastete, ab gewaschen nnd Doskocil findet den Platz neben seinem Herde frei von jenem durchsichtigen blassen Geist, der bis dahin sein Haus be wohnte und ihm die Ruhe raubte. Allein steht er znm Schluß wie der, wie er am Anfang stand. Aber eine neue Zuversicht ist in ihm: Er weiß, die Frau wird wiederkommen und dann kann ein neues Leben beginnen. Das Ganze ein Buch, das weit davon entfernt ist, die frohe Lebenskraft von »Gionos Ernte« zu atmen. Uber allem liegt das Dunkel ostpreußischer Wälder und Seen. Doch dieses Dunkel wird erhellt durch das schöne Beispiel ehelicher Treue und Gemeinsamkeit, das der Fährmann Jürgen Doskocil und Marthe uns geben. Und dieses schöne Bild, das Ernst Wiechert darin zeichnet, daß die reine Liebe zweier Menschen zum Schluß über alles Böse triumphiert, ist es, was das Buch erst zu dem macht, was es uns bedeutet und ihm erst seinen tiefen ethischen Sinn gibt. Wie verschieden dagegen das dritte Buch, von dem ich hier spre chen will, Siegfried von Vegesacks Roman »Das fressende Haus«. Während uns Wiechert nnd Giono urwüchsige, dem Boden mit allen Wurzeln verhaftete Bauern zeigen, sehen wir in Vegesacks Ge stalten entwurzelte, dem Absterben verfallene Vertreter einer über lebten Zeit. Sie wollen Bauern sein, aber all ihre höhere Kultur nnd Zivilisation, mit der sie sich einst umgeben haben und mit der sie nun auch die wirklichen Bauern umgeben wollen, lassen sie gar nicht an ihr eigentliches Ziel heran. Sie haben die Liebe zur Natur in sich, der Mann wie die Frau, doch ihnen fehlt die Kraft, durchzu- halten und so führt uns Vegesack zu einem genau entgegengesetzten Schluß als Giono und Wiechert. Bei beiden triumphiert der Mensch über die Scholle, doch bei Vegesack hat zum Schluß die Scholle den Menschen bezwungen, der sich willenlos treiben läßt. Der Roman »Das fressende Hans«, der nebenbei stark auto biographischen ttnterton hat, wie auch das »Fressende Haus« heute als Burg Weißenfels ein beliebter Ausflugsort ist, führt uns in einen weltverlorenen Winkel des bayerischen Waldes. Ein Deutsch balte, aus seiner Heimat vertrieben, wird durch einen unbekannten Zufall in diese vergessene Gegend verschlagen. Er wird, ehe er sich recht bewußt ist, Besitzer eines von dunklen Sagen umwobenen Schlosses. In dieses alte Gemäuer mit einem kleinen Stückchen Land dabei steckt er nun all seine Kraft nnd Liebe, um hier als Bauer wieder Wurzel zu fassen. Durch wundersame Fügung findet er auch hier die Frau, die, ans adeligem Geschlecht, doch entwurzelt wie er, die gleiche tiefe Liebe zur Natur hegt. So fällt er allmählich ganz dem Zauber dieser eigenartigen Landschaft mit ihren eigenartigen Menschen anheim. Er verbeißt sich mit ganzer Kraft in seinen Besitz, sein Werk, seine Erde. Doch er begnügt sich nicht mit der Erde und dem Getier, das ans ihr ist, er will höher hinaus. Den Menschen in seinen Le bensbegriffen höher empor zu führen und Licht in die dumpfen Häuser seines Dorfes zu bringen, ist sein verwegenes Ziel. Doch sein Werk und die Erde sind stärker als er, sie fressen ihn allmählich auf. Er verliert nach und nach alles und auch die Frau, die ihm bis zu letzt geblieben ist, stirbt bei der Geburt eines Kindes. Durch diesen letzten Schlag, der den nun völlig Einsamen, wieder um Heimatlosen, zunächst ganz zu Boden wirft, vollzieht sich in ihm eine innere Wandlung. Er, der nur am Diesseits gehangen, muß jetzt erkennen, daß alles bas unbeständig ist: daß nur der reich ist, der nichts in den Händen hat, desto mehr aber im Herzen bewahrt, und daß es vergeblich ist, gegen das Schicksal anznkämpfen, wenn man sich auch noch so kraftvoll glaubt. Er muß zum Schluß dieses große Unbekannte, nennen wir es Schicksal, oder Gott, oder wie sonst, anerkennen, das er bisher stets geleugnet hat. Und jetzt, fast zu spät, erkennt er, daß Pytt, die Frau, doch den besseren Weg gewählt hat; denn er fühlt, sie ist nicht gestorben, sie ist in sein Innerstes überge- gangen. Besiegt von der Scholle, die ihn verschmäht hat, aber mit der Erkenntnis dieser neuen Welten im Herzen zieht er von dannen, um eine neue Wanderschaft anzutreten und aufs neue den Boden zu suchen, ans dem auch er, der Heimatlose, noch einmal Fuß fassen kann. Die drei Bücher, von denen ich hier gesprochen, sind grundver schieden in ihren Menschen und ihren Lebensanschannngen. Nur ein großes Gemeinsames haben sie alle: Die schicksalbestimmte Einheit von Mensch und Tier nnd Erde in ihrer unabänderlichen Gesetzlich keit, wie Frank Thieß sich ansörückt, und sie alle weisen uns den Weg zurück zu dem Einen, daraus der Mensch hervorgeht, immer wieder neue Kraft schöpft und wohin er einst znrückkehrt, zur ewig jungen Mutter Erde. Von der deutschen Sprache. (Wichtiges aus der Presse.) Sprachgemeinschaft und Volksgemeinschaft. Im Nahmen der »Deutschen Abende« der Gesellschaft für- deutsche Bildung und des Z e n t r a l i u st i t u t s für Er ziehung und Unterricht suchte der Nostocker Sprachforscher- Professor L. Weis gerb er (nach einem Bericht in der Berliner Börsenzeitung vom 13. Februar) in einem Vortrag die Frage des Verhältnisses von Sprachgemeinschaft und Volksgemeinschaft zu lösen. So führte Professor Weisgerber aus, daß die Zeit um 1800 dem verblaßten Begriff »Volk« einen neuen Inhalt geben wollte. Herder, Humboldt, Fichte u. a. sahen das Volk durch die gemeinsame Sprache gekennzeichnet. Ernst Moritz Arndt z. B. sah in der Sprachgrenze die einzig natürliche Grenze der Völker. Tie Linie dieser Entwick lung brach ab. — Leider. — Erst nach dem großen Krieg tauchte die Frage wieder auf, wie immer in Zeiten äußerer Bedrängnis ein Be sinnen auf die tiefsten Kräfte des Volkes einsetzt. Zu diesen tiefsten Kräften gehört aber die Muttersprache. So war es eigentlich selbst verständlich, daß das Verhältnis Sprache -- Volk mit in die vorderste Front gerückt wurde in den Problemen unserer Zeit. So wurde in der Zeit vor hundert Jahren wie auch jetzt die Sprache als ein Merkmal des Volkes betrachtet. Bemerkenswert ist, daß die oben ge nannten Männer auch damals den Rassegedanken nicht vergaßen. Die schwerste, aber dankbarste Aufgabe ist cs nun wohl, Nassegedankeu und Sprachgedaukeu zu einer fruchtbaren Vereinigung zu führen zum Zwecke der Erneuerung des Volkes. Professor Weisgerber sagt weiter, daß die Menschheit sich in Sprachgemeinschaften gliedere, die die Grundformen menschlicher Gemeinschaft überhaupt seien. Die Sprach gemeinschaften wieder bezeichnet er als die langlebigsten geschichtlichen Gebilde, sie überdauern politische Wandlungen, Höhen- und Tief punkte der Kultur eines Volkes. Und darein setzen auch wir unsere Hoffnung, daß uns die vielen Millionen Deutschen jenseits der Grenze nicht verloren sind. 152 Darin sieht Weisgerber auch den Wesenszusammenhang zwi schen der Grundform der Sprachgemeinschaft und der Volksgemein schaft. Die erstere ist die unentbehrliche Voraussetzung und der natür liche Nahmen für die letztere. Diese Volksgemeinschaft aber erwächst, wenn die sittlichen Aufgaben, die sich aus gleichem muttersprachlichem Weltbild ergeben, ihrer Lösung entgegengeführt werden. Unsere Auf gaben darum sind: die volkhaften Kräfte der Sprachgemeinschaft zu größerer Entfaltung zu bringen, die Muttersprache zu pflegen und weiter zu entwickeln. Sprache als Ausdruck der Gesinnung. Der Völkische Beobachter vom 6. Februar veröffentlicht eine in teressante Arbeit von vr. Tassilo Schultheiß über das genannte Thema. Seine Ausführungen erscheinen uns so wichtig, daß sie hier Erwähnung finden sollen. Der Verfasser sieht in der Wissenschaft der Sprache bis jetzt ungenützte Erkenntniskräfte, die in den Dienst der nationalen Festigung und der nationalen Arbeit gestellt werden müs sen. Die ältere Wissenschaft sah in der Sprache wohl meist eine An wendung der logischen Gesetze. Der Liberalismus verknüpfte Sprache mit Ästhetik. Für uns aber muß die Sprache ein nationales ethisches Gut sein. Das ist die Aufgabe einer deutschen Sprachwissenschaft, das ethische Wesen der Sprache mit wissenschaftlicher Genauigkeit heraus- zustcllen, und das soll das Ziel sein: die Gruuderkenntnisse, die unser Volkstum betreffen, erfaßt, verstanden und gelebt zu wissen von allen Deutschen. Nach einer kurzen Stellungnahme zu dem Buch »Die Sprache als Bildnerin der Völker« von Georg Schmidt-Rohr fährt der Ver fasser fort: »Wer au die Sprache als an sein Schicksal glaubt, der kann sich zu unserer Überzeugung nicht bekennen, daß das Volk sein Schicksal selbst baut, cs selbst bauen kann, weil der Wille des ethisch gerichteten Menschen frei ist. Die spielerisch veranlagten Seelen, denen auch die Sprache nur ein geistreiches Spiel ist, mögen für sich selber mit dem Glauben recht haben, daß die zufällige Beschaffenheit ihrer Sprache ihr Schicksal sei, sie sollen aber ihren Glauben'nicht einem Volke auföräugeu. Jhueu mag die Sprache der tiefste Urgrund ihres (Fortsetzung f. S. 151.)
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