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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.02.1926
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- 1926-02-23
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- 23.02.1926
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45. 23. Februar 1926. Redaktioneller Teil. Es wäre aber vielleicht zweckmäßig, Sachverständigengutachten für die Objektivität der Darstellung anzubieten. Selbstverständlich kann es sich dabei nicht darum handeln, eine absolute Objektivität nachzu- weisen, denn jedes Buch ist die subjektive Arbeit eines Autors, son dern es kann lediglich verlangt werden, daß nicht einseitig zugunsten einer bestimmten Firma versteckte Reklame gemacht wird, sodaß die selbstverständliche Subjektivität des Verfassers zur bewußten Partei nahme wird. Einen weiteren Angriffspunkt scheint mir das Erfordernis der > u „richtigen Angaben« zu bieten, das in 8 3 ebenfalls statu iert ist. Also erst wenn die Reklame zur Vorspiegelung unwahrer Tatsachen greift, kann sie vom Unlauteren Wettbewerbsgesctz ersaßt werden. Nun lehnt aber das Urteil des hiesigen Landgerichts aus drücklich das Vorlicgen ^sachlicher Unrichtigkeit« ab und nimmt lediglich »formelle Unzulänglichkeiten« an. Meines Erachtens lassen sich aber »unrichtige Angaben« und »formelle Unzulänglichkeiten« nicht auf eine Stufe stellen. Allerdings ist bei Prüfung der Frage, ob eine Angabe unrichtig ist, davon auszugehen, in welchem Sinne das Publikum diese Angaben auffaßt, für das sie bestimmt sind. Es ist sehr wohl denkbar, daß auch bloße formelle Unzulänglichkeiten, wenn sie allzu stark ins Gewicht fallen, irrige Vorstellungen beim Publikum Hervorrufen, sodaß beispielsweise auch die durch eigentümliche Dar stellung verschleierte unzutreffende Angabe unter den Tatbestand des unlauteren Wettbewerbs fällt. Aber immer ist doch Erfordernis eine tatsächliche Unrichtigkeit, nicht eine bloße Unzulänglichkeit. Wo hin sollte dies praktisch führen! Um bei Ihrem Falle zu bleiben, denke man an den Landkartenvcrlag. Der eine Verlag liefert Karten in bes serer Ausführung als der andere; soll nun etwa eine staatliche Kraft verkehrslinie oder die Reichsbahn das Recht haben, Karten des weniger gut arbeitenden Verlegers am Vertrieb zu verhindern, weil dieser sich beispielsweise nur einer zweitklassigen Druckerei bedienen kann, der es bei ihren beschränkten drucktechnischen Mitteln nicht möglich ist, die Linienführung so deutlich hcrauszuarbeiten, wie es im Interesse einer einwandfreien Unterrichtung des Publikums wünschenswert wäre? Aber nicht nur Unzulänglichkeiten, sondern sogar tatsächliche Unrichtig keiten sind im Kartenverlag außerordentlich häufig anzutreffen. Selbst die sogenannten Generalstabskarten enthalten nachweisbare Unrichtig keiten, und wieviel mehr gilt dies erst von den im Privatverlag er scheinenden Karten. Erst kürzlich ist mir ein Fall vorgekommen, wo eine bereits seit zehn Fahren existierende Nebenbahuliuie in der amt lichen Karte nicht eingezeichnct war. Besonders verschlimmert ist der Zustand durch die neue Grenzführung, namentlich Polen gegenüber, wo heute fast bei jeder Karte tatsächliche Unrichtigkeiten anzutreffen sind. Dies gilt alles von Karten, die dem neuesten Stande entsprechen sollen, muß aber selbstverständlich erst recht gelten, wenn ausdrücklich gesagt wird, daß die betreffende Karte dem Stande eines bestimmten Zeitpunktes entspricht, also in Ihrem Falle dem Stande des Luft fahrverkehrs um Ostern 1925. Die ganze spätere Entwicklung des Luftverkehrs, die insbcsoirdere auch in den amtlichen Fahrplänen, die dein Buch am Schluß beigefügt sind, zum Ausdruck kommt, hat bei der Beurteilung der strittigen Karte außer Betracht zu bleiben. Über dies ist jedem Kenner des Verlagsgewerbes bekannt, daß es sehr wohl möglich ist, am Schluß des Buches noch Angaben anzufügcn, die zur Zeit der Niederschrift, insbesondere der Herstellung von Karten noch nicht Vorlagen. Hierzu kommt aber, daß die amtlichen Fahr pläne zunächst auch nur theoretische Bedeutung hatten, denn wer bei Herausgabe dieser Fahrpläne sich darauf Hätte verlassen wollen wie aus das Kursbuch, hätte bittere Enttäuschungen erlebt. Ich nehme an, daß dies vom Reichsverkchrsministerium, das hierüber gutachtlich zu Horen wäre, unbedingt bestätigt werden würde. Jedenfalls ist es ein Unding, die sachliche Nichtigkeit bzw. technische Unzulänglichkeit der Karte ohne Zuziehung von Sachverständigen beurteilen zu wollen. Der kritische Zeitpunkt ist, wie gesagt, Ostern 1925 und allein der da malige Stand des Luftverkehrs maßgebend. Der § 3 erfordert aber weiterhin, daß die unrichtigen Angaben geeignet sind, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hcrvorzurufen. Unter einem Angebot versteht man eine Vcrtrags- offerte, durch deren Annahme seitens des Adressaten ein Vertrag zu stande kommt. Es ist mir unerfindlich, worin bei einer Karte, die eine Übersicht über den mitteleuropäischen Luftverkehr geben soll, das Angebot liegt. Man könnte höchstens in einem solchen Karten werk die Aufforderung erblicken, die darin angegebenen Linien zu benutzen, das kann man aber nur dann, wenn man annimmt, daß das ganze Buch auf Reklame abgestellt ist. Denn es wird keinem Menschen einsallen, wenn er in einem Atlas eine Karte findet, auf der die Schissahrtslinien cingczeichnet sind, darin eine Offerte zum Abschluß 242 eines Vertrags mit einer Schiffahrtsgesellschaft zu erblicken. Wenn aber überhaupt der Leser eines solchen Buches den Entschluß fassen sollte, den Luftverkehr in Anspruch zu nehmen, so wird er sich nicht nach einer solchen Karte, sondern nach dem am Schlüsse des Buches keiner Weise benachteiligt. Damit ist zugleich die Frage beantwortet, ob, wenn überhaupt ein Angebot vorläge, dessen Wirkung auf den Verkehr, d. i. die Becin flussungsmöglichkeit auf das in Betracht kommende Publikum, derart ist, daß man von einer sittenwidrigen Wettbewerbshandlung sprechen müßte. Damit komme ich zu der Generalklausel des 8 1, die ja viel weiter geht als der 8 3, der meines Erachtens aus den an gegebenen Gründen völlig unanwendbar ist. Aber auch 8 1 erfordert sittenwidrige Handlungen, die im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs vorgenommcn werden. Gewiß ist es nicht erfordcr lich, daß die Wettbewerbshandlung durch den Konkurrenten, also die Junkers-Werke bzw. den bei ihr angestellten Autor vorgcnommen werden, sondern es genügt auch die Tätigkeit eines Mittäters, Gehilfen oder Begünstigers. In diesen zuletzt genannten Begriffen liegt aber zugleich die Abgrenzung gegenüber der Tätigkeit einer Person, die weder fremden Wettbewerb als Gehilfe oder Begünstiger unterstützen, noch eigenen Wettbewerb als Mittäter begehen will. Es müßte Ihnen also nach strafrechtlichen Grundsätzen nachgewiescn werden, daß Sie zumindest die Absicht der Förderung fremden Wettbewerbs gehabt haben. Das Urteil des Landgerichts schweigt sich über diesen Punkt völlig aus, wie es überhaupt als Urteil auf eine ergangene einstweilige Verfügung erfahrungsgemäß nicht allzu sorgfältig begründet ist und der Beweisgrundlage in erheblichem Umfange entbehrt. Der Nach weis der Förderung fremden Wettbewerbs kann natürlich in der ver schiede,lstcn Art und Weise geführt werden. Wenn man Ihnen z. B. beweisen könnte, daß Sic von der Junkers-Gesellschaft bei der Heraus gabe des Buches finanziell unterstützt worden wären, oder daß sich die Junkers-Gesellschaft verpflichtet hätte, einen größeren Teil der Auslage bestimmt abzunehmen, dann könnte man wohl auf das Vor liegen einer Wettbewcrbshandlung schließen. Dies alles ist jedoch nach Ihren Angaben nicht der Fall, und deshalb kann dem Gegner diese Beweisführung nicht gelingen, womit eo ip8o die Anwendbarkeit des Unlauteren Wettbewerbsgcsetzcs entfällt. Es würde dann vielmehr der von Fuld, »Das Neichsgesctz gegen den unlauteren Wettbewerb Seite 43 ausgesprochene Satz gelten: »Von einem Wettbewerb kann unmöglich gesprochen werden, wenn die von den betreffenden Personen verfolgten Ziele aus ganz verschiedenen Gebieten liegen«. (Vgl. F-uld a. a. O. Seite 303.) Aus die Unanwendbarkeit des 8 14, der die sogenannte Anschwär zung unter Strafe stellt und der vom Amtsgericht herangezogen wor den ist, brauche ich nicht näher einzugehen, weil bereits das Landgericht diesen Paragraphen hat fallen lassen. Nunmehr wende ich mich der prinzipiellen Frage zu, die nicht nur in Ihrem Falle interessiert, sondern für den gesamten Ber- lagsbuchhandel von Wichtigkeit ist: inwieweit der Verleger für den Inhalt eines Buches verantwort lich gemacht werden kann. Die Beantwortung ergibt sich zum größten Teil schon aus den vorstehenden Ausführungen. Da das Urteil des Landgerichts eine strafbare unlautere Wcttbewerbshandlung nach 8 4 des Unlauteren Wettbewerbsgesetzes nicht annimmt, bedarf es auch keiner Heranziehung des dritten Abschnitts des Preßgesetzes, der die strafrechtliche Verantwortlichkeit für die sogenannten Preß delikte regelt und insbesondere in 8 21 eine subsidiäre Sukzessivhaftung wegen Fahrlässigkeit seitens des verantwortlichen Redakteurs, des Verlegers, des Druckers und des gewerbsmäßigen Verbreiters vorsieht. Zivilrechtlich kämen in erster Linie die Vorschriften über unerlaubte Handlungen, insbesondere 8 823 und 8 826 BGB., in Frage. Für deren Anwendbarkeit ist aber unter allen Umständen ein Verschulden des Verlegers notwendig, das vielleicht darin erblickt werden könnte, daß Sie entgegen der Anweisung des Verfassers aus drucktechnischen Gründen und aus Gründen der Verbilligung eine einfarbige Karte haben Herstellen lassen. Meines Erachtens müssen Sie besonders aus führlich dartun, warum Sie in diesem Punkt von der Vorschrift des Verfassers abgewichen sind. Allerdings folgt hieraus, daß der Ver fasser selbst jedenfalls einen unlauteren Wettbewerb nicht beabsichtigt hat, sodaß es um so mehr des Nachweises bedürfte, iveshalb Sic selbst unlautere Wettbewerbshandlungen begangen haben sollen. Können Sie diesen Punkt einwandfrei aufklären, so ist es ausgeschlossen, bei Ihnen ein Verschulden sestznstellen, wodurch die Vorschriften über unerlaubte Handlungen ohne weiteres unanwendbar werden, während in 8 1 des Unlauteren Wettbewerbsgesetzes ein Verschulden nicht ge fordert wird, sondern schon ein lediglich objektiver Verstoß genügt. 8 1 ist aber aus den vorstehend angegebenen Gründen unanwendbar.
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