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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.08.1920
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1920-08-07
- Erscheinungsdatum
- 07.08.1920
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
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»Es mag für Sic wissenswert sein, baß das Verhalten der deut schen Verleger und Sortimenter so unbefriedigend und unhaltbar während der letzten Monate war, daß viele von uns sich völlig weigerten, irgendwelche Aufträge ihnen zu erteilen. Wir verstehen selbstverständlich, dass die herrschenden Verhältnisse die Herstellungs kosten außerordentlich gesteigert haben, und daß ein Ausfuhrzoll aus verschiedenen Handelsartikeln liegt. Gleichwohl haben die meisten von uns die bestimmte Absicht, zur gegenwärtigen Zeit fremde Zeitschriften und Bücher nicht anzuschaffen, wenn die Rech nungen in Dollar ausgestellt sind, und zu einem Kurse, so exorbi tant, daß cs widersinnig erscheint. Zum Beispiel erhalte ich kürzlich eine Rechnung über 9 Dollars für eine kleine Broschüre, die in Deutschland für 1.50 verkauft wird. In einem anderen Fall er hielt ich eine Rechnung über 1400 für einen einzigen Band einer Zeitschrift, die Ihnen wohl bekannt ist. Das sind Illustrationen der charakteristischen geschäftlichen Methoden, die die norddeutschen Ver leger verwenden. Die gleichen Tricks werden in Verbindung mit Zeitschriften gemacht. Ich habe das Verhalten der süddeutschen Verleger davon ganz verschieden gefunden. Sie scheinen bereit zu sein, ihre Bücher mit einem Gewinn, gewiß sehr reichlich, zu vcr- lausen, aber unter der Bedingung des lausenden Kurses. Einige der britischen Verleger haben in ähnlicher Weise versucht, ihre Bücher «nd Zeitschriften zu Dollarprciscn zu verkaufen. Sie haben jedoch Widerstand erfahren. Ich erwähne diese.Tinge, weil ich weiß, daß Sie den Geist, der hier herrscht, würdigen, und ich denke, Sie werden verstehen, welche Haltung sich hier wahrscheinlich entwickeln wird, wenn diese Art von Geschäft in der Verbreitung wissenschaftlicher Bücher und Zeitschrif ten anhalten sollte.« Der Berliner Ordinarius der Staaiswissenschaften Professor Ludwig Bernhard Hai sich, einer Aufforderung holländi scher Freunde entsprechend, vom 9.-I8. Juli in Holland aufge halten, um sich dort über den Zusammenhang von Valutabewe gung und internationalem wissenschaftlichem Verkehr zu unter richten. In einem für den preußischen Kultusminister bestimm ten Bericht schreibt er unter anderem über den »Valutazuschlag auf deutsche Bücher und die öffentliche Meinung in Holland« und begleitet eine Abschrift dieses Berichts an seinen Verleger mit folgenden Zeilen: »Von der Erbitterung, welche der Va lutazuschlag im Auslande bewirkt, macht man sich in Deutsch land keine rechte Vorstellung, und cs scheint mir doch erwünscht, eine Aktion einzuleiten«. Der Teil des Berichts lautet: »Im Anschluß an diese Mitteilungen aber darf ich nicht ver schweigen, daß die öffentliche Meinung in Holland den Hilfsaktionen für die deutsche Wissenschaft keineswegs so günstig gegcnüberstcht wie noch vor wenigen Monaten. Denn die Bücherpolitik, die der Börsenvercin für den Deutschen Buchhandel im Einvernehmen mit der deutschen Neichsregierung seit dem Januar dieses Jahres ver folgt, erweckt überall Erbitterung. .Warum bin ich deutschfreundlich? — Goethes wegen!', sagte mir vor einigen Tagen ein holländischer Gelehrter, und er fügte hinzu: .Das deutsche Buch war das einzige deutsche Mittel, bas seine Auslandwirkung durch den Krieg nicht verloren hatte. Jetzt wird auch diese Wirkung durch die deutsche Vllcherpolitik gefährdet'. Als ich im Dezember vorigen Jahres Holland verließ, war das deutsche Buch im Begriff, alles Französische und Englische in den Hintergrund zu drängen. Jeder gebildete Holländer benutzte die billige Mark, um sich eine deutsche Bibliothek anzulcgen. Deutsch land hätte für seinen Geist und seine Kultur keine gewaltigere Propaganda entfalten können, als es durch den Sturz der Valuta geschah. Seit Januar 1020 hat sich das völlig gewendet: 1. Die steigenden Produktionskosten haben unsere Bllchcrprcisc so schnell in die Höhe getrieben, daß sie jetzt den Weltmarktpreisen nahckommcn und die französischen Bücherprcise llbcrtrcssen. Da hierauf noch ein Zuschlag gelegt wird, der beim jetzigen (Mitte Juli) Stande der Mark 200°/> Valutaausglcich 30°/,-Verlagszuschlag*) 8"/, Unkostenznschlag also"238< beträgt, so ist daS deutsche Buch gegenüber den, fran zösischen ko n kn r.r c n z u n s ä h i g geworden. Es wäre eitle Selbsttäuschung, wenn man glauben wollte, die deutsche Litc- *) Wohl «in« Verwechselung mit dem Sortimenterzuschla-, der, vom Ganzen berechnet, doppelt so.hoch ist. rütur könne nicht konkurrenzunfähig werden, da sie dem Nuslande unentbehrlich sei. Das mag für einen kleinen Teil der deutschen Bücher gelten, der größte Teil aber wird jetzt mit überraschender Schnelligkeit durch die französische Literatur verdrängt. Die Fran zosen nutzen diese Lage eifrig aus; Prospekte srauzüsischcr Verleger, Ansichtssendungen französischer Buchhändler werden verbreitet, und die ^-iliunco krsnyaiso unterstützt diese geschäftliche Arbeit. 2. Besonders hart werden die deutschfreund lichen Ausländer getroffen, die von jeher gewohnt waren, Bücher aus Deutschland zu beziehen. Es ist in diesen Kreisen allgemein und seit vielen Jahren üblich, daß sie in Deutschland Bankkonten, sogenannte Bibliothekskontcn, unterhielten. Nachdem der deutsche Valutasturz diese Konten um fast 90°/, entwertet hat, werden jetzt die Kontoinhaber durch den Valutazuschlag noch beson ders getroffen. 3. Schlimmer aber als die Verteuerung ist die durch die Ver- kanfSordnung entstandene Erschwerung des Verkehrs mit deutschen Büchern. — Ein deutscher Schriftsteller z. B., der ein Buch an ausländische Kollegen senden will, hat heute soviel For malitäten zu erfüllen, daß er meist auf das Uniernchmcn verzichten wird. — Ein ausländischer Schriftsteller, der seine Bücher bisher in Deutschland verlegte, kann nicht einmal die ihm vertraglich zu- kommendcn Freiexemplare ohne weiteres erhalten. Derartige Beispiele lassen sich vermehren, und cs ist kein Zwei fel, daß diese künstliche Hemmung des deutschen Biichcrvcrkchrs cS dem deutschen Gelehrten erschweren wird, die zerrissenen internatio nalen Fäden anzuknüpfen. 4. Deutsche .Ansichtssendungen', die für die geistige Berührung mit dem Auslande so wichtig sind, werden durch die Handhabung des Valutaausgleichs so riskant, daß die ausländischen Buchhändler allmählich auf alle deutschen Sendungen, die nicht fest bestellt sind, verzichten. 5. Durch den Balutazuschlag wird das Ansehen der deut schen Verleger im Auslande bedroht. Tie Holländer wenigstens glauben allgemein, daß hinter der ganzen Einrichtung die Gewinnsucht der großen deutschen Verleger stehe. Durch Nund- schrcibcn deutscher Exportbuchhandlungen wird diese Meinung im Auslande noch verstärkt. In dem Rundschreiben einer Leipziger Exportbuchhandlnng heißt cs zum Beispiel: ,Es erfolgen also auch die Lieferungen der Verleger an die Sortimenter und Exportbuch handlungen mit dem vörgeschriebencn Ausschlag, die Preiserhöhung bedeutet mithin keinen Mehrgewinn für den letzteren, dem die Aufschläge voll berechnet werden'. Gerade in den Tagen, als ich in Holland war, wurde in Amster dam in der.Vereeniging tcr bcvordcring van de belangen des Bock- Handels' ein-Antrag deS schweizerischen BuchhändlcrvcreinS erörtert, der dazu aufsorderte, den ganzen A u s l a n d s v e r- kchr der größten deutschen Verleger zu boykot tieren. 6. Die deutsche Verkaufsordnung hat einen Bll- ch e r s ch l e i ch h a n de I entstehen lassen. Belgische Händler bieten deutsche Bücher zu billigerem Preise an, schädigen dadurch die soliden ausländischen Buchhändler und schrecken sie vom Handel mit deutschen Büchern ab. Anscheinend beziehen die belgischen Schleich händler die deutschen Bücher aus dem besetzten Gebiet. Das sind die Gründe, die heute den Ausländer veranlassen, von einer ,S e l b st b l o ck a d e der deutschen Kultur' zu sprechen, und die eine Revision der geltenden Bestimmungen erwünscht machen. Ich gestatte mir, zwei Vorschläge zu machen, und cs scheint mir, daß auch diejenigen Sachverständigen, welche die Vcrkanssordnung vom Januar 1920 noch heute sür eine zweckmäßige Maßnahme hal ten, damit einverstanden sein können: 1. Zunächst — und zwar möglichst sofort — sollten die öffentli chen wissenschaftlichen Bibliotheken Hollands vom Valutazuschlag befreit werden. Das ist in Anbetracht der sehr guten Organisation des holländischen Bibliothekswesens technisch leicht möglich, fällt pekuniär und .bücherpolitisch' für Deutschland nicht nachteilig ins Gewicht und würde den deutschen Bestrebungen in. Holland zustatten kommen. 2. Alsdann aber müßten sobald wie möglich über den Abbau des Balutazuschlagcs erneute Beratungen stattfinden.« Dieser ernste und wohlmeinende Bericht eines deutschen Ge lehrten wirkt geradezu erschütternd und dürfte auch dem hart näckigsten Anhänger unserer Auslandordnung endlich die Augen offnen. Wir werden Jahre brauchen, um den Verlust an An sehen und an Werten, die wir in den wenigen Monaten unter der Geltung der Auslandordnung aufs Spiel gesetzt haben, wiedcrzugewinnen, einer Ordnung, die, einer kurzsichtigen, selbst gefälligen und mammonistischen Augenblickspolitik entsprungen,
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