Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.06.1938
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1938-06-16
- Erscheinungsdatum
- 16.06.1938
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19380616
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-193806163
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19380616
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1938
- Monat1938-06
- Tag1938-06-16
- Monat1938-06
- Jahr1938
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel Nr. 137 (N. 67) Leipzig, Donnerstag den 16. Juni 1838 165.Jahrgang Zur Lage des wirtschaftswissenschaftlichen Schrifttums Bemerkungen zu dem Aufsatz von Dr. G. Weißer in Nr. 126 des Börsenblattes von Dr. F. Lütge Unter dem obigen Titel hat 2r. Weißer kürzlich Aus führungen gebracht, die zweifellos den Finger auf eine recht unbefriedigende Situation legen; wohl niemand wird bestreiten, daß W. im wesentlichen vollkommen recht hat. Wenn hier noch einmal zu dem gleichen Thema das Wort ergriffen wird, so deswegen, um diese Ausführungen noch einmal ausdrücklich zu unterstreichen und darüber hinaus noch einige andere Gesichts punkte zur Geltung zu bringen, die vielleicht dazu beitragen, noch weiter klärend zu wirken. W. stellt sehr richtig fest, daß schon seit längerer Zeit auch die besten wirtschaftswissenschaftlichen Bücher einen außerordent lich schlechten Markt haben. Sie »gehen« nicht. Die Fortführung einer verlegerischen Tätigkeit aus diesem doch wirklich nicht un wichtigen Gebiete ist überhaupt nur möglich gewesen und ist auch jetzt nur noch möglich einmal durch große Opfer der Ver leger (größere, als die meisten wohl vermuten) und zum andern durch »anderweitige« Finanzierung (Druckkostenzuschüsse usw.). W. kommt zu dem Ergebnis, daß weder die buchhändlerische Propaganda noch die Preispolitik der Verlagsbuchhandlungen an der unbefriedigenden Lage schuld seien. Niemand, der die Verhältnisse kennt, wird bestreiten können, daß W. damit vollkommen recht hat. Auf eines sei jedoch hin gewiesen: Es ist m. E. viel zu wenig gewürdigt worden, daß diese Zustände zu einer gar nicht so unbeträchtlichen Umschich tung im deutschen wirtschaftswissenschaftlichen Verlagsbuchhandel geführt haben. Die guten, auf eine längere wissenschaftliche und verlegerische Tradition zurückblickenden Berlage, die gewohnt waren, ihre Unternehmungen selbst zu finanzieren, sind notwen digerweise etwas in den Hintergrund getreten, jedenfalls was die Quantität der Neuerscheinungen anbelangt, und dafür sind, was die Zahl der Veröffentlichungen anbclangt, kleinere oder bisher auf anderen Gebieten tätige Verlagsbuchhandlungen vor gerückt, die nicht in der Lage und vielleicht da und dort auch gar nicht willens sind, eigene Mittel in solchen Publikationen festzulegen und die also mehr oder weniger mit fremden Mitteln arbeiten. Und diese Mittel werden entweder von den Autoren selbst in Form von sog. Druckkostenzuschüssen (die oft genug nicht nur Zuschüsse sind) aufgebracht, oder sie stammen aus den Geldern irgendwelcher mehr oder weniger amtlichen Stellen. Eine Finanzierungsmcthode, die für gewisse Ausnahmefälle ge rechtfertigt ist, ist weithin zur Norm geworden. G. W. berührt diese Dinge ganz kurz, aber mir scheint, daß er diese Frage unterschätzt und daß gerade von hier aus mit jener offen zutage liegende Mißstand erklärt werden muß. W. kommt zu dem Ergebnis, daß die Ursache für diese Mißstände nicht auf der Seite de^Produktion, sondern auf seiten der Nach frage liegt, also bei den Bllcherkäufern, wobei er in erster Linie — und sachlich durchaus mit Recht — an die Tatsache erinnert, daß die Praxis sich in einer gar nicht mehr berech tigten Weise der Wissenschaft verschließt, ihre Ergebnisse einfach qicht mehr kennt und ein kaum zu überwindendes Mißtrauen gegen die »Theorie« hat. Ohne die Berechtigung dieser Ausführungen bestreiten zu wollen, möchte ich doch die Frage aufwersen, ob nicht auch aus seiten der Produktion, also nicht nur auf seiten der Käufer, nach der Ursache jener beklagten Erscheinung gesucht werden muß. Knüpfen wir dabei an die Ausführungen von W. an. Es sei noch einmal betont: er hat durchaus recht, wenn er sagt, daß es dem Praktiker weitgehend an der Zeit zum Lesen fehlt, aber auch an dem Willen dazu. Über W. hinausgehend möchte ich aber die Frage aufwerfen: Unterliegt nicht der Praktiker dieser Ver suchung deswegen so leicht, weil er geneigt ist, seine wissenschaft liche Ausbildung als mit dem Staats- oder Doktorexamen ab geschlossen anzusehen? Wenn er dann im Verlause seiner Tätig keit merkt— was niemals, auch durch den besten Hochschul- untcrricht, vermieden werden kann —, daß diese Ausrüstung nicht in allen Lagen zureicht, dann ist er leicht geneigt, die Schuld daran »der« Wissenschaft, «der« Theorie zuzuschieben, statt sich selbst zu fragen, ob nicht etwa seine eigene wissenschaft liche Ausrüstung und Ausbildung lückenhaft ist. Diese Frage scheint mir gerade bei vielen derjenigen Wirtschaftspraktiker an gebracht zu sein, die ihr Studium in jenen Jahren der Nach kriegszeit abgeschlossen haben, in denen allzu geringe Anforde rungen gerade an den Erwerb des »vr. rer. pol.« gestellt wur den. Statt hieraus die Konsequenzen zu ziehen, daß man sein ganzes Leben lang an einer Vervollkommnung auch der wissen schaftlichen Ausrüstung zu arbeiten hat, wird vielfach der Schluß gezogen, daß es richtiger sei, sich rein auf die Erfahrungen der Praxis zu verlassen, — und damit wird dann verzichtet auf den Erwerb von wissenschaftlichen Erkenntnissen, die es ermög lichen, gerade die in unserer Zeit so schnell wechselnden wirt schaftlichen Situationen von höherer Warte aus zu durchdenken und zu meistern. Also liegt die letzte Ursache doch bei den Käufern, also auf seiten der Nachfrage, wie W. meint? Sicher zu einem großen Teil, und dafür gelten neben den Gründen, die W. angeführt hat, wohl auch jene Momente, die hier ergänzend hinzugefügt wurden. Aber eben doch wohl nicht allein. Ich sehe auf seiten der Produktion, d. h. also auf seiten der Verlagstätigkeit, einen anderen außerordentlich wichtigen Grund, eben in dem oben berührten Umsichgreifen der Finanzierung mit fremden Mitteln. Diese Methode würde, wenn wir nicht das Schicksal der älteren, »solideren« Verlage, sondern die Lage des wirtschaftswissenschaft lichen Schrifttums ins Auge fassen, erträglich sein, ja als gerechtfertigte Subventionspolitik angesehen werden können, so fern es sich dabei wirklich um wertvolles Schrifttum handeln würde. Aber das ist ja nicht der Fall, weitgehend jedenfalls nicht. Und darin sehe ich einen der verhängnisvollsten Faktoren. Es bedarf hier Wohl nicht näherer Einzelnachweise dafür, daß das, was heute an wirtschaftswissenschaftlicher Literatur er scheint, gerade mit Hilfe jener Subventionen, vielfach ohne be sonderen Wert ist. Die Zahl der »Eintagsfliegen« ist erschreckend groß, das weiß jeder, der die wirtschaftswissenschaftliche Literatur verfolgt. Es besteht bei vielen Stellen der Ehrgeiz, mit einer »Reihe« an die Öffentlichkeit zu treten. Es werden demgemäß nicht nur Schriften herausgebracht, die noch nicht ausgereift sind, denen es an einer wirklichen wissenschaftlichen Fundierung fehlt, sondern es tritt daneben ein in diesem Ausmaße un gesunder Zug, Schriften »anzuregen«. Gleichsam auf Bestellung werden Schriften verfaßt, oft genug übereilt fertiggestellt und auf den »Markt« geworfen. Dabei herrscht oft die subjektiv zwei fellos ehrliche Absicht, Bücher für die »Praxis« herauszubringen. Aber warum finden auch diese Bücher einen so geringen Absatz? Weil sie eine zu geringe wissenschaftliche Tiefe haben, weil sie an Tagesfragen hängen bleiben, deren Behandlung im Rahmen eines Zeitschriftenaufsatzes genügen würde! Und nun verbinde man damit den Zeitmangel des Prak tikers und sein an sich schon bestehendes Mißtrauen gegen das Buch! Was ist die Folge? Es ist ihm ja von vornherein gar nicht Nr. 137 Donnerstag, den 16. Juni 1938 485
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder