Mer Name Tschaikowskx hat Ln dem großen Reich der Musikfreunde einen besonderen, einmaligen Llang. Doch so bekannt sein Werk ist, über seine Persönlichkeit wußten wir bisher so gut wie nichts. Im Mittelpunkt sowohl seines Lebens als auch seines schöpserischen Ausstieges steht Tschai- kowskys „geliebte Freundin" Nadeshda von Meck, aus ärmsten Verhältnissen durch un ermüdliche Umsicht und Arbeit emporgestiegen und später „die reichste Frau Moskaus", die als Witwe mit ihren elsKindern, deren Erziehern und Erzieherinnen und dem großen Hof staat ihrer Dienerschaft ein Haus von zweiundsünfzig Zimmern bewohnte, neben vielem anderen Eigentümerin eines riesigen Rittergutes war und Besitzerin und Mitverwalkerin einer endlosen Eisenbahnlinie — von Moskau bis in den Ural! Wie unter den Künsten die Musik, so war unter den Künstlern Tschaikowsky, als Tondichter und als Mensch, ihre große, ihre einzige Leidenschaft. Während Frau von Meck sich äußerlich als Dame von Welt „innerhalb der kühlen Gren zen einer Verehrerin" des Werkes Tschaikowskys hielt, blühte, von der Öffentlichkeit ver borgen, dreizehn Jahre lang diese wunderbare Freundschaft, der Tschaikowsky seine besten Werke, seine glücklichsten Lebensjahre verdankte. Nicht nur in Rußland erfüllte sich dieses große menschliche Schicksal, ganz Europa, die Schweiz, Florenz, Wien, Paris, ja Amerika wurde in das Erleben zweier Menschen mit all dem Glanz, den die Welt zu schenken hat, einbezogen. Tschaikowsky fand bei der „geliebten Freundin" nicht nur jede erdenkliche Hilfe in allen Lebenslagen, sondern auch das tiefe menschliche und Künstlerglück eines allum fassenden Verständnisses für seine schöpferische Persönlichkeit und nimmermüde, zarte, drängende, ungestüme Anregung. Und diese einzigartige Beziehungswelt zweier bedenken der, mitten im tätigen Leben stehender begnadeter Menschen war und blieb so sehr, so vor wiegend Seelenfreundschask, daß die beiden sich persönlich nicht kennengelernt haben; sie sahen einander nur von ferne einige wenige Male im Leben und haben nie ein Work mit einander gesprochen. Diesem Wächter und guten Geiste an den Toren des Lebens und der Kunst eines großen Mannes gebührt der Dank jedes Verehrers der Musik Tschaikowskys. ? ^ V I. I.I8P VLKI.^6 Nr. 4« Donnerstag, den 24. Februar 1988