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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.02.1938
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- 1938-02-17
- Erscheinungsdatum
- 17.02.1938
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wenn er der größte ist, stets ungleich gehaltreicher sein, als sein Umgang, auch diesen im wesentlichen ersetzen, — ja, ihn weit übertrefsen und hinter sich lassen. Sogar die Schriften eines mittelmäßigen Kopfes können belehrend, ja lesenswert und unterhaltend sein, eben weil sie seine Quintessenz sind, das Resultat, die Frucht alles seines Denkens und Studierens, — während sein Umgang uns nicht genügen kann. Daher kann man Bücher von Leuten lesen, an deren Umgang man kein Genügen finden würde, und deshalb wieder bringt hohe Geisteskultur uns allmählich dahin, fast nur noch an Büchern, nicht mehr an Men schen Unterhaltung zu finden.« Wir wissen noch gut, mit welchen Geistern der Vergangen heit er täglich im Verkehr stand: seine nachgelassene Bibliothek (1375 Werke) ist im wesentlichen erhalten geblieben, ein großer Teil davon befindet sich im Schopenhauer-Archiv in Frank furt a. M. An dieser Bibliothek läßt sich noch seststellen, wie un mittelbar er im Buch lebte: sein Lesen war ein Zwiegespräch mit dem Verfasser, er antwortet ihm mit heftigen Rand bemerkungen des Beifalls oder der Mißbilligung. Vielleicht gibt es im gesamten Schrifttum der Welt kein gleiches Beispiel für die Veranschaulichung eines Lebens im Buche, mit dem Buch. Und weil Schopenhauer viel las, jeden Tag las, ist sein philosophisches Werk, sind seine eigenen Bücher durchwirkt mit Auseinandersetzungen mit anderen Geistern. — An erster Stelle bei seinem Geistesumgang stehen die Klassiker: »Es gibt doch keine größere Erquickung für den Geist, als die Lektüre der alten Klassiker: sobald man irgendeinen von ihnen, und wäre es auch nur auf eine halbe Stunde, in die Hand genommen hat, fühlt man alsbald sich erfrischt, erleichtert, gereinigt, gehoben und gestärkt, nicht anders als hätte man an der frischen Felsen quelle sich gelabt«. Dazu kommen, um nur einige Gruppen zu nennen, Shakespeare, Goethe, Calderon, Byron, die Lyriker Petrarca, Burns, Bürger, die Romane Don Quixote, Tristram Shandy, Heloise, Wilhelm Meister, die Philosophen Plato, Ari stoteles, Kant, Bruno, Bacon, Hobbes, Hume, die großen Mora listen Montaigne, La Rochefoucauld, La Bruyere, Chamfort, Bauvenargues, die Mystiker Tauler, Deutsche Theologie, Jakob Böhme, Angelus Silesius usw.; sein Andachtsbuch für jeden Abend ist der Oupnekhat. Es muß auch noch betont werden, daß er bestimmte Werke immer wieder zu selbsterzieherischen Zwecken las: die hundertsllnste Epistel des Seneca, den Anfang von Hobbes »Vs vivo«, Macchiavellis »llrinoips«, die Rede des Polo- nius an Laertes im Hamlet u. a. Nun aber: ebenso leidenschaftlich wie für das wertvolle Buch eifert Schopenhauer gegen das oberflächliche, gedankenlose unvernünftige, zuchtlose — könnte man sagen — Draufloslesen. Nur ist alles bei ihm durch seine besondere Wesensart bedingt und deshalb nicht unbedingt allgemeinverbindlich. Schopen hauer ist selbständiger Denker; deshalb sind seine Äußerungen zugespitzt auf die Gegensätze »Selbstdenken- und »Lesen als bloßes Surrogat des eigenen Denkens». »Lesen heißt, mit einem fremden Kopfe statt des eigenen denken. Nun ist aber dem eigenen Denken, aus welchem allemal ein Zusammenhängendes Ganzes, ein, wenn auch nicht streng abgeschlossenes System sich zu entwickeln trachtet, nichts nachteiliger als ein vermöge be ständigen Lesens zu starker Zustrom von Gedanken«. »Das viele Lesen nimmt dem Geiste alle Elastizität, wie ein fort dauernd drückendes Gewicht sie einer Springfeder nimmt, und ist, um keine eigenen Gedanken zu haben, das sicherste Mittel, daß man in jeder freien Minute sogleich ein Buch zur Hand nehme«. In dem Bestreben, die Kultur des Lesens höher zu schrauben, unterscheidet Schopenhauer vereinfachend zwei Arten von Schrifttum, ein »wirkliches« und ein »bloß scheinbares». Jenes »erwächst zur bleibenden Literatur», indem es von Menschen geschaffen wird, »die für die Wissenschaft oder die Poesie leben«, das andere aber von Leuten, »die von der Wissenschaft oder Poesie leben«. Die großen Bibliotheken be wahren auch die Massen des nicht bleibenden, des vorübergehen den Tagesschrifttums auf, und Schopenhauer vergleicht die Bücherreihen mit den Schichten einstmals lebender Wesen in der Erde, die jetzt starr und versteinert daliegen, er betrachtet sie wehmütig als »literarischer Paläontologe« und möchte wie Terxes beim Anblick seines unübersehbaren Heeres angesichts »des dicken Meßkatalogs weinen, wenn er bedenkt, daß von allen diesen Büchern schon nach zehn Jahren keines mehr am Leben sein wird«. Deshalb ist er der Meinung, daß »die zahlreichste Bibliothek, wenn ungeordnet, nicht so viel Nutzen schasst als eine sehr mäßige aber wohlgeordnete«, und voller Empörung wendet er sich in zahlreichen Äußerungen gegen das unvernünftige Viellesen und Alleslesen, zum Beispiel wenn er sagt: »Unglaub lich ist doch die Torheit und Verkehrtheit des Publikums, welches die edelsten, seltensten Geister in jeder Art, aus allen Zeiten und Ländern, ungelesen läßt, um die täglich erscheinenden Schreibereien der Alltagsköpse, wie sie jedes Jahr in zahlloser Menge den Fliegen gleich ausbrütet, zu lesen, — bloß weil sie heute gedruckt und noch naß von der Presse sind«. Die Forderungen Schopenhauers sind gemäß seinem Wesen als schaffender Denker von hoher Warte aus gegeben. Aber wenn man bedenkt, daß der Strom des Schrifttums in der Welt seit seiner Zeit sich noch wieder ungeheuer verbreitert hat, sind seine Mahnungen für die Gegenwart noch vollkommen gültig und fruchtbar, insofern sie jeder sich von dem Grundsätzlichen aus in seine eigene besondere Lebensform übertragen kann und über tragen sollte. Prof. Di. Richard Oehler. Deutsche Literaturpreise Wir veröffentlichen nachstehend eine Zusammenstellung der wichtigsten deutschen Literaturpreise, die seit dem Jahre 1933 verteilt worden sind. Diese Zusammenstellung wird unseren Lesern willkommen sein, da die große Anzahl von neugeschaffe nen Litcraturprcisen es unmöglich macht, sie alle mit den Namen von Dichtern, aus die sie gefallen sind, im Gedächtnis zu behal ten. Andererseits ist es gerade für den Buchhändler von Wichtig keit, zu wissen, wer seit dem Umbruch würdig befunden worden ist, Träger eines Literaturpreises zu sein. Bei einer Durchsicht der in der folgenden Ausstellung auf geführten Preise und Preisträger lassen sich eine Reihe von interessanten Beobachtungen und Feststellungen machen, von denen hier einige angedeutet seien. Unter den über fünfzig Prei sen und Stiftungen befinden sich eine stattliche Anzahl reprä sentativer Preise wie der »Deutsche Nationalpreis für Kunst und Wissenschaft«, der auch an Dichter verliehen werden kann, der »Stefan George-Preis«, die Preise der »Johann Wolfgang von Goethe-Stiftung«, der »Goethe-Preis der Stadt Frankfurt«, der »Dietrich Eckart-Preis« und der »Lessing-Preis« der Stadt Hamburg, der »Volksdeutsche Schrifttumspreis der Stadt der Auslanddeutschen«, der »Bolkspreis für Deutsche Dichtung« und der »Literaturpreis der Stadt Berlin«. Von den nicht ausschließlich für Literatur, sondern ganz allgemein für hervorragende künstlerische und kulturelle Leistungen bestimm ten Preisen, wie den Preisen der »Johann Wolsgang von Goethe-Stiftung«, dem »Goethe-Preis« der Stadt Frankfurt und dem »Dietrich Eckart-Preis« und »Lessing-Preis« der Stadt Hamburg, sind in der Berichtszeit zwischen 1933 und 1937 die meisten an Dichter gefallen. Neben den oben ausgeführten repräsentativen Preisen stehen eine Reihe von Landschafts- und Städtepreisen, denen besondere Bedeutung zuzuschreiben ist. So z. B. der Preis der Westmark, der Preis der Provinz Hannover, der Johann Peter Hebel-Preis Badens, die Stiftung zur Förderung des kurmärkischen Schrifttums, der »Rheinische Literaturprcis«, die Schrifttumspreise zur Förderung des Schrifttums in der Pro vinz Sachsen, der schlesische Literaturpreis, der schleswig-hol steinische Literaturpreis, der schwäbische Dichterpreis und der westfälische Literaturpreis. Von Städtepreisen seien genannt der Dichterpreis der Stadt Braunschweig, der John Brinckman-Preis der Stadt Rostock, der Chemnitzer Dichterpreis, der durch die Gesellschaft Nr. 40 Donnerstag, den 17. Februar 1938 IS?
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