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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.03.1925
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1925-03-31
- Erscheinungsdatum
- 31.03.1925
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- Deutsch
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78. 31. Mörz 1S25. Redaktioneller Teil. Börl-utlUI s. d. DUÄN. Bilchh-Ld-r btt7 Hie jener engbrüstigen Zeit überhaupt! wir erfahren, wie die da mals existierenden ungcjähr 500 Buchhandlungen verteilt waren; wir sehen im Bilde als Beispiele berühmte kleine Buchlädcn in Nord und Süd, von denen mancher der Erzvater heutiger großer Bcrlagshäuscr ist; wir erfahren die gemeinsamen Standessorgcn, die immer mehr zu einer gemeinsamen Standesorganisation drän gen. Das Leben des Sortimenters, die Zeit der Lehre mit ihren heute schon mythisch-heiter klingenden patriarchalischen Härten, der Laus des Tages und des Jahres, der Geschäftsverkehr mit dem Verleger — all das erleben wir mit sprechender Anschaulichkeit. Die Schilderung des damaligen Kommissionswescns leitet uns in die alte Horvathsche Börse im Paulincr-Hof über. Diese alte Börse ist ja bekanntermaßen die Urzcllc unseres Börsenvcrcins geworden, und so ist denn mit Fug und Recht der alte Horvath, wie er leibte und lebte, unserem Buche in prächtigem Farbendruck als besonderer Schmuck bcigcgebcn. Schon in diesen Anfängen regen sich allerorten im Text Bild nisse von Männern, deren Namen wir heute mit Achtung und Ehr furcht nennen. Von Göschen und Cotta geführt, grüßen uns Seite für Seite die ehrenfesten Vertreter des Buchhandels, die vor IVO Jahren an der Wiege des Börsenvereins gestanden haben. Jetzt beginnt das erste Stück der Vercinsgcschichte, der Ver einspolitik und der Bercinskämpsc sich vor unseren Augen abzu- rollcn — bis die junge Organisation durch das Börsenblatt ihren lebendigen Zusammenhalt bekommt. Das nächste Kapitel schildert den Typus des Verlegers der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in seinen vornehmsten Beispielen. Die historische Darstellung wird dabei oft zur Lcbensgcschichte des einzelnen Mannes, der einzelnen Firma; zeigt, wie die Entwicklung getrieben wird von den gleichzeitigen politischen und wirtschaft lichen Strömungen; und wir lernen eine Fülle von Begebenheiten kennen, die uns die Entstehungsgeschichte und die Zusammenhänge vieler gewohnter Elemente unserer literarischen Bildung auf- fchlicßcn. Die Form des damaligen Verkehrs zwischen Verleger und Ihutor, das persönliche Band, glückhafte Begegnungen, die Art der Verträge, die Art der Kalkulation und des Vertriebes bis zum Konkurrcnzmanöver: all das wird uns, auch mit mancher Anek dote gewürzt, plastisch vor Augen geführt. Vor allem aber auch der Jammer der Kleinstaaterei mit ihren sich einander im Feder krieg bekämpfenden Kanzleien und Schranzen, mit ihren Preßge- fctzcn, ihren geistigen Schnürstiefeln und ihrer urheberrechtlichen B'ogelfrcihcit. Dann kommt die Wirkung der Schnellpresse und des Stereo- bypverfahrens. Die Zeit der Massenauflagen, der enzyklopädischen Lieferungswcrke, der Lexika wirkt sich aus. Verleger von großem geistigen Profil, Humanisten an Bildung, mit einem Schuß kauf männischer Spekulationslust im Blute; Stammväter von Häusern, die heute noch florieren. Immer aber werden diese Buchhändler als Zeitgenossen gewertet, immer tauchen neben ihnen die großen Gelehrten, Dichter, Volkssührcr auf. In der Illustration ergibt sich manchmal ein zufälliges Nebeneinander, das nicht der Pikan- tcric entbehrt: neben dem klar drcinschauendcn Protestanten Carl Ruprecht blickt gedankenvoll sinnend der Senior der katholischen Verleger Benjamin Herder — neben dem liberalen Freigeist Franz Duncker steht auf derselben Seite August Belhagen, der Gründer des Welthauses Belhagen K Klasing. Glänzend ist Schulzcs Darstellung der Entwicklung des illu strierten Zcitschristenwcsens. überall Individualität, überall der Wille, sich geistig durchzusetzen und dem, was man nach eigenem Vcrlagsplan erzeugt, das Gepräge der eigenen Leidenschaft zu geben. Ja! die heute plattgcwalzte Weide der Familienzeitschrif ten, die nur noch verschiedene Namen für denselben Omnibus trägt, war einst besserem Samen entsprossen! Gut ist auch die Klarlegung, wie ursprünglich universale oder tastend suchende Berlagshäuser sich zu Richtungen und Spezia listentum entwickeln. So wächst der wissenschaftliche Verlag in seinen verschiedenen Disziplinen; und was die Väter in die Breite verstreut gepflanzt haben, bringen die Söhne in einzelnen starken Gruppen in die Höhe. Inzwischen wird die weitere Entwicklung des Sortiments, des Kommissionswesens, auch die äußerliche Gestaltung dieser Betriebe in der zweiten Jahrhunderthälfte so wenig vergessen wie ihre innere. Vollwertig neben dem Verleger wird der Anteil der be deutenden Sortimenter und der bedeutenden Kommissionäre an dem Wachsen des Buchhandelsbaues aufgezeigt. So schließt sich Epoche an Epoche, Entwicklung an Entwick lung, Bild an Bild, bis wir an die Tore unserer eigenen Tage ge kommen sind und still uns freuend ans Ende dieser schönen Reihe uns geschlossen sehen. Ausführlicher noch den Inhalt zu referieren, ist wohl nicht nötig. Denn es steht für mich sicher, daß jeder deutsche Buchhändler, der etwas auf sich hält, sein Ehrenbuch erwerben und von A bisZ lesen wird. Und wenn er Sortimenter ist: zum Ruhme seines Stan des nach Kräften auch Käufer sucht. Aber auf ein Kernstück von Friedrich Schulzcs Werk beson ders hinzuweiscn, kann ich mir doch nicht versagen. Das ist die Stelle, wo er den entscheidenden Augenblick in der Geschichte des deutschen Geistes und des deutschen Buchhandels bloßlegt: den ö. November 1887, als durch Bundcsbeschluß die Verlagsrechte aller Autoren, die seit länger als 3V Jahren ver storben waren, gcmeinfrei wurden; damit also die Werke von Goethe und Schiller, Wieland und Herder, Lcssing und Jean Paul im gesamten deutschen Vcrlagsbuchhandcl von jedermann recht mäßig gedruckt werden dursten. Dieses Kapitel und die in ihm dargestellte Umwälzung der deutschen Bildung mit ihrer ungeahnten Blüte des deutschen Verlags möchte ich all denen hinter den Spiegel stecken, die heute noch und heute gar erst recht für die Verlängerung der Schutzfrist offen oder verkappt kämpfen. Sollten sie ihr Ziel erreichen, so wird, des bin ich sicher, wenn nach abermals 100 Jahren wir desselben Weges gesahren kommen, der Griffel der Geschichte nicht in Dankbarkeit getaucht sein. Unser Buch hat zu allen guten sachlichen Eigenschaften auch noch den Vorteil klarer Stilistik und angenehmer Lesbarkeit. Wenn man bedenkt, welch weitschichtiger Stoff zu meistern war; wenn man sich überlegt, welche Summe von Einzelheiten, Tatsachen und Materialien der Verfasser gekannt haben muß, um sein Gebilde zu gestalten: dann möchte man auch aus ihn das berühmte Wort an- wcnden »Zeichnen ist die Kunst des Fortlassens«. Nicht die (ziem lich leicht ausführbare) wilde Namcnsjagd war sein Ziel, sondern die historische Anschaulichkeit und Einprägsamkeit. Er will den Geist der Zeiten lebendig machen und führt Menschen und Begebenheiten als typische Beispiele an; Beispiele, die zu vervielfachen für ihn eine Kleinigkeit gewesen wäre. Da mit wäre vielleicht der Ehrgeiz dieser oder jener Person zu be friedigen gewesen, das Buch, sein Sinn und seine Leser hätten aber den Schaden gehabt. Wir vertrauen deshalb auch der vor nehmen Gesinnung der Mitglieder des Börsenvereins, daß nie mand es wagen wird, die Frage aufzuwcrfen: Warum ist Hinz ge nannt, und warum blieb ich, Kunz, mit meinen Verdiensten im Stillen? In solchem Betracht haben wir es uns auch zum Regulativ gemacht, keine lebende Person, und wäre sic die allervorzüg- lichste, in dem Buche abzubilden. Und was ich eingangs bei Ent wicklung des Programms ausgesprochen habe, sei hier nochmals wiederholt: das Buch ist keine Vercinsgcschichte, sondern eine Handelsgeschichte und Geistesgeschichte. Es ist auch kein »im Aufträge« verfaßtes Buch, sondern das freie Werk eines Gelehrten, der seine Aufgabe mit Liebe ergriffen hat; der sich aber von Anfang bis zu Ende von jeder Beeinflussung auf seine Arbeit srcigchalten hat. Daß ihm solche auch nicht zuge mutet worden ist, und daß der inzwischen ans Ruder gekommene jetzige Vorstand des Börsenvereins am Werden und Wachsen dieses Buches nicht gerührt hat, sondern in der entgegenkommendsten Weise vertrauensvoll es beim Alten gelassen hat: das fühle ich mich gedrungen dankbar zu bekennen. 72S>
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