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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.11.1906
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- 30.11.1906
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- Deutsch
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12392 Nichtamtlicher Teil. ^ 278, 30. November 1906. (Ltadthage«) in die Beständigkeit der Rechtsprechung des Reichsgerichts habe etwas Beleidigendes, Herabsetzendes für das Reichsgericht. Ach nein, meine Herren, das sind die Folgen der Institutionen, die wir haben. Wenn Sie eine Strafprozeßordnung haben, in der die Verwaltungsbehörde, der Staatsanwalt der Herr ist — das hat schon in den sechziger Jahren ein badischer Ministerialrat erklärt, daß daraus mit Notwendigkeit die intellektuelle und moralische Abhängigkeit der Richter von dem Staatsanwalt folgen müsse, und daß muß notwendig auch auf das Reichsgericht zutreffen. Wir werden bei andern Gelegenheiten uns darüber zu unter halten haben, ob in der Tat das Reichsgericht nicht das Urteil, das wir über dasselbe gefällt haben, durchaus rechtfertigt. Herr Kollege Porzig führt jenes Urteil, in dem das Recht der Aus sperrungen und der Streiks vom Reichsgericht anerkannt wird, als etwas vor, was eine besondere Objektivität darlege. Ich ver stehe nicht, wie ein so klares Recht wie das Recht des Streiks und des Ausstands von dem Reichsgericht nicht anerkannt werden sollte. Das heißt doch: Sie nehmen an, im Reichsgericht müsse vollständig der Gedanke der großen Scharfmacher der industriellen Verbände walten, sodaß es selbst ein so klares Recht nicht an erkennen könnte. Aber Sie können andere Urteile auf dem Gebiet gerade des Streikrechts finden, wo nach der Richtung zwar nicht gerade entgegengesetzt geurteilt worden ist, wo aber, wenn es sich um Schadensersatz handelt gegenüber aussperrenden Arbeitgebern oder Arbeitnehmern, die schwarze Listen führen, zwar in einigen Fällen ein zustimmendes Urteil ergangen ist. (Zuruf aus der Mitte.) — Herr Kollege Porzig, ich habe im Reichstag diese Ur teile wiederholt erwähnt) ich finde aber absolut nichts dabei, daß der Richter mal ein Gesetz richtig auslegt. Aber z. B. gegenüber den Hamburger Schifssrhedern ist gesagt worden, deren Vorgehen verstoße nicht gegen die guten Sitten, und ein Schadensersatz anspruch kann nicht geltend gemacht werden, weil die Solidarität der Unternehmer es erfordert, daß sie gegenseitig Aussperrungen vornehmen oder in gewissem Sinn schwarze Listen führen. Grund sätzlich ist natürlich anerkannt worden, daß es schadensersatzpflichtig mache, schwarze Listen zu führen. Ein Oberlandesgericht ist endlich auf Grund der klaren Bestimmungen des Gesetzes dahin gekonimen, zu erklären: wenn Industrielle sich verabreden, auszusperren, um niedrigere Lohnbedingungen durchzusetzen, müssen sie wegen Er pressung angeklagt werden. Aber die Sache war vorher von dem Staatsanwalt und dem Oberstaatsanwalt abgelehnt worden, und was weiter wird, werden wir sehen. — Das aber nur nebenbei, weil Abgeordneter Porzig jenes selbstverständliche Urteil schon als ein Zeichen besondrer Objektivität des Reichsgerichts erachtete. Wenn das Reichsgericht Arbeitgeber zu Unrecht verurteilen würde, würde ich das ebenso bedauern, wie ich in unendlich vielen Fällen Urteile gegen Arbeiter zu bedauern habe. Das richtige Empfinden des Volkes geht dahin: es wird fast immer zu Unrecht geurteilt da, wo das Objekt, das angegriffen wird, Mitglied der arbeitenden Klasse ist. Dieses Empfinden können Sie dadurch nicht aus der Welt schaffen, daß Sie hervorheben: es hat auch einmal das Reichsgericht in Prozessen zu Gunsten der Arbeiter richtig ge urteilt. Es gibt allerdings solche Urteile. Es sind auch nament lich in Mitteldeutschland in erster Instanz so ungeheuerliche Ur teile gegen Arbeiter ergangen, daß selbst das Reichsgericht sie auf gehoben hat. In all den Fällen waren es aber auch hochgelehrte Richter, die das Urteil erster Instanz gefällt hatten. Meine Herren, ich möchte Sie bitten, dem Antrag zuzustim men, den wir gestellt haben, und ich bitte besonders die Herren vom Zentrum, auf die Prinzipien zurückzugehen, die ihre Vor kämpfer hier aufgestellt und früher festgehalten haben. Ich habe den Herrn Kollegen Jtschert bereits darauf hingewiesen, einen Blick zu tun in die Verhandlungen, die seinerzeit zum Schutz der persönlichen Freiheit gegenüber der Polizei beim Gesetz von 1854 in der Landratskammer von den Vorkämpfern seiner Partei ge führt worden sind) er würde dann unmöglich auf den Gedanken kommen können, daß man der Polizei eine Blankovollmacht gebe, jeden gegen seinen Willen zu photographieren. Er selbst erklärt ja, hierdurch sei eigentlich die Blankovollmacht gegeben, einen Abgeordneten, der etwa koloniale Schriftstücke bei sich hat, mit diesen Schriftstücken zu photographieren. Denn es dürfen ja auch die Schriftstücke photographiert werden. Wenn die Polizei das Recht erhält, zu vervielfältigen, so hat sie auch das Recht erhalten, die dazu nötigen Mittel zu gebrauchen, also auch anzufertigen. Soweit es im öffentlichen Interesse notwendig ist, zu photo graphieren, haben wir Gesetze, wie das Reichsgericht anerkannt hat, die hinreichend die Möglichkeit geben, insbesondere die Ver breitung eines Steckbriefs zulassen. Darüber hinaus ein Recht der Photographie gegen Willen des Photographierten der Polizei geben, heißt die Rechte der Person gefährden. Freilich, in der Praxis würde der Mißbrauch nicht die Mitglieder der herrschenden Klassen treffen. Ich kann mir sehr wohl denken, daß ein Amts vorsteher z. B. später auf den Gedanken kommen könnte, sämt liche ländlichen Arbeiter photographieren zu lassen, damit sie bei einem vermeintlichen Kontraktbruch um Gottes willen der Strafe nicht entgehen. Nach dem Fall, der neulich hier in Berlin abge urteilt ist, in dem Gewalt angewendet wurde, werden Sie zu geben müssen, daß, wenn die Polizei das Recht auf Abbildung erhält, sie auch das aus gewaltsame Durchführung des Rechts erhält. Meine Herren, den kleinen Schutz der richterlichen Anordnung wollen Sie also nehmen. Das wäre sehr bedauerlich. Ich bitte Sie, dies neue Ausnahmegesetz nicht zu machen, das Sie hier im Z 23 zugunsten der Polizei zu geben im Begriff sind. Sie dürfen nicht die Privilegien der Polizei noch mehr verstärken. Das Reich hat alle Veranlassung, die Rechte der Einzelnen zu schützen, sie aber nicht der polizeilichen Willkür preiszugeben. (Beifall bei den Sozialdemokraten.) (Schluß folgt.) Kleine Mitteilungen. -Palm«, Verein jüngerer Buchhändler in München. — Am 17. d. M. fand im Kartensaale des Hofbräuhauses in München das neunundzwanzigste Gansessen des -Palm- statt. Am Abend des verheißungsvollen Tags fanden sich nicht weniger als 85 Kollegen im Hofbräuhaus zu löblichem Tun zusammen, sogar zwei Kollegen aus Augsburg waren herübergekommen, um der Martinsgans die Ehre zu geben. Der erste Vorsitzende Herr Nähr begrüßte die Anwesenden aufs herzlichste. Ihm schloß sich der zweite Vorsitzende Herr Hoeckh an, um in launiger Rede die er schienenen Herren Prinzipale zu begrüßen. Herr Schoepping dankte im Namen der Prinzipalität für den freundlichen Willkomm und schloß mit einem freudig aufgenommenen -Hoch- auf den -Palm-. Im weitern Verlauf des Abends lag das Präsidium in den be währten Händen unsers Ehrenmitgliedes Herrn Hecking, der es vortrefflich verstand, in humorvoller Weise die durch das Essen erlahmten Geister wieder zu beleben. Bald öffneten sich die Schleusen der Beredsamkeit, und es ergoß sich ein solcher Strom von Vorträgen aller Art, daß an ein Aufhalten dieser Sturz bäche nicht zu denken war. So verging der Abend bei Gesang und fröhlichen Scherzen nur zu schnell, und erst lange nach dem ersten Hahnenschrei konnten wir es über uns gewinnen, unsre heimischen Penaten aufzusuchen. Wir alle, die wir dabei waren, werden das neunundzwanzigste Gansessen des -Palm- in schöner Erinnerung behalten. Allen Teilnehmern rufe ich ein herzliches -Auf Wiedersehen- im nächsten Jahre zu. L. Fink. Pers onalnachrichten. *Königliches Kunstgewerbemuseum in Berlin. — — Wie die Nationalzeitung erfährt, ist der Münchener Zeichner und im dortigen Kunstgewerbe erfolgreich tätige Künstler Bruno Paul zum Direktor der Unterrichtsanstalt des Königlichen Kunstgewerbemuseums in Berlin ernannt worden. Wilhelm Bernatzik -s. — In Wien ist am 26. November der Maler Wilhelm Bernatzik gestorben. Er war 1858 in Mistelbach geboren und bildete sich in Wien, Düsseldorf und Paris in seiner Kunst, namentlich der Landschaftsmalerei aus. Der Freilichtmalerei und dem sogenannten Pleinairismus schloß er sich mit warmer Überzeugung an. Mit Klimt, Moll, Moser und Olbrich rief er in Wien die Vereinigung -Sezession- ins Leben. Das Kunsthistorische Museum in Wien bewahrt von seiner Hand eine -Vision des heiligen Bernhard-, die Moderne Galerie seinen -Herbst». Auch im Wiener Naturhistorischen Museum sind zwei charakteristische Landschaften von seiner Hand. Bernatzik war vielfach auch als Holzschneider und Radierer tätig. Seine Arbeiten sind übrigens durchaus nicht -sezessionistisch-, vielmehr in gediegen durchgebildeter Art ausgesührt. Er lieh den Neuerern seinen Namen und seine Tatkraft, aber nicht seine Kunst. Red.
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