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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.11.1906
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- Erscheinungsdatum
- 30.11.1906
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- Deutsch
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(Or. Porztg) Soweit aber, was die Kommissionsfassung auch enthält, die -Zwecke der öffentlichen Sicherheit- in Frage kommen, fehlt über haupt dem Gerichte jede Kompetenz. Das liegt auf dem Gebiet der Verwaltung. Und wenn man die Gerichte hier zum Erlaß einer Anordnung bestellt, so gibt man damit einen Fundamental satz unsrer politischen Entwicklung auf, nämlich den Grundsatz der Trennung der Justiz von der Verwaltung. Man macht dadurch die Gerichte wieder zu Verwaltungsbehörden. Ich sollte nun meinen, ein derartiger Bruch mit einem solchen Fundamentalsatz darf doch nicht so leichthin bei dieser Gelegenheit gemacht werden. Das Gericht muß, wenn es zum Zwecke der öffentlichen Sicherheit die Erlaubnis geben soll, eine Photographie zu vervielfältigen oder zu verbreiten, sich auf den Standpunkt der Verwaltungs behörden stellen, die die Bedürfnisse der öffentlichen Sicherheit zu prüfen hat, und kann nicht nach andern Grundsätzen entscheiden, als die Verwaltungsbehörde entscheiden würde. Das Gericht wird dadurch zu einer Verwaltungsbehörde gemacht, und das kann un möglich die Zustimmung des Hauses finden. Aus diesen Gründen bitte ich Sie, den Antrag, den wir gestellt haben, anzunehmen, und ich bemerke dabei, daß wir auf die Annahme dieses Antrags das allergrößte Gewicht legen, und durch eine Ablehnung manchem von uns vielleicht die Zustimmung zu dem ganzen Gesetzentwurf unmöglich gemacht werden würde. (Hörtl hörtl links.) Wenn ich mich nun zu dem Antrag auf Nr. 570 der Druck sachen wende, der von den Herren auf der äußersten Linken gestellt worden ist, so muß ich zunächst bemerken, daß die Hereinziehung der Anfertigung von Bildnissen gegen das Prinzip des ganzen uns vorliegenden Gesetzentwurfs verstoßen würde. Bon der An fertigung von Bildnissen ist in dem Z 22 keine Rede; es handelt sich nur um die Vervielfältigung, Verbreitung und Zurschau stellung. Weiter aber sind wir der Meinung — wir lehnen diese Anträge alle ab —, daß ein Ausnahmerecht für die Strafverfolgung der in dem Prinzipalantrag genannten Vergehen nicht erforderlich ist. Wir meinen, daß die Garantien für eine sachgemäße und an gemessene Erledigung der Strafverfolgung in bezug auf die Ver breitung und Vervielfältigung von Abbildungen in den Gesetzen getroffen werden müssen, die sich mit der Strafverfolgung be schäftigen, nicht in einem privatrechtlichen Gesetz, mit dem wir es hier zu tun haben. Cs wird, wenn man es für nötig halten wird, Zeit sein, bei der Revision der Strafprozeßordnung auf diese Dinge zurückzukommen, und wie man in der Strasprozeß- ordnung das Veschlagnahmerecht und das Durchsuchungsrecht unter bestimmte Kautelen gestellt hat, so werden die Bestrebungen, das auch mit dem Abbildungs- und Verbreitungsrecht zu tun, dort weiter verfolgt werden können. Aber in dieses Prioatgesetz ge hören diese Dinge nicht hinein. Der Herr Vorredner hat bei der Begründung seiner Anträge in schwarzen Farben die Mißbräuche geschildert, die jetzt schon bei der Polizei vorgekommen sein sollen in bezug auf die Ab bildung von ergriffenen Leuten. Inwieweit das, was er da vorgetragen hat, den Tatsachen entspricht, können wir hier nicht untersuchen, und deshalb können wir diese Fälle nicht beurteilen. Ich möchte aber einer Bemerkung ausdrücklich entgegentreten, die er bei Gelegenheit dieser Ausführungen gemacht hat. Er hat gegen das Reichsgericht den Satz ausgesprochen, das Reichsgericht beschaffe für alle Bedürfnisse der Regierung das juristische Mäntelchen. Meine Herren, ich glaube, daß man einen solchen Vorwurf von dieser Stelle aus gegen das höchste Gericht nicht er heben sollte, wenn man nicht klare Beweise für derartige Be hauptungen bringen könnte. Daß das aber nicht möglich ist, wird mir jeder zugestehen, der überhaupt mit der Judikatur des Reichsgerichts einigermaßen vertraut ist. Das Reichsgericht hat mit großer Objektivität in den Streitigkeiten, in denen die politischen Fragen und die Fragen des Klassenkampfes mit Hineinspielen, die Normen zu finden und zu geben gesucht. Ich erinnere nur, und gerade die Herren der äußersten Linken, an die neuerdings ergangene Entscheidung über das Recht des Streiks und der Ausstände. Man kann doch, wer objektiv die Sache be urteilt, niemals gerade in diesen Dingen sagen, daß das Reichs gericht jemals von der Objektivität abgewichen sei und nur judiziere, um der Regierung oder sonstigen Parteien im Lande gefällig zu sein. Ich bitte, die Anträge auf Nummer 570 der Drucksachen ab zulehnen und unfern Antrag anzunehmen. Auch die Resolution, die mit zur Beratung steht, werden wir nicht akzeptieren können. (Bravo! rechts.) Präsident: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Jtschert. Jtschert, Abgeordneter: Meine politischen Freunde werden für den Antrag Henning und, wenn der angenommen werden sollte, für die Kommissionsfassung stimmen. Auch wir sind der Überzeugung, daß die Bestimmung, daß photographische Abbildungen zu Zwecken der Rechtspflege und der öffentlichen Sicherheit nur auf richterliche Anordnung ver breitet werden dürfen, sich nicht aufrecht erhalten läßt, wenn nicht die Bestimmung auf dem Papier stehen bleiben soll. Die meisten der Fälle, in denen die Verbreitung eines Bildnisses notwendig wird, sind derart gelagert, daß eine ganz schnelle Entscheidung erfolgen muß, für die die richterliche Anordnung nicht abgewartet werden kann. Außerdem teilen wir die von dem Herrn Vor redner geltend gemachten Bedenken, daß zunächst ein zuständiger Richter in den meisten Fällen nicht zu finden ist, daß auch dem Richter hier ein Eingriff in die Verwaltungstätigkeit eingeräumt wird, der mit seiner sonstigen gesetzlich festgelegten Stellung nicht vereinbar ist. Der Herr Kollege Fischer hat gegen die Kommissions beschlüsse geltend gemacht, daß, wenn der Antrag Henning an genommen würde, sehr leicht ein Richter dazu kommen würde, zu sagen: es ist zwar in dem Gesetz nur von der Verbreitung die Rede, aber wenn ein Bild verbreitet werden soll, muß es auch angefertigt werden, also muß der Polizei auch durch richterliche Anordnung die Möglichkeit der Anfertigung eines Bildes gegeben sein — so habe ich wohl den Herrn Kollegen Fischer richtig ver standen? —, und diese Behauptung gibt mir Anlaß, den Richter stand gegen das, was gestern und heute gegen ihn gesagt worden ist, etwas in Schutz zu nehmen. Gestern ist behauptet worden, Materien der hier besprochenen Art seien dem Richterstand in der Regel fremd, er wisse sich nicht damit zurechtzufinden. Ich glaube, diese Behauptung kann nicht besser wiederlegt werden als durch die Tatsache, daß die meisten Mitglieder in der Kommission, die sich nicht bloß mit den rein richterlichen, rein gesetzgebungstech nischen Fragen, sondern auch mit den ästhetischen und künstlerischen Fragen beschäftigt haben, in ihrem Zioilberuf richterliche Beamte sind oder gewesen sind, und ebenso die meisten derjenigen Herren, die hier im Plenum das Wort ergriffen haben. Daraus dürfen Sie ersehen, daß den richterlichen Beamten an sich diese Materie nicht so Hekuba ist. Und wenn man behaupten will, daß der Richter, wenn er dann auch zu einem Ergebnis kommt, das im Gesetz ausdrücklich ausgeschlossen sei, so gebe ich gerne zu, daß es auch Richter gibt, ich möchte sagen Hochjuristen, denen kein Um weg zu groß, kein Sprung zu gewagt und keine Spitze zu gefähr lich ist, wenn sie das Ziel, das sie sich nun einmal gesteckt haben, durchaus erreichen wollen. (Hört! hörtl bei den Sozialdemokraten.) Aber im großen ganzen darf doch der Richterstand für sich in An spruch nehmen, daß er die gebahnten, geraden und ebenen Pfade geht und sich nur durch die Wegweiser der gesetzgeberischen Vor schriften und der Logik zu seinem Ziele führen läßt. Dann hat der Herr Kollege Fischer Bedenken geltend gemacht gegen die Polizei, Bedenken, die er aber weniger von dem Kommissionsbeschluß als von dem bereits bestehenden Rechtszu stand herleitet. Es ist eigentlich überflüssig, auszusprechen, daß auch wir jeden Mißgriff der Polizei auf jedem Gebiet auf das schärfste verurteilen. Ob aber in dem Photographieren einer Person im einzelnen Fall ein Mißgriff liegt, das darf man doch nicht so im Ramsch entscheiden. Die Polizei soll sich innerhalb der ihr vom Gesetz zugewiesenen Grenzen halten und nicht darüber hinausgehen; sie soll sich keine russischen Zustände zum Muster nehmen, sie soll sich auch nicht die Zustände in einer ge wissen hiesigen Druckerei zum Muster nehmen! (Sehr gut! und Heiterkeit in der Mitte und rechts.) Meine Herren, wenn ich nun noch auf den Antrag Albrecht auf Nr. 570 im einzelnen eingehe, so glaube ich, daß er weit hinter der Regierungsvorlage zurückbleibt, daß er jedenfalls nicht das erreicht, was Herr Kollege Fischer erreichen will. Denn wenn dieser Antrag angenommen würde, so würde das nichts andres heißen, als daß als amtliche Zwecke alle Zwecke gelten, die hier nicht auf- gesührt sind. (Sehr gut! in der Mitte.) Dann könnte man z. B. dahin kommen, daß die Polizei das Recht hätte, das Bild eine»
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