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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.11.1906
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- 30.11.1906
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- Deutsch
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(Mischer (Berlin» Was heute die Hamburger Polizei sich erlaubt, das kann morgen die Berliner Polizei mit demselben Recht, kann irgend ein Polizeibeamter anderswo sich auch anmaßen, und wie gesagt, wenn Sie den Z 23 in der Fassung der Regierungsvorlage resp. der Kommissionsvorlage annehmen, so geben Sie damit der Polizei das Recht, dementsprechend, wie wir es tadeln, zu handeln. Nun sagt uns freilich der Herr Referent, und auch der Herr Regierungsvertreter hat uns erklärt, unser Paragraph sei formal gar nicht zulässig und nicht möglich, weil in dem Urheberrecht wohl das Recht der Urheber auf ihr eignes Bild geschützt sei und dieses Recht deklariert werde, aber nur unter dem Gesichtspunkt der Vervielfältigung und Verbreitung; die photographische Aus nahme könne nicht verhindert und infolgedessen nicht bestraft werden; bestraft könne nur werden, wenn das Negativ in ein Positiv verwandelt, d. h. wenn ein Abzug von dem Bilde her gestellt werde. Das ist ja richtig; aber ich möchte einmal die Herren fragen, ob jemand es für unmöglich hält, daß nach der Bestimmung, wonach die Polizei hier ausdrücklich das Recht zu gesprochen erhält, für «amtliche Zwecke« ohne Zustimmung, ohne Einwilligung des Berechtigten sein Bild zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zur Schau zu stellen — ich frage einen, ob er es für unmöglich hält, daß morgen ein Richter herkommt und sagt: ja, wenn die Polizei das Recht hat, die Bilder zu ver vielfältigen, zu verbreiten und öffentlich auszustellen, dann ist so ipso als Voraussetzung für die Möglichkeit der Erfüllung dieses Rechts das Photographieren gegeben; wenn keine Photographie von dem Betreffenden vorhanden ist, so hat die Polizei, eben als Voraussetzung für die Möglichkeit der Erfüllung des Z 23, das Recht, diesen Mann auch zwangsweise photographieren zu lassen. Nun hat — das wird hier das Ausschlaggebende sein — die Regierung mit dürren Worten erklärt, die Annahme dieses sozial demokratischen Antrags sei für die Regierung unannehmbar und gefährde ganz ernstlich das Zustandekommen dieses Gesetzes. Ich muß schon gestehen, ich kann den Standpunkt der Regierung nicht begreifen. Höher als den Schutz der Kunst, höher als den Schutz der Künstler, höher als den Schutz der Kultur, höher als alle Interessen der Künstler und des Kunstgewerbes, höher als alles das stellt die Regierung das Recht und die Möglichkeit der Polizeiwillkür, die sicher ein für allemal festzustellen sucht: was geht uns Kunst an, sagt sie, was der Schutz des Künstlers: hier ist die Polizeiwillkür bedroht; lieber lassen wir das Gesetz scheitern, als daß wir hier einem öffentlichen Übelstande auf diesem Wegs abhelfen! Ob der Reichstag auf demselben Standpunkt steht, das müssen wir natürlich Ihnen überlassen. Aber daß auch die Kommissionsvorlage die Bedenken nicht trifft, von denen der Herr Referent selber gesagt hat, daß sie nach Meinung der überwiegenden Mehrheit der Kommissionen vor handen seien, das geht aus dem Wortlaut selbst hervor: für Zwecke der Rechtspflege und der öffentlichen Sicherheit darf auf richterliche Anordnung das und das geschehen. Damit ist nicht gesagt, daß es nur auf richterliche Anordnung geschehen könne und daß jedes andere Verfahren zu demselben Zweck unstatthaft sei; denn wir müssen bedenken, daß für die Zwecke der Rechts pflege und der öffentlichen Sicherheit die Polizei in so und so viel Fällen handelt, wo es überhaupt noch zu keiner Anklageerhebung gekommen ist, wo also eine richterliche Anordnung überhaupt nicht eingeholt werden kann. Und das sind alle die Fälle, von denen ich gesprochen, in denen wir demnach durch unsere Zu stimmung zur Kommissionsfassung der Polizei gleichsam einen Freibrief ausstellen. Sodann wird vor allem das nicht getroffen, was wir treffen wollen: die selbstverständliche Voraussetzung zur Vervielfältigung und Verbreitung, nämlich die Anfertigung des Bildes. Ich meine, wenn Sie alle diese Dinge sich vor Augen führen, und wenn Sie auf der anderen Seite sich vor Augen führen, daß dieser sozialdemokratische Zusatz nicht etwa am Wesen des Gesetzes eine Änderung herbeisührt oder etwas fordert, was mit dem Ur heberschutz in Widerspruch steht, dann, meine Herren, bleibt, wenn die Meinung der Vertreter der Kommissionsmehrheit, welche der Herr Referent hier ausgesprochen hat, Geltung haben soll, für Sie kein anderer Weg, diesem Polizeiwillkürzustande ein Ende zu machen, als unserem Antrag zuzustimmen. (Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Präsisentr Das Wort hat der Herr Abgeordnete l)>-. Porzig. Or. Porzig, Abgeordneter: Meine Herren, der H 23 in der Fassung, wie er aus der Kommission herausgekonimen ist, kann unsere Zustimmung nicht finden. Wir haben Ihnen deswegen in Nr. 558 der Drucksachen den Antrag vorgelegt, die drei Worte, auf deren Bestehenbleiben der Herr Vorredner so großes Gewicht legte, wieder zu streichen, die Worte: »auf richterliche Anordnung». Ich lege Wert darauf, daß die Gründe für unseren Antrag nur eine sachliche Beurteilung finden, und würde mich freuen, wenn auch die Väter dieses Antrages — denn er hat ja mehrere Väter — schließlich zustimmsn könnten, daß die Worte im Gesetz nicht stehen bleiben können. Der tz 23 will, wie in der Kommission hervorgehoben ist, nicht etwas absolut Neues in unsere Rechtsordnung einführen; er ist eigentlich nur erklärender Natur, indem er sagen will, daß das Privatrecht und die privatrechtliche Berechtigung eine Grenze findet in dem öffentlichen Recht und in den Bedürfnissen der öffentlichen Wohlfahrt. Wenn man ihn nun so als deklarierenden Grundsatz auffaßt, ist er auch unschädlich im Gesetz. Ich möchte aber warnen, ihn als konstitutiven Grundsatz gelten zu lassen, der etwas Neues in unsere Rechtsordnung einführt, denn wir haben in bezug auf die Privatrechte auf den verschiedensten Gebieten Beschränkungen, die das öffentliche Recht dem Privatrecht gegenüber aufrichtet. Ich erinnere nur an die bekannten Be stimmungen der Strafprozeßordnung, wo der Besitz von Sachen durch die öffentliche Gewalt gestört werden kann durch das Be schlagnahmerecht und das Durchsuchungsrecht. Ich will nun auf die Zwecke eingehen, die die Kommission bei der Gestaltung des Paragraphen verfolgt hat und die von dem Herrn Berichterstatter vorhin des näheren dargelegt worden sind. Die Kommission verfolgte den Zweck, Mißbräuche, die von den Behörden mit dem Recht der Abbildung getrieben werden könnten, zu verhindern und hintanzuhalten. Ich brauche wohl nicht erst zu versichern, daß wir, wie jeder andere auch, nicht etwa Mißbräuche, die mit dem Recht der Abbildung getrieben werden könnten, begünstigen wollen, wenn wir den Antrag auf Streichung dieser drei Worte gestellt haben. Vorgekommene Mißbräuche ver urteilen wir ebenso wie jeder andere; aber wir halten dafür, daß der Weg, auf dem man hier versucht, diesen etwaigen Mißbräuchen entgegenzutreten, ein falscher, daß er, wenn man ihn ginge, ein größerer Schaden angerichtet werden würde, als wenn man diese Kautel aus dem Gesetz herausläßt. In der Kommission ist bereits darauf hingewiesen worden, daß das Verlangen richterlicher Anordnung vor der Verviel fältigung und Verbreitung von Bildnissen den Zweck, der mit der Verbreitung und Vervielfältigung verfolgt wird, in den meisten Fällen illusorisch machen würde. Denn darüber dürfen wir uns nicht täuschen, daß die meisten Fälle, in denen von den Behörden derartige Maßnahmen getroffen werden, sogenannte eilige Fälle sind und daß keine Zeit vergehen darf bis dahin, daß das Bild an die betreffende Stelle, die es benutzen soll, hinkommt. Nament lich darf das heute nicht geschehen, wo unsere Verkehrsmittel den geflohenen Verbrechern die Möglichkeit geben, so schnell als möglich die Grenze des Landes zu überschreiten. Wenn man da eine richterliche Anordnung verlangen würde, ehe ein Bildnis ver vielfältigt und verbreitet werden darf, so würde jedesmal eine Zeit verstreichen, die in den meisten Fällen den Erfolg der Maß regel vereiteln würde. Es ist in der Kommission weiter darauf hingewiesen worden, daß mit diesen drei Worten den Gerichten eine Aufgabe gestellt würde, für die ihnen die Zuständigkeit und die Zuständigkeits normen fehlten. Aber ich möchte diesen Cinwand noch etwas mehr vertiefen. Ich glaube, man hat in der Kommission die Tragweite der Einführung dieser Worte für unsere ganze Rechts ordnung sich nicht in der richtigen Weise klar gemacht; man hat sich lediglich leiten lassen von dem Ziel, das die Kommission an strebte, und das ja an sich ganz billigenswert ist, und hat ver gessen, daß der Weg, auf dem man lief, ein Irrweg war. Wenn man sich überlegt: wie wird eigentlich in der Praxis diese Vorschrift »auf richterliche Anordnung« wohl angewendet werden können? — so wird man sagen müssen: soweit es sich um Zwecke der Rechtspflege handelt, sind die Normen über das Verfahren und über die Zuständigkeit gegeben in den Gesetzen, die für das gerichtliche Verfahren überhaupt bestehen, in dem Gerichtsverfassungsgesetze, der Strafprozeßordnung, der Zivil prozeßordnung und dem Gesetze über die freiwillige Gerichtsbarkeit. 1622*
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