Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.11.1923
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1923-11-15
- Erscheinungsdatum
- 15.11.1923
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19231115
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-192311156
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19231115
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1923
- Monat1923-11
- Tag1923-11-15
- Monat1923-11
- Jahr1923
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Daher ist der augenblicklich herrschende Zustand für den Erlaß dringend notwendiger finanz-, wirtschafts- und sozialpolitischer Verordnungen wenig erfreulich. Die Reichsregierung kann sich jetzt nur noch auf den Ar tikel 48 der Reichsverfassung berufen, der dem Reichspräsidenten weit gehende Vollmachten verleiht. Jedoch ist auf diese Weise eine Schranke gezogen, welche durch das Ermächtigungsgesetz aufgehoben war, in Gestalt der im zweiten Teil der Reichsverfassung enthaltenen Grund rechte, da der Reichspräsident nur die in Artikel 48, Abs. 2 der Neichsverfassung ausdrücklich aufgezählten Grundrechte außer Krrft setzen kann. Wenn somit nach § 1 der durch die Presse publizierten Verordnung über die Verpflichtung zur Annahme von Reichsmark bei inländischen Geschäften vom 7. November 1623 der Abschluß und die Erfüllung von Verträgen über die Lieferung von Waren oder Bewirkung von Leistungen nicht ver weigert werden darf, weil die Zahlung in Reichsmark erfolgt, was einen schweren Eingriff in den in Artikel 152 der Neichsverfassung festgelegten Grundsatz der Vertragsfreiheit bedeutet, so erscheiiG die Rechtsgültigkeit dieser Verordnung äußerst zweifelhaft, da Artikel 152 in Artikel 48, Abs. 2, nicht ausdrücklich aufgeführt ist und demzufolge nicht durch Maßnahmen des Reichspräsidenten verletzt werden darf*). Selbstverständlich darf mau in Zeiten, wo es sich um Sein oder Nicht sein des Bolksganzen handelt, nicht über juristische Zwirnsfäden stol pern; aber es muß doch zu mindest angestrebt werden, daß die gesetz geberischen Maßnahmen auf einer zuverlässigen Rechtsbasis ruhen. Die erwähnte Verordnung bedeutet übrigens nur eine Erweiterung der bereits unterm 22. Oktober 1923 ergangenen Verordnung zur Sicherstellung des Warenumlaufs, durch die cs dem Kleinhandel, welcher Gegenstände des täglichen Bedarfs feilhält, zur Pflicht gemacht wird, seine Geschäftsräume während der übliche» Geschäftszeit zur Abgabe von Waren geöffnet zu halten und die Waren gegen Entrichtung des Preises in Reichsmark abzugeben. Diese Be schränkung auf den Kleinhandel ist in der neuen Verordnung gefallen, da ganz allgemein der Abschluß und die Erfüllung von Verträgen gegen Zahlung in Reichsmark nicht verweigert werden darf. Für oen Kleinhandel besteht noch insofern eine Besonderheit, als ihm die Preis stellung in ausländischer Währung untersagt ist. Wenn Geschäfts abschlüsse gegen diese Bestimmung verstoßen, so sind sie zivilrechtlich nichtig, und außerdem werden die Vertragsparteien mit schwerer Strafe bedroht, die in besonders schweren Fällen sogar Zuchthaus fein kann. Trotzdem muß es fraglich erscheinen, ob man Erscheinungen, lste aus der Natur der wirtschaftlichen Verhältnisse geboren sind, mit drakonischen Strafbestimmungen erfolgreich zu Leibe gehen kann. Die Ausgabe von wertbeständigem Notgeld kann zwei fellos zu den bedenkliaigeu Erscheinungen führen, wenn hier nicht schärfste Überwachung Platz greift. Zwar sind die Bedingungen für die Zulassung der Ausgabe von derartigem Notgeld durch eine Ver ordnung vom 26. Oktober 1023 neu sestgclegt und für Übertretungen hohe Ordnungsstrafen angedroht worden. Aber die Reichsregierung kommt doch dem Drängen nach der Ausgabe wertbeständiger Zahlungs mittel, die als Deckung für Notgeld in Frage kommen, sehr weitgehend entgegen, wenn eine neue Gvldanleihe in Hohe von 300 Millionen Goldmark aufgelegt werden soll. Die Deckung hierfür soll Zeitungs nachrichten zufolge in einer für diese Zwecke reservierten Reichssteuer bestehen. Doch erscheint cs zweifelhaft, ob eine solche Deckung ohne weiteres als ausreichend betrachtet werden kann. Der Ruf nach wert beständigen Zahlungsmitteln wird nicht zuletzt von Arbeituehmerseite erhoben, was im Endziel wohl nicht als unberechtigt bezeichnet werden kann. Es ist jedoch immer wieder darauf hinzuweisen, daß wir uns augenblicklich in einer außerordentlich schwierigen Übergangszeit befinden, die keineswegs die restlose Erfüllung auch noch so berechtigter Wünsche bringen kann. Auch für den Arbeitnehmer ist es doch sicher lich wichtiger, die Wertbeständigkeit der neuen Zahlungsmittel anf die Dauer gesichert zu sehen, als zwar für den Augenblick sogenannte wert beständige Zahlungsmittel zu erhalten, die aber später dann doch der Inflation anheimfallen, wie es unvermeidlich ist, wenn die Ausgabe von Goldauleihe, Schatzanweisungen und Rentenmark sich nicht in den festgesetzten Grenzen hält. Daher hängen auch alle Tarifab- s ch l ü s s e a u f G o l d m a r k b a s i s solange in der Lust, als sie licht eine feste Grundlage in Gestalt einer von der Spekulation unabhän gigen festen Währung haben. Solange die Rentenmark noch nicht da ist, ist eine endgültige Lösung unmöglich, sodaß die Festsetzung der Tarife in Papi er mark vorläufig noch vorzuziehcu ist. Um die damit für den Arbeitnehmer verbundenen schädlichen Folgen *)Die angeführte Verordnung tritt laut einer Pressenachricht zu nächst noch nicht in Kraft. möglichst auszuschalten, müssen technische Maßnahmen aller Art ergrif fen werden (möglichst kurzfristige Lohnauszahlungen, Zahlung von Vorschüssen, sofortige Berichtigung unhaltbar gewordener Verein barungen über Papiermark und dergl.), die generell nicht erschöpfend aufgezählt werden können. Soivcit man sich jedoch der Zahlung in wertbeständigen Zahlungsmitteln bedient, sollte ms Gründen der allgemeinen Billigkeit und zur Vermeidung von Weite rungen bei weniger günstig liegenden Zahlungsarten nicht über 10 7» hinausgegangen werden. Der Übergang zu dem sogenannten Goldlohn ist verbunden mit der Aufwerfung der Frage nach der Goldleistung, womit der Kampf um die Arbeitszeit heraufbeschworen wird. Der Entwurf eines vorläufigen Gesetzes über die Arbeitszeit hält grundsätzlich am Achtstundentag fest, sieht jedoch ganz allgemein, von gewissen Kautelen abgesehen, die Verlängerung der täg lichen Arbeitszeit bis zu 10 Stunden im Wege tarifver traglicher Vereinbarung vor. Ta aber der Reichstag bis auf weiteres nicht Zusammentritt, hat einer Pressemeldung zufolge das Reichskabinrtt beschlossen, daß die Frage der Regelung der Arbeitszeit zunächst freien Vereinbarungen (gemeint sind wohl nur Tarifver träge) überlassen bleiben soll. Im übrigen ist die Gel tungsdauer der bisherigen Arbcitszeitverorönungen bis zum 17. No vember verlängert worden. Der Ruf nach Mehrarbeit entspringt dem für die Währungsreform unbedingt notwendigen Streben nach P r o d u k t i u n s st e i g c r u n g und damit Hand in Hand gehend nach P r o ö u k t i o » s v e r b i l l i - gung. Diese setzt aber unter Umstünden voraus, daß die Betriebe von unproduktiven Arbeitskräften möglichst befreit werden. Es sei daher auch an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß der Arbeitgeber, wenn lediglich die Zahl der Arbeitnehmer eingeschränkt wird, ohne daß Teile des Betriebes (z. B. einzelne Maschinen) außer Betrieb gesetzt werden, bei Entlassungen nur an die bestehenden gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen gebunden ist, dagegen keine Verpflich tung zur Anzeige an die Demobilmachungsbehörde bezüglich der Arbeitsstreckung besteht. Auch wenn wegen Betriebsabbruchs oder -stillegung eine Sperrfrist besteht, ist unseres Erachtens zur Kündi gung des Arbeitnehmers die Zustimmung der Demobilmachungs behörde nicht erforderlich, sondern lediglich zur Entlassung, die nur außerhalb der Sperrfrist vorgenommen werden darf. Für die Praxis wichtig ist auch eine Bestimmung aus der Ausfnhrungsanweisung zur Verordnung vom 8. November 1920, worin es heißt, daß die Anmelde pflicht auch dann besteht, wenn die in der Verordnung festgesetzte Min- dcstzahl von Arbeitnehmern in zeitlichen Zwischenräume» zur Entlassung kommt, sofern nur der u rsächliche Znsa m m e u - Hang mit der ganzen oder teilweisen Nichtbenutzung der Betriebs- anlagcn feststeht. Dadurch soll eine Umgehung der gesetzlichen Be stimmungen durch sukzessive Entlassungen verhindert werden. Soweit anf Anordnung der Demobilmachungsbehörde verkürzt gearbeitet wird, können die Arbeitnehmer, wenn sie deswegen weniger als ihres vollen Arbeitsverdienstes erzielen, 40 v. H. des Unterschiedes zwischen ihrem Arbeitsverdienst und des vollen Arbeitsverdienstes als K u r z a r b e i t e r u n t e r st ü tz n n g erhalten. Diese Unterstützung vermehrt sich für jeden zuschlagsberechtigten Angehörigen um 10 v. H. dieses Unterschiedes, bis °/« des vollen Verdienstes erreicht sind. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, über den Arbeitsverdienst Auskunft zu geben und auf Erfordern des Berwaltungsansschusscs des öffentlichen Arbeitsnachweises die Berechnung und Auszahlung der Unterstützung kostenlos zu besorgen. Im A r b e i ts n a ch w c i s w e s e u ist insofern eine Änderung cingctreten, als die Hauptarbeit aus dem Berwaltungsausschuß oder Verwaltungsrat in die neu zu gründenden Unterausschüsse verlegt werden kann, was wohl praktisch meist eintreten wird. Die Arbeit der Unterausschüsse ist angesichts der ihnen zustehenden Befugnisse snr die Arbeitgeber äußerst wichtig, und es kann nicht dringend genug empfohlen werden, daß die Arbeitgebcrvertreter den Sitzungen dieser Ausschüsse, die mitunter Beschlüsse von sehr weitgehender Bedeutung zu fassen haben, ständig beiwohnen, wie dies auf Arbeituehmerseite regelmäßig der Fall ist. Die Not der Zeit und bas Streben des Reichs, seinen finanziellen Aufwand nach Möglichkeit einzuschränken, haben die Träger der Sozialversicherung in eine ziemlich schwierige Lage gebracht. Der Gesetzgeber hat schon verschiedentlich zu Einschränkungen auf diesem Gebiete seine Zuflucht genommen, und es ist die Besorgnis nicht von der Hand zu weisen, daß man über kurz oder lang vor die Frage gestellt wird, ob sich die Sozialversicherung überhaupt im bis herigen llmsange wird ausrecht erhalten lassen. In der Unsallver-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder