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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.12.1927
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- 1927-12-29
- Erscheinungsdatum
- 29.12.1927
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- Deutsch
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MstllbMMdmDeMckmVllMaM Nr. 302 (R. 161). Leipzig, Donnerstag den 29. Dezember 1927, 04. Jahrgang. ReÄMLonMer TA Duchhiindlerische Streifzüge durch Südfrankreich. Von vr. Friedrich Wallisch. I. Marseille. Es gibt wohl kaum eine zweite Stadt in Europa, die einen so durchaus internationalen Eindruck erwecken würde wie Marseille. Nicht nur verschiedene Rassen Europas haben hier eine Heimat, oder richtiger gesagt, ein Asyl gefunden; aus allen Erdteilen strömen hier Menschen aller gesellschaftlichen Schichten zusammen. Aber trotzdem ist Marseille eine durchaus französische Stadt. Denn das Internationale bildet letzten Endes doch nur eine Tünche, die das wahre Wesen dieser Stadt nicht verändern kann. Marseille ist mit einer Einwohnerzahl von fast 800 000 Menschen die zweitgrößte Stadt Frankreichs und der wichtigste Hafenplatz des Landes. Daß das Internationale dieser Stadt bloß eine oberfläch liche Schicht darstellt und nicht in die Tiefe dringt, zeigt sich in ganz erstaunlicher Weise in allen Angelegenheiten des Buch handels. Er hat hier nicht mehr internationales Gepräge als in irgendeinem anderen Ort, der an einer Linie des Frem denverkehrs liegt. In den ungefähr zwanzig Sortiments buchhandlungen der Stadt findet man fremdsprachige Werke nur in bescheidener Menge. Die französische Verlags produktion beherrscht völlig das Bild. Der Kunde kauft meist den Moderoman, sein Berater ist die Tagespreise. Was er in der Zeitung angcpriescn findet, das verlangt er im Laden. Bro schierte Ausgaben neuer Belletristik bilden das Hauptgeschäft des Sortimenters. Ich denke, es ist nicht zuviel gesagt, wenn man behauptet, daß der Deutsche unter dem Worte »Buch- ein gebundenes Werk, der Franzose eine Broschüre versteht. Man darf sich also nicht wundern, wenn man hier auch die Mehrzahl der »Luxusausgaben» broschiert vorfindet. Der Bücherfreund ist gewohnt, die Werke, die er in seine Bücherei einstellt, nach seinem eigenen Geschmack beim Buchbinder einbinden zu lassen, — eine Übung, die ja gewiß auch ihre Berechtigung hat. Nichts destoweniger werden natürlich gebundene Werke gleichfalls ver langt, wie Klassiker und andere Veröffentlichungen von unzwei felhaftem Dauerwert. Abgesehen von schöner Literatur verlangt der Kundenkreis des Sortiments von Marseille insbesondere jene Werke, welche den Interessen einer Handels- und Industrie stadt entsprechen, also jede Art praktischer Wissen schaft, während die theoretische Wissenschaft nur geringen An- wcrt findet. Marseille besitzt zwar eine juridische und eine philo sophische Fakultät, ohne daß diese nicht sonderlich bedeutenden Anstalten aber der Stadt den Stempel der Universitätsstadt aufdrückcn würden. Die führenden Lehranstalten sind Inge nieur-, Handels-, Schisfahrtsschulen usw. Das Buchhandelsge schäft hat sich im Jahre 1927 im Vergleich zu 1926 ein klein wenig verschlechtert. Im Jahre 1926 konnten französische Ver leger, die noch im Besitze billig erworbener Papiervorräte waren, mit Preissteigerungen zurückhalten. Sie durften ihre an und für sich gewagte Kalkulation mit dem ihrem Volke eigenen Optimismus begründen, der allerdings in diesem einen Punkte versagte. Der Einkauf von Papier zu neuen Preisen und die recht beträchtlich erhöhten übrigen Herstellungskosten verursachten dann ein um so erschreckenderes Emporschnellen der Preise. Manche Werke wurden dadurch geradezu unverkäuflich, bis schließlich ein allgemeiner Preisausgleich einen halbwegs erträglichen Zustand schuf. Frankreich, das Schulbeispiel des zentralistischen Staates, hat auch sein Verlagswesen zum Groß teil in der Hauptstadt vereinigt. Damit erklärt es sich, daß es in der zweitgrößten Stadt des Landes fast keine Verleger gibt. Nennenswert ist hier eigentlich bloß der »8smaptu>re», der saußer der Zeitung dieses Namens) Bücher über Handels- und Schiff fahrtswesen herausgibt, ferner die Revue »Oalner cku Suä», die neben ihrem modern-literarischen Organ der jungen Genera tion auch kleine Bücher neuer Autoren verlegt und für diese Er zeugnisse recht lebhafte Propaganda macht. Außerdem betätigen sich naturgemäß offizielle Stellen als Verleger amtlicher Ver öffentlichungen. Schließlich darf nicht unerwähnt bleiben, daß auch Werke in provencalischer Sprache hier erscheinen. Diese Sprache mit ihrer merkwürdigen geschichtlichen Vergangenheit — sie war srüher literarisch ausgebildet als alle anderen romanischen Idiome! — hat jahrhundertlang ihr Leben als bäuerlicher Dialekt der Provence gefristet, wird aber seit einigen Jahrzehnten wieder als selbständige, den anderen romanischen Sprachen gleichwertige Sprache geschätzt und gepflegt. Als Kuriosum sei vermerkt, daß es seit ungefähr einem Jahr in der Berlitz-Schule in Marseille eine Abteilung für Provencalisch gibt. Das Sortiment in Marseille wird vorwiegend durch die Pariser Kommissionäre beliefert, deren Tätigkeit viel fach aber bloß zur Verringerung der Versandspcsen in Anspruch genommen wird. Es sind meist nur die kleineren Buchhand lungen von Marseille, die sich ihrer Kommissionäre als Einkäufer bedienen. Der Einzelrabatt, den der Sortimenter ge nießt, beträgt in der Regel 30 oder 33A, für wissenschaftliche Werke 25^. Dazu kommt noch Staffel- und Partierabatt. Eine Verbindung des Sortiments- mit Schrcibwarenhandcl ist hier erfreulich selten. Am Verkaufe ganz kleiner Broschüren dürfen auch die Zeitungskioske teilnehmen. Ausfallend groß ist in Marseille die Zahl sympathischer Antiquariate, die so recht Fundgruben für Freunde des »Schmökerns» sind. Der »Laden» dieser Handlungen baut sich in echt südländischer Art meist auf offener Straße auf. Riesige Bücherschränke, an die Hauswände gelehnt, ein Gutteil des Gehweges in Anspruch nehmend, also durch ihr bloßes Vorhandensein ein Mittel zu wirksamer Buchpropaganda! Dann gibt es da aber auch Ramsch händler, die ihr Geschäft auf noch einfachere Art betreiben. An einer belebten Straßenecke schütten sie aus Körben oder Säcken ganze Berge von alten Büchern aufs Pflaster. Die Vorüber gehenden stochern vergnügt in diesem literarischen Kehricht herum. Und wer ein bißchen Glück hat, kann um einen Spott preis wertvolle Dinge in seine Bücherei heimtragen. Aber zurück zum regulären Buchhandel. Das nicht französische Buch ist in dieser so international anmutenden Stadt, wie gesagt, ziemlich selten. Am ehesten werden noch englische Werke verlangt. Aber der Buchhandel von Marseille bezieht nur verschwindende Mengen von Büchern aus England. Die Tauchnitz Edition, die man von Gaulon in Paris I4S7
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