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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.02.1906
- Strukturtyp
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- 1906-02-23
- Erscheinungsdatum
- 23.02.1906
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- Deutsch
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2048 Nichtamtlicher Teil. ^ 45, 23 Februar 1906. Die Bücherschätze des Prinzen gehörten nunmehr zu den hervorragendsten und prachtvollsten Privatbibliotheken Europas. Für sie richtete ihr glücklicher Besitzer 1861 in seinem Schloß in Twickenham eine Galerie ein, die die Be wunderung der Besucher erregte. Der Prinz erhielt häufig wertvolle Werke geschenkt, so von feiner Mutter (der Königin Marie-Amslie), seiner Schwiegermutter, seiner Gattin, der Prinzessin von Salerno, der Königin Viktoria u. a. Leopold Delisle zählt eine Reihe dieser Werke auf, doch find nur bei zweien die Preise er wähnt: Cuvillier-FIeury kaufte nämlich einen Aeschylus von 1552 mit griechischen Notizen Racines am Rande, ein Exemplar, das später Charles Nodier gehörte, für 215 Frcs. und einen Phädrus für 281 Frcs. Elfteres wurde dem Prinzen von seiner Gattin geschenkt. Von seinem ehemaligen Lehrer Siloestre erwarb der Herzog von Aumale das Manuskript mit den Vorlagen zu seiner ?»Isogi»xbis rwivorsslls gegen Zahlung einer Jahres rente von 3000 Frcs. aus zehn Jahre. Der Prinz verfolgte die Kataloge der Buchhändler und Antiquare sehr genau. Auch prüfte er die ihm zugesandten Werke sehr sorgfältig und gab unvollständige oder beschädigte Exemplare zurück. Dazu benutzte er die zuverlässigsten Bibliographien oder fragte Bibliothekare und andre Bücher freunde, namentlich Antonio Panizzi, den Direktor des Bri tischen Museums, um Rat. Er hatte eine besondre Vorliebe für einzelne Autoren der alten und der modernen Literaturen, und er suchte namentlich Erstausgaben (prinoixss) zu er halten. Auf seinen Katalogzetteln fügte er zumeist Be merkungen über den Zustand der Exemplare und über ihre Herkunft bei. Er besaß ein Exemplar auf Velin der 1517 in Ferrara erschienenen Ausgabe von Aristoteles, das er für 5000 Frcs. in Berlin gekauft hatte; er schrieb dazu: »Exemplar in Pergament, eines der fünf bekannten, jeden falls weniger häßlich als das des Britischen Museums.« Anfänglich hatte der Prinz unvollständige oder schlecht erhaltene Werke verschmäht, später aber sah er ein, daß es oft besser ist, sich mit solchen zu begnügen, sofern die Aus sicht, bessere Exemplare zu erhalten, sehr gering ist. Zweimal ließ er außer seinen Dubletten auch solche Werke, die ihm für seine Bibliothek nicht gut genug schienen, versteigern, nämlich am 2. Mai 1853 in London') und am 25. Mai 1864 und an den folgenden Tagen in Paris"). Später bereute er es öfter, einzelne dieser Werke nicht behalten zu haben. Großen Wert legte der Prinz auf den Erwerb von Büchern aus den Bibliotheken berühmter, namentlich fürst licher Persönlichkeiten, doch war er sehr auf der Hut vor Täuschungen und Fälschungen, wie sie bei solchen Exem plaren nicht selten Vorkommen. Auch sammelte er nur Antographen, von deren Echtheit er überzeugt war. Er besaß u. a. einen Aristophanes mit der Unterschrift Rabelais', einen Cäsar mit Aufzeichnungen Montaignes, den bereits er wähnten Aeschylus mit Randnotizen von Racine, sowie ein Heft, in dem Brantöme die Biographie seines Vaters auf zuzeichnen begonnen hatte. Der Prinz freute sich stets Manuskripte und seltene Bücher zu erwerben, deren Ankauf den französischen Biblio theken nicht möglich war. Es war ein Festtag für sein ganzes Haus, als 1856 die unvergleichlichen »Lourss« des Herzogs von Berry in seinen Besitz gelangten, nachdem sie mehrere Jahrhunderte in italienischen Händen gewesen waren Ferner erwarb er in London zuweilen zu außerordentlich ^n.°8°'^3t4°Titel>. ^ o o°to. Lon on, Soth-by S hohen Preisen Bücher, die im 18. oder 19. Jahrhundert aus französischen Bibliotheken entfernt worden waren. Er sam melte auch die schönsten Erzeugnisse der französischen Buch drucker, die sich in Italien niedergelassen hatten, so von Nicolaus Jenson und von Jacobus Rubens (Le Rouge) in Venedig, Petrus Mauser in Verona usw. Unvergleichliche Serien deutscher und italienischer Inkunabeln hatte der Herzog von Aumale in der Sammlung von Melzi erworben. Der reichste und gewandteste Sammler könnte sich heute nicht mehr all das verschaffen, was der Mailänder Bibliophile an Werken der ersten Drucker aus Mainz, Basel, Genf, Straß burg, Rom, Venedig, Mailand und andern Städten Deutsch lands, Italiens und der Schweiz besaß. Nur Frankreich war in der Melzischen Sammlung säst nicht vertreten, und diese Lücke hat der Herzog von Anmale so gut ausgefüllt, daß die Serie der französischen Werke des 15. und 16. Jahr hunderts in Chantilly noch bedeutender wurde als die der ausländischen. Der Prinz legte stets großen Wert auf schöne, gediegene Einbände. Er sandte regelmäßig Bücher nach Paris, um sie bei den ersten Buchbindern nach seinen sorgfältigen An weisungen einbinden zu lassen. Mehr als einmal nahm er sich vor, keine weiteren An käufe mehr zu machen, sondern sich ganz dem Genuß seiner reichen Bibliothek und der Bearbeitung eines ausführlichen Katalogs mit umfangreichen beschreibenden Notizen zu widmen, aber gerade in der letzten Periode seines Lebens, als er schon die Absicht hatte, dem Institut seine Sammlungen zu schenken, gab er noch außerordentlich hohe Summen für den Ankauf von Manuskripten und seltnen Werken aus. Er stellte übrigens im Gegensatz zu manchen andern Bibliophilen stets mit großer Bereitwilligkeit den Gelehrten die Schätze seiner Bibliothek zur Verfügung. Betreffs des jetzt erscheinenden Katalogs bemerkt Leopold Delisle, daß er bis zur Milte des 15. Jahrhunderts reicht und nur über solche Werke, die noch nicht genügend bekannt sind, ausführlichere Notizen bringt. Dabei sind viel fach die Aufzeichnungen des Herzogs von Aumale benutzt worden. Unter den Werken befinden sich allein unter den Autoren der Buchstaben ä. und U etwa 70, die in der Nationalbibliothek fehlen, und unter den »livrss ä'lioures« des 15. und 16. Jahrhunderts sind nicht weniger als 17, von denen in keiner öffentlichen Bibliothek in Paris ein Exemplar zu finden ist. Zum Schluß der Einleitung spricht Leopold Delisle den Wunsch aus, daß es dem Lines« Oovcis gelingen möge, auch weiterhin solche Werke zu erwe.ben, deren Ankauf den französischen Bibliotheken mit Rücksicht auf die Beschränkt heit ihrer Kredite nicht möglich ist. Das Institut hat in den letzten Jahren schon wiederholt Ankäufe in diesem Sinn ge macht; so hat es z B. den 2. Band der Übersetzung von Appian mit dem Wappen des Konnetabel von Montmorency, der sich nach Deutschland verirrt hatte, erworben. Der Ver fasser weist auch auf die Gefahr hin, daß immer mehr alte und wertvolle Werke aus Europa nach Amerika ausgesührt werden und damit den europäischen Gelehrten und Bücher freunden für immer verloren gehen. Er hofft, daß es dem Llusss lloucks gelingen möge, diese Gefahr wenigstens in etwas zu verringern. Die Einleitung, die Löopold Delisle zu dem Katalog geschrieben hat, bildet das Muster einer liebevollen und licht vollen Darstellung. Auch in ihrer Ausstattung entspricht sie der hohen Bedeutung des behandelten Gegenstands. Gewiß wird man auch im Ausland dem verdienten Bibliothekar beistimmen, wenn er mit Worten der Bewunderung auf jenes wahrhaft fürstliche Geschenk hinweist, das der Herzog von Aumale seinem Vaterland Hinterlaffen hat. (Schluß folgt.)
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