Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.09.1905
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 25.09.1905
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19050925
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190509251
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19050925
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1905
- Monat1905-09
- Tag1905-09-25
- Monat1905-09
- Jahr1905
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
A. Francke, Verlags-Konto, Bern. Erst jetzt konnte ich nach Deutschland zur Versendung bringen: Zeit- und Lebensfragen Vom Standpunkte einer natürlichen Lebensauffassung ans besprochen von Or. Georg Glaser, Direktor der kantonalen Irrenanstalt Münsingen, Bern. 17 Bogen Lexikon-8". Broschiert M. 4.5V, in Ganzleinenband M. 6.—. Die Nachfrage in der Schweiz war eine so bedeutende, daß ich erst einen teilweisen Neudruck vornehmen mußte, um auch die zahlreichen Bestellungen aus Deutschland ausführen zu können. I. V- WidMlttttl widmete dem Buch im „Bund" drei Feuilletonartikel, aus denen ich nur einiges hier folgen lasse. „Chinin, von einem wohlwollenden und klugen Arzte einem fiebrigen Zeitalter in verständig bemessenen Dosen eingegeben — so könnte man die Bedeutung von Or. Glasers neuem Buche versinnbildlichen. Unbildlich: es ist ein ernstes, gehaltvolles Buch, das, wenn es die verdiente Ver breitung findet, zur allgemeinen Volksausklärung und Bildung einer von konfessioneller Kirchlichkeit unabhängigen, großen, freien und sittlichen Weltanschauung praktisch unendlich mehr bettragen wird, als z. B. sämt liche Schriften Nietzsches. Denn wenn auch nicht genial wie Nietzsche, ist Glaser dafür mit dem von ihm fest ins Auge gefaßten Ziel: -Gedeihen der menschlichen Gesell schaft- ein Vertrauen einflößender Führer. Was kümmert sich Nietzsche um das Gedeihen der menschlichen Gesellschaft? Gibt er ihr doch bei jeder Gelegenheit zu verstehen, lvie lästig sie ihm ist, auch wie sehr er sie verachtet. Und wie er selbst als aller Weisheit tiefsten Grund den Willen zur Macht bezeichnet hat, so wird der Leser von Nietzsches Schriften den Eindruck nicht los, es sei ihrem Verfasser in letzter Linie doch nur daraus angekommen, sich geistig übermächtig zu beweisen, wozu denn auch gehört, daß er dem Leser, der ihm in guten Treuen gefolgt ist, oft plötzlich in einer Versenkung entschwindet, um ihn ini nächsten Augenblick aus einer Kulisse heraus zu verhöhnen, daß er ihm Glauben schenken konnte. Vom ästhetischen Standpunkt ist dieses koboldhafte Spiel Nietzsches fesselnd genug; aber die praktischen Ergebnisse — wenn wir von ein paar glücklich geprägten Schlagworten absehen — sind doch eigentlich verdammt gering. Or. Glaser nun, der, wie er selbst sagt, nicht von fern den Anspruch erhebt, eine neue Lebensanschauung zu begründen, ist namentlich durch das, was ich -den Willen zur Menschheit-- nennen möchte, der größte Gegensatz zu Nietzsche. Nicht seinen Geist will er uns beweisen, sondern mit dem Arbeitszeug dieses Geistes der Gesamtheit nützlich werden, indem er eine Popularisierung vernunftgemäßer, nicht von ihm erfundener, wohl aber von ihm neuerdings scharf durchdachter Lebensanschauungen zu geben versucht. Vor allem wendet er sich -an jene gebildeten Kreise, die am Kirchenglauben, den sie in der Kindheit in sich ausgenommen und während Jahren als teures Gut mit sich getragen haben, im Laufe des Lebens irre geworden sind, ohne vielleicht bisher einen hinreichenden Ersatz für den Verlust gefunden zu haben«. Er weiß, daß ihre Zahl immer größer wird. Er selbst gehört zu jenen Männern, -die aus Liebe zur Wahrheit den inneren Bruch mit der Kirche und einem Teil ihrer Lehren vollzogen haben- Wie er nun seine Ruhe selbst wiedergefunden hat, so null er sie auch andern verschaffen, will namentlich zeigen, daß die Menschheit, auch wenn sie den Glauben an einen persönlichen Gott und Schöpfer der Welt, an die Unsterblichkeit der individuellen Seele und sogar den an die Willensfreiheit des Menschen aufgibt, deshalb keineswegs in unsittlichen Materialismus versinken muß, sondern eine Kulturgemeinschaft bleibt, welche der fortwährend zunehmenden sittlichen Entwicklung fähig ist, ja, diese Fähigkeit durch ihre Unabhängigkeit von den unbeweisbaren Glaubenssätzen der sogenannten geoffenbarten Reli gionen noch wesentlich steigert. Fragt man, welches Ideal denn der Verfasser an die Stelle der religiösen Ideale setzt, so zeigt uns schon die Vorrede, daß die mensch liche Gesellschaft in ihrem Gemeinschaftsleben dieses von ihm mit großem Ernst erfaßte Ideal ist, was wir am besten verstehen werden, wenn wir sagen: der Verfasser stellt sich zur Gesamtheit des Menschen tums wie der Japaner zu der ihm über alles heiligen Gemeinschaft seines Volkstums. * * 4° Or. Glasers Buch besteht aus einer Folge von Abhandlungen, deren Themata so gewählt sind, daß sich für die Lebensanschauung, die man aus ihnen gewinnt, ein logischer Aufbau ergibt, der nicht besser ange ordnet sein könnte, als wie er sich hier darstellt. Denn mit -Erde und Weltall- beginnt die Reihe dieser Aufsätze. Dann folgen die Kapitel: -Leben und Tod- — »Gehirn und Seele« — »Der freie Wille-- — »Unser Ziel« — »Menschenglück und Menschenpflicht-- — -Religion« — -Ethik im Christentum und Buddhismus- — -Die Kirche«. Von diesen mehr allgemeinen Lebensfragen, die wir aus der Ver gangenheit übernommen haben, schreitet Or. Glaser zu den Zeitfragen der Gegenwart: »Die Arbeiterfrage« — -Die Sozialdemokratie- — -Be triebsformen- — -Landwirtschaft«. Zuletzt werden unter dem gemeinschaftlichen Titel: -Ausblick« noch besonders behandelt: »Jugenderziehung» — »Gesundheitspflege« — »Stände gliederung« — »Die Stellung der Frau als Gemeinschaftsglied« — »Betriebstendenzen«. Welche Summe echter Lebensweisheit in allen diesen Abschnitten steckt, ist gar nicht zu sagen. Man hat den Eindruck, wer dieses Buch in sich ausgenommen, müsse fortan ein sicherer Mann sein, fest in sich selbst ruhend, gewiß nicht prahlend, als sei er hinter die letzten Geheim nisse der 'Natur gekommen, aber allerdings über die sittliche Aufgabe seines eigenen Lebens wie des Lebens der Menschheit fortan im klaren. Man sieht: Or. Glasers Buch ist recht eigentlich ein Lcbens- bttch, ein Buch, das von jedermann im Volke gekannt und ge lesen zu werden verdient. Und da der Verfasser seine ernsten und gehaltvollen Gedanken in einfacher Sprache ausgedrückt hat, kann es auch von jedem einigermaßen Gebildeten gelesen und verstanden werden. Möge es also die Verbreitung finden, die wir ihm im Interesse der allgemeinen Volkswohlfahrt wünschen." Für L oonä.-Versendung steht jetzt nur noch ein geringer Vorrat zur Verfügung. Ein Probe-Exemplar liefere ich mit 40»/«. Bern, 21. September 1905. Ä. FvONÄb, Verlags-Konto. 1120"
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder