5S30 Jir 278, 2g. November 1984. Fertige Bücher. Börsenblatt s. d.Dtschn. Buchhandel. So wuröe im Hahre 1918 einer unserer öeutschesten Dichter zur letzten Ruhe gebettet. Ein Nachruh öer Bände spricht! Timm Kröger tot! Heute am Z. April haben wir ihn begraben. Er ruht neben seiner ersten Krau, auf dem schonen Kriedhof zu Elmshorn. Dem Sarge folgten außer den nächsten Angehörigen ein Dutzend bejahrter Bauern seines Landes, sein alter und sein neuer Verleger, und ich. Oer psstor loci segnete ihn ein wie seine anderen wackeren Ackerbürger, aber der Himmel seiner Heimat tat ein übriges. Gewitterschloßen schlugen an die Kapellenfenster, sie hiel ten inne, als der Sarg hinausschwankte. And da er, unter fernem Oonner, in die Gruft gesenkt ward, brach die Sonne plötzlich leuchtend herüber, flammte über den Kriedhofs- rand ein langer goldener Blitz. So lang ich lebe, will ich diesen Gruß der Heimatsonne nicht vergessen. Zur Ruhe gebettet ward der größte Erzähler der Gegenwart. Oie „berufenen" Ver treter Deutschlands, reisefertig für den SO. Geburtstag eines jeden durch ihr Marktgeschrei hochgebrachten Schmarrenschrcibers, waren zu Hause geblieben. Oie Universität zu Kiel, wo Kroger die letzten langen Jahre wohnte, stand nicht einmal mit einem kranzbewehrtcn Pedellen am Grabe. Sie begnügte sich wahrscheinlich mit der beträchtlichen Leistung, dem allzunahen Dichter den Ehrendoktor vorenthalten zu haben und bei der Kieler Trauerfeier am Sarge neben Exzellenzen und anderen Größen — darunter niemand von der Zunft! — durch ihren Rektor vertreten gewesen zu sein. — Weggeblieben waren sie alle, denen dieser Bauernsohn aus Haale über den Kopf gewachsen war, und die an ihm mit Schwelgen und Geringschätzung gesündigt haben. „Ich bin all mein Leben ein Pechvogel gewesen", hat Kröger 1Y14 bekannt, als ihm der Krieg den 70. Geburtstag erstickte. Oann hat er mit Geduld auf den 75. gehofft. Seine Werke fanden endlich Käufer, er begann sich durchzusetzen. Alle Anzeichen zu einem sehr großen Erfolge waren da, Deutschland flocht an seinem Kranze — da muß er dahin. And wird so beerdigt. Weiß denn kein Mensch im Reich, daß hier der letzte der Großen, der letzte vom Schlage der Storm, Keller, Meger, Raabe Abschied nahm? Gibt es denn in unserer erleuchteten Zeit noch Winkel, wo einer der immer seltener werden den Unsterblichen über das biblische Aller hinauskommcn kann, ohne „entdeckt" zu werden? Wo bleibt da unsere vielgerühmte literarische Gerechtigkeit? Sind die Herzen der deutschen Bücherlescr schon völlig vecwolfft und verullstcint? Ist kein Raum mehr für solche Hochkunst? Dies Geschlecht wird verwehen, und noch eins und noch eins. Timm Kröger kann warten. Er hat jetzt noch mehr Geduld als in seinem langen Leben. Er ist nach hundert Jahren noch so frisch wie heut, und das weiß niemand bester als die, die seine Dichtung unvergänglich durchflutet, die mit ausgleichender Gerechtigkeit den süßen Boten Gottes an seinen Sarg sandte: die Sonne seiner Heimat. Or. Werner Jansen. Zetzt enölich ist Vmm Krögers Heit gekommen! Oie neue, von Or. Hellmuth Langenbucher unter öem Titel „Stille Einkehr" besorgte Auswahl öffnet öie Herzen für öen großen Ge- stalter deutschen Wesens. Verlag Georg Westermann, Braunschweig, Berlin W 35