Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.08.1914
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- 1914-08-05
- Erscheinungsdatum
- 05.08.1914
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1914
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Nr. 17S. ! Deutschen Deiche zahlen für jedes Exemplar 30 Mark bez.des Dörsenvereins die viergejpaltene Detitzeile oder deren z« ?36 Mark jährlich. Nach dem Ausland erfolgt Lieferung N Daum 15 <pf..'/. 6.13.50 M.. 1/26.26 M..'/, 6.50 M.; für Nicht- !über Lmpzig oder durchs Kreuzband, an Nichtmit^lieder in Zj Mitglieder 40 Df-. 32 M.. tzO^Dl.. 100 Nl. — Beilagen werden !! TMMind^MrstM^rÄiü'öLrSMI^^nBÄHNMlLr)^'VLpsiy. Leipzig, Mittwoch den 5. August 1914. 81. Jahrgang. Redaktioneller Teil. Die Buchkritik in der Tageszeitung. Von vr, Zur, I, M. Schoenthal- München, Es ist weder neu noch ein Geheimnis: Die Buchkritik ist das Stiefkind der modernen Tageszeitung, Es wird dem literarisch Interessierten oft ein unergründliches Rätsel sein, weshalb eine Tageszeitung keinen Raum für die Besprechung eines wirklich wertvollen Buches erübrigen kann und doch in jeder Nummer die längsten Telegramme über Unglücksfälle, Verbrechen und ähnliche sensationelle Dinge bringt, die — wenn überhaupt — doch nur ephemeres Interesse auslösen können. Mit dem Schelten allein ist es aber nicht getan; man sollte einmal die Ursachen und Zusammenhänge des — offenkundigen — Mißstandes prüfen und danach versuchen, selbstverständlich ohne utoptstische Verstiegenheiten und unter Berücksichtigung der tat sächlichen Verhältnisse, Wege in die Zukunft zu weisen. Man mag über die erzieherischen Aufgaben der Tagespresse denken, wie man will: fest steht doch vorläufig, daß das Gros des deutschen Lesepublikums an der Lektüre von Buchkritiken nicht das mindeste Vergnügen findet; wir leben im Zeitalter des Kinc matographentheaters; es ist durchaus kein Zu fall, daß sich die Kinotheater so großen Zuspruchs erfreuen; sie kommen eben dem Verlangen der großen Masse ganz besonders entgegen, und dieser Geschmacksrichtung des großen Lesepubli kums muß auch die Tageszeitung, schon im Interesse der Selbst erhaltung, Rechnung tragen. Wollte ein Generalanzeiger einer großen Industriestadt von heute auf morgen das Niveau seines Blattes erhöhen, die Gerichtsberichte, die Skandalgeschichten, das Kapilel der Blutrünstigkeitcn in Fortfall bringen, die Rubriken »Lokales« und »Vermischtes« beschneiden und dafür Aufsätze aus den Gebieten Kunst und Wissenschaft, meinetwegen auch Buchkri tiken bringen, — innerhalb weniger Tage wäre das Blatt als »fade« und »langweilig« verschrieen; nach drei Monaten hätte es 99 7° seiner Abonnenten und damit auch Inserenten verloren. Mit der Geschmacksrichtung seiner Leser muß notwendigerweise jeder Zeitungsbcrlcger rechnen; das einzige, was er tun kann, ist, unmerklich und heimlich das Geschmacksniveau inner halb des gezogenen Rahmens zu erhöhen die gröbsten Blut- rünstigkeiten und die allerrohesten Sensationsberichte, wenn nicht ausznmerzen, so doch zu mildern. Aber hüten wird er sich in jedem Falle, eine Rubrik verschwinden zu lassen, um sie durch eine andere zu ersetzen, von der er sich von vornherein sagen muß, daß er damit wenig oder gar keine Gegenliebe bei seinen Lesern findet. Vielleicht brächte trotzdem einer oder der andere unter den Idealgesinnten noch den Mut auf, dem von ihm ver legte» Generalanzeiger eine literarische Beilage beizugeben, im Vertrauen auf eine kleine Minderheit, die diese Beilage freu dig begrüßen würde, und in der Hoffnung, daß auch von der großen Masse ab und zu einer Freude an solch einer Beilage hätte, wüßte er nicht, daß das Gros der Leser allen textlichen Erweiterungen, die nicht dem allgemeinen Geschmack huldigen, nicht etwa indifferent, sondern geradezu feindselig ableh nend gegenübersteht. Weniger Idealgesinnte tun alle Einwände mit der histori schen Erklärung ab, die Zeitung sei in erster Linie Übermittlerin von Nachrichten; sie habe zuerst, ja ausschließlich von allcrneue- sten Vorkommnissen und Ereignissen zu berichten, im weiteren vielleicht noch zu unterhalten, niemals zu belehren; deshalb müsse alles, was nur im entferntesten nach Wissenschaft oder Wis senschaftlichkeit rieche, den Zeitschriften überlassen werden. Die Replik, daß die Zeitung, auch wenn man sie ihrer geschichtlichen Entwicklung nach so auffasse, dann doch jedenfalls auch die Er- cignisse auf kulturellem Gebiete zu vermerken habe, also auch die Neuerscheinungen von Büchern sorgfältig registrie ren müsse, ebenso wie die Nachricht von einer neuen Erfindung oder dem Tode eines Gelehrten, überhören diese Realpolitiker zumeist geflissentlich oder erwidern darauf mit sophistischer Dia lektik, (Und doch wäre es am Ende das Naturgemäße, jedes neuerscheinende Buch als Ereignis von mehr oder minder er höhter Bedeutung anzusehen, wie dies vor 60—75 Jahren noch von seiten der größeren Zeitungen geschah. Heute, da täglich allein in deutscher Sprache rund hundert Neuerscheinungen zu verzeichnen wären, ist dies ein Ding der Unmöglichkeit geworden, selbst für die allergrößten Zeitungen, geschweige für die Lokal blätter und Mittelstandszcitungen jGeneralanzeigers, deren Lesepublikum sich gelangweilt abwenden würde,) So liegen also die Verhältnisse für den Zeitungsverleger, und da bedeutet es schon anerkennenswert viel, wenn er der Feuilletonredaktion allwöchentlich oder halbmonatlich die Her ausgabe einer literarischen Beilage ermöglicht, das heißt, von seinem teuren Textteil kostbare 300, 500 oder gar 700 Druckzeilen opfert. Das kann eben nur ein Grotzstadtblatt, das — wenig stens zu einem gewissen Prozentsatz — mit einer großen Leserge- meinde aus der geistigen Oberschicht zu rechnen gewohnt ist und überdies ein traditionelles Prestige zu wahren hat. In Wahr heit ist die literarische Beilage der Ballast einer jedenZcitung, — rein wirtschaftlich genommen. Man ver gegenwärtige sich nur einen Augenblick, welche Summe von Arbeit der Redakteur mit dem Ordnen und Sichten der Büchereingänge, dem Verteilen der Exemplare an die Rezensenten, der Entgegen nahme und Durchsicht der Kritiken, dem Zusammenstellen der ein zelnen Nummern der Beilage verlieren muß, wohingegen er in verhältnismäßig kurzer Zeit einen Roman fürs Feuilleton, der etwa einen Monat läuft, auswählt und dann einen Monat lang sich ums Romanfcuilleton nicht zu kümmern braucht. Und nun bedenke man die fieberhafte Spannung, mit der der Abonnent und seine weiblichen Familienmitglieder die tägliche Romanfort setzung erwarten, und demgegenüber die sehr geringe Beliebtheit der literarischen Beilage. Diese Tatsache steht doch wirklich in schreiendem Mißverhältnis zu dem erhöhten Aufwand an Ar- beitskraft, den die Beilage erfordert. Man mag noch so opti mistisch kalkulieren, mag die Papier- und die Satzkosten, die hohen Löhne der Drucker, die sich eben anderwärts besser verzinsen, noch so gering veranschlagen, — man wird immer eine Unter bilanz herausrechnen. Die literarische Beilage ist vorläufig noch für die Tageszeitung eine kostspieligeEhrensache, nichts weiter. Und darum ist sie das Stiefkind des Verlegers, der aus kaufmännischen Erwägungen nicht gern xvur la Amre arbeitet. 1225
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