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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.03.1935
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1935-03-05
- Erscheinungsdatum
- 05.03.1935
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- Deutsch
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X- 54, 5. März 1935. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. ö.Ttschn. Buchhandel. Der Sortimenter soll die Neuerscheinungen schon im Sommer lese» Diejenigen Verleger, denen daran liegt, daß das Weihnachts geschäft sich in höchstmöglichem Ausmaße auf den Absatz ihrer Neuigkeiten auswirkt, sollten diese zum l. September, spätestens l. Oktober vor das Publikum bringen. Dem Sortiment aber soll ten sie die Bücher bereits zwei bis drei Monate vorher zur Ver fügung stellen — evtl, auch den Zeitschriften und Zeitungen zur Besprechung — mit der bestimmten Anweisung (etwa aus einer Buchschleife), daß die Bücher nicht vor dem jeweils zu bestimmen den Termin (l. oder lb. eines Monats) an das Publikum abgegeben werden dürfen (evtl. Konventionalstrafe). So ist dem Sortimenter die Lektüre in den stillen Sommermonaten möglich und die Spannung des Publikums wirkt sich evtl, noch günstig für den Ausgabetag aus. Der Zinsverlust für den Verleger wird sicher durch die Möglichkeit einer persönlichen Empfehlung des Sortimenters ausgewogen. M. A. G. Planmäßigkeit statt Plaulofigkeit Reinhold Vesper hat da eine sehr wichtige Frage aufgeworfen. »Soll die Springflut so weitergehen?« und zur Entscheidung aufgeruscn: »Ab Januar: Neuerscheinungen 1935!« Alle verantwor tungsbewußten Mittler am Buch sind sich Wohl einig, daß in der Frage des Erscheinens der neuen Bücher bald eine Regelung getroffen werden muß, die die Neuerscheinungen aus das ganze Jahr verteilt. Die Bücherspringflut in den Wochen vor Weihnachten ist ein Rest aus der liberalistischen Zeit, in der alle Kräfte bis zum Leerlauf oder bis zur Überspitzung sich selbst überlassen blieben. Die liberali- ftische Zeit stellte sich unter das Gesetz von Angebot und Nachfrage. So geschah es, daß durch ein Überangebot die Nachfrage mit allen Mitteln Hochgetrieben werden mußte. Da dafür auf dem Büchermarkt nur die Weihnachtszeit in Frage kam, wurde ein Trommelfeuer der Neuerscheinungen veranstaltet mit dem Erfolg, daß die Leser ohn mächtig liegen blieben oder die Flucht ergriffen, daß die Kritiker sich hinter dem Begriff Zeitmangel verschanzten und die Buchhändler, völlig taub geworden, weder dem schlechten Leser noch dem schlechten Buch mehr rechten Widerstand zu leisten vermochten. Die neue Zeit steht unter dem Gesetz der Volksnotwendigkeiten. Was für das Volk nicht notwendig ist, ist überflüssig oder schädlich. Was für das Leben des Volkes notwendig ist, muß auch durchgeführt werden. Die gesunde geistige Ökonomie eines Volkes bedingt, daß es sich mit einer gewissen Regelmäßigkeit geistig ernährt und nicht in wenigen Wochen mehr verschlingt als im übrigen ganzen Jahr. Das ist ein höchst ungesunder Zustand, der zu den planmäßigen Ordnun gen des neuen Deutschland nicht mehr paßt. Es ist gewiß nicht schwer, auch in die Neuerscheinungen eine ge wisse Ordnung zu bringen. Ich möchte Vorschlägen, daß in den Wochen vor Weihnachten, also etwa von Ende September an, keine politischen, wissenschaftlichen (einschließlich geschichtlichen), philoso phischen, theologischen Neuerscheinungen mehr herauskommen, daß diese Wochen ganz dem erzählerischen oder dichterischen Buch Vorbe halten bleiben, daß aber auch die wichtigeren dichterischen Bücher außerhalb dieser Zeit über das ganze Jahr verteilt erscheinen und daß auch die nichtdichterischen Neuerscheinungen über das ganze Jahr verteilt werden. Ich glaube übrigens, daß die Buchhändler in aller kürzester Zeit schon feststellen werden, daß das Kennwort Neu erscheinung nicht mehr zieht, daß das Publikum nicht mehr die Sensation einer Neuerscheinung sucht, oder die Mode einer Neu erscheinung mitmachcn will, sondern lieber die Bücher sucht, die ein vertrauenswürdiger Mensch lobt oder empfiehlt. Denn wenn sich Bücher langsamer aber sicherer und wirksamer durchsetzen, dann brauchen sie einige Zeit, dann ist das System der Springflut vor Weihnachten sogar schädlich für den Erfolg des Buches. Denn dieser Erfolg kann in so kurzer Zeit nicht mehr ausreifen. Man kann übrigens beobachten, daß verantwortungsbewußte Verleger, Buchhändler oder Kritiker sich heute schon bemühen, der schädlichen Springflut entgegenzuwirken, indem sie die Bücher früher erscheinen lassen, die Bücher nicht nach dem Stichwort Neu erscheinung ausstellen und nicht blindlings nach oder gar vor dem Erscheinen (auf Grund von Aushängebogen) besprechen. Man kann heute die Haltung eines Literaturteils z. B. schon daran erkennen, ob er noch dem liberalistischen Prinzip huldigt, Neuerscheinungen möglichst schon am nächsten Tag einzeln zu besprechen oder aber Neuerscheinungen in einen größeren thematischen Zusammenhang einzuordnen, der mit dem Termin des zufälligen Erscheinens nichts, mit dem inneren Gesetz unseres Werdens aber alles zu tun hat. Es ist das Zeichen, ob man äußerer Wirkung und der Jagd nach Sensationen, wenn auch unter äußerlich anderen Vorzeichen, weiter huldigt, oder ob man planmäßig am Aufbau mitarbeitet. Solange aber die Springflut regellos andauert, müssen wir uns weiter selbst helfen, indem wir die wissenschaftliche Literatur und das gute dichterische Buch erst nach Weihnachten besprechen. Diese Bücher brauchen Zeit zu ihrem Erfolg. Das auf den ersten Blick bedeutungslose erzählerische Schrifttum wird rücksichtslos ebenso verschoben und erst nach dem Fest noch einmal sorgfältig gesiebt. Diese Methode hat sich, glaube ich, bewährt. Und was dis besondere Kauffreudigkeit des Publikums in dieser Zeit betrifft, von der in der Bemerkung der Schristleitung des Buchhändler-Börsen blattes die Rede war, so ist sie in dieser Zeit auf sogenannte Ge schenkbücher gerichtet, also wenig auf wissenschaftliche Werke. Außer dem sollte es unsere Aufgabe sein, die Lesefreudigkeit zu erziehen, daß sie sich nicht so gefährlich vor Weihnachten staut. Sie mag dort ruhig etwas stärker bleiben, sodaß auch die Neuerscheinungen zahl reicher bleiben können. Die Lesefreudigkeit darf aber nicht neun Monate schlafen und nur drei Monate überwach sein. Das ist ein Zustand, der eines wachen Volles aus dem Weg in eine neue Epoche nicht würdig ist. Einen Schlüssel aber für die Verteilung der Neu erscheinungen zu finden, dürfte unseren neuen Standesorganisa- tionen nicht schwer werden. Dafür sind sie da. Sie sollen doch nicht nur in ihren Reihen Ordnung schaffen, sondern auch am Ausbau einer sinngemäß geordneten Kultur mitschaffen. Die Verteilung der Neuerscheinungen ist dabei noch eine der kleinsten, aber sehr wich tigen Aufgaben. Wilhelm Westecker, Leiter der »Kritischen Gänge« der Berliner Börsenzeitung. Die Praxis muß de» goldene» Mittelweg finde» Ein einseitiger Standpunkt Hilst uns nicht weiter, nicht der des Verlegers, nicht der des Buchhändlers. Wenn man die Decke einer Straße nur von der Mitte bis zum Ende erneuert, darf man nicht behaupten, daß man die Straße wieder in einen brauchbaren Zu stand versetzt habe. Heißt es aber nicht in der Mitte beginnen, wenn man eine Verteilung der Jahresproduktion aus zwölf Monate ver langt, damit der Sortimenter die Möglichkeit hat, sich eingehend mit allen Neuerscheinungen zu befassen? Man hätte damit zwar eine Lösung gefordert, aber die Notwendigkeit einer gesamten Wandlung außer acht gelassen. Es geht weder um den Sortimenter noch um den Verleger! Es geht um den Leser und Käufer. Darum ist nur eine einzige Fragestellung berechtigt: Welche Art der Produktton und ihrer Verteilung dient dem Kunden am besten? Es gibt nun einmal im Sommer keine langen Winterabende! Und weder am Wasser noch auf dem Sportplatz, weder im Garten noch in einer kurzen Raststunde auf der Wattderung ist der gehörige Raum für die ernsthafte Beschäftigung mit einem ernsthaften Buch. Dadurch bleibt notwendig die größere Teilnahme des Kunden an den Neuerscheinungen aus die Wintermonate beschränkt. Damit ist aber die eine Tatsache erhellt: weder der Verleger hat durch die Verteilung seiner Produktion noch der Sortimenter durch die seines Angebots allein den Kunden dazu erzogen, in den Winter- 171
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