x° 54, 5. März 1935. Fertige Bücher. Börsenblatt f. d.Dtschn. Buchhandel. Einige Proben aus dem Buch: Am Tage können die Verwundeten nicht über die vom Feinde beschossenen Straßen transportiert werden, in der Dunkelheit kommen sie an. Wir sitzen beim Abendessen, da steht eine Ordon nanz in der Tür, meldet zehn Leichte und acht Schwerverwundete. Wir fahren in unsere Mäntel und laufen hinaus. Man hört Kommandorufe, man hört das Geräusch der Sanitätsautomobile voni anderen Flußufer her, Taschenlampen blitzen auf, Laternen wackeln durch die Nacht. Über die Jsonzo-Brücke kommt ein Zug von Feldtragen und humpelnden Gestalten. Die Fenster der Operationsbaracke leuchten plötzlich hell auf, Licht fällt auf kahle Bäume und Schnee, viel Menschen eilen den Weg zum Hügel hinauf. Schon vor der Tür hör ich den Schrei. Was ist das? — Ein Kopf schuß liegt auf der Trage im Vorraum, will sich nicht anfassen lassen, stößt dem Wärter die Beine in den Leib, ist wahnsinnig vor Schmerz, schreit „Hölle" und „Teufel". Er blickt verwirrt von Grete zu mir, blickt starr auf meine weiße Schürze, hört auf zu schreien, wandert mit dem Blick lang sam an mir hinauf, sieht mich an, ich stehe still, blicke ihm in die Augen hinein, denke nichts weiter als das: ,Du brauchst keine Angst vor uns zu haben? Er wird ruhig, läßt sich auf dm Operationstisch tragen. Der Oberarzt schreit: „Los! losl" Ich steige über Tragen, die im Vorraum stehen, da seh ich ein wachsbleiches Gesicht, der Mensch hebt die Hand hoch, sagt: „Bitte, — retten, — schnell!" Ich rufe nach dem Oberarzt, der kommt, unterdeß ruft die Grete: „Hier blutet einer durch, eS läuft aus dem Ärmel heraus." Man weiß nicht, wo zuerst anfangen, ich bin schon am Wasch tisch, Hände in heißem Seifenwasser bürsten, dreimal Wasser wechseln, Hände in Sublimat, Fingerspitzen bürsten. Der Gefreite hält uns die sterilen Operationsmäntel hin. Unterdessen kochen die Instrumente. Bin fertig, darf nichts mehr anfassen als ausge kochte Instrumente, muß mit hoch erhobenen Händen stehen und warten, bis der Gefreite den Deckel vom sterilen Korb aufmacht, der ganze Korb dampft noch vom Desinfektor. Zu oberst liegen die weißen Handschuhe, die ziehen wir an. Jetzt seh ich, der Kopfschuß ist nochmal beiseite getragen worden, der wachsbleiche Bauchschuß liegt auf dem Tisch. Ich seh, daß der Wärter den Notverband abmacht, — ich will nicht sehn, was da ist, und blicke doch starr hin, schließe dann schnell mal die Augen, ein Flimmern ist hinter den Augenlidern. Ich höre nur schwach, daß Oberarzt „Narkose" sagt und daß dem Kobi irgendwas hinfällt. Das macht mich wieder fest, ich sehe zu Grete hin, Grete hat ein Gesicht wie Maske, die Maske lächelt dem Wachsbleichen zu, Grete hält seinen Kopf, hält die eine Hand so, daß er nicht auf seinen Leib blicken kann, sie schützt seine Augen mit dieser Hand. Oh, Grete ist klug. Ich seh, daß eine Jodflasche zerbrochen auf der Erde liegt, daß Kobi bleich ist und schwankt, Oberarzt ruft ihm zu: „Wasser trinken und dann wieder reinkommen." Der Gefreite hält mir den Kocher mit den Instrumenten hin, da ist alles wieder ruhig in mir, ich denke nur so: ,Was kann der Ober jetzt machen wollen? Welche Instrumente werde ich zuerst brauchen?' Ich blicke ihn unschlüssig an, doch er sagt kein Wort, schüttelt nur langsam den Kopf. Zu Grete sagt er: „Gebens ihm a paar Tropfen." Da weiß ich, jetzt braucht er nur große Gaze, ich reiche sie hin. Was hatte ich denn gesehen, — das waren große Fetzen von Haut und Fleisch, ein aufgerissener Leib, herausgetretene Därme, Blut, viel stinkender Kot und — Tannenreisig dazwischen. Deckt der Ober vorsichtig alles wieder zu und winkt ab: „Nebenan, in die Apotheke legen. Wacht er doch nochmal auf, rufst den Feldkurat. Hat er Schmerzen, gibst ihm a Morphium." Kobi ist wieder da, noch immer bleich, der Ober sagt zu ihm: Dieser Prospekt steht dem Sortiment bei Bestellung des Buches in angemessener Anzahl zur Verfügung 961