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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.06.1914
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- 1914-06-20
- Erscheinungsdatum
- 20.06.1914
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Redaktioneller Teik. 140, 20. Juni 1014. seinen Tod, am 15. Mai 1881. Schon 1867 war er geadelt, 1876 Freiherr geworden — hatte also das Menschenmögliche erreicht. Man erzählt allerlei über seine Unzuverlässigkeit und Neigung zu Intrigen, und wahrscheinlich hat er in Weimar die Niederlage von Cornelius' »Barbier von Bagdad», die Liszt treffen sollte, veranlaßt. Andrerseits war er durchaus kein Feigling, wie er denn das bekannte Gedicht im »Nacht wächter« gegen die Juden: »Aus kleinen Wurzeln sprossen starke Bäume« in seine »Gesammelten Werke« von 1877 ruhig wieder aus nahm und seinen Witz tapfer spielen ließ. Beispielsweise: Als er nach Wien kam und zum ersten Male mit Mosenthal zusammen war, da suchte dieser gleich ein neues Drama, eine Oper und ein Tanzpoem mit Musik von Goldmark bei ihm anzubringen. Als er darauf Dingelstedt beim Anziehen seines Überrocks behilflich sein wollte, statt dessen aber den seinigen erwischte, da sagte Dingelstedt: »Lieber Freund, Sie haben mir heute ein Schauspiel, eine Oper, ein Ballett aufgehängl; aber Ihren Rock lass' ich mir nicht auch noch aushängen!« Er war auch ein deutschgesinnter Mann, von dem Gedicht »Die Flüchtlinge« im »Nachtwächter« an bis zu dem »An meine Enkel in Triest« ist er in dieser Hinsicht trotz der Hofatmo sphäre unverändert geblieben. Selbstverständlich ist über seiner dramaturgischen Be tätigung sein poetisches Schaffen in späterer Zeit zu kurz ge kommen. 1841 soder 1844) gab er noch die Novellen »Heptameron«, 1845 »Gedichte« <2. Ausl. 1858), 1847 »llusgu'L la mer, Erinnerungen an Holland«, 1850 sein Trauerspiel »Das Haus des Barneveldt«, 1851 «Nacht und Morgen«, neue Gedichte, 1868 die Novelle »Die Amazone« heraus, über die späteren Gedichte hat noch Hebbel geschrieben: »Mit ganzer Seele der modernen Welt und der Gegenwart zugewandt, gleicht er bald der Biene, welche einer Blume, die unter wan kenden Ruinen blüht, noch im Moment des Zusammensturzes den letzten Honig entsaugt, und bald dem Raben, welcher das dem Tode verfallene Leben prophetisch und drohend umkreist. Der Rausch, der in unseren Tagen die reine Freude und das stille Entzücken so oft vertreten mutz, ist nie hinreißender ge schildert worden als in dem ,Romain; das soziale Zerwürf nis, aus dem er entspringt und das übrig bleibt, wenn man auch alle Pessimisten und Utopisten mit ihren Litaneien und Theoremen davonjagt, aber auch nie furchtbarer als in dem ,Nachtstück von Londow .... Der Romantik geht der Sänger aus dem Wege; sie jedoch nicht ihm, denn ,Herbstlied', ,Rosenmärchen' und .Astern- wird die Literaturgeschichte mit zu ihren reizendsten Gaben rechnen müssen. Aber es ist überhaupt charakteristisch an ihm, datz er oft, und zu oft, an den Nachtwandler erinnert, der sich selbst anruft und deshalb, trotz des schönsten Mondscheins, Gefahr läuft, vom Dach zu stürzen. Doch auch das hat seinen tieferen Grund in der ihm an- und eingeborenen Richtung auf das Moderne. Eine Welt, die noch selbst nicht weiß, ob und wie weit sie an sich glauben darf, kann auch keinen Dichter erzeugen, der den Glauben nicht zuweilen verlöre«. Von dem Trauerspiel »Das Haus des Barneveldt« hat man immer den mächtigen ersten Akt hervor gehoben. Der Roman (Novelle) »Die Amazone- ist unter die ersten wirklich »modernen, Erzählungen zu rechnen. Dingelstedt gab, wie schon erwähnt, 1877/78 (bei Gebr. Paetel, Berlin) »Sämtliche Werke« heraus. Es sind zwölf Bände, und ihre Anordnung ist die folgende: I. Bade- Novellen, II. Künstlergeschichten, III. Bunte Reihe (Novellen), IV. Unter der Erde, V. Wanderbuch, VI. Die Amazone, VII. Lyrische Dichtungen (u. a. Spaziergänge eines Kasseler Poeten), VIII. Lyrische Dichtungen, 2. Band (Nachtwächter u. a.), IX. Theater 1: Prologe und Theaterreden. Das Haus des Barneveldt. Der Erntekranz (1857, Weimar). Moliöres »Geiziger«, X. Theater 2: Shakespeares »Sturm« und »Winter märchen«, Beaumarchais' »Figaros Hochzeit-, XI. Theater 3: Die rote Rose: Richard II. Heinrich IV., 1 und 2, Hein rich V., XII. Theater 4: Die weiße Rose: Heinrich VI., 1. 2, Richard III. Wie man sieht, hat der Dichter auch seine Bearbeitungen sürs Theater, die immer noch einmal gegeben werden, in seine »Sämtlichen Werke» ausgenommen. Sie sind seit 1911 frei, aber unsere billigen Bibliotheken haben sie, soviel ich sehe, noch kaum ausgenutzt. Neben den »Liedern eines kosmopolitischen Nachtwächters., die noch nicht einmal bei Reclam zu finden find, dürften auch die übrigen Gedichte (in Auswahl), »Unter der Erde, und »Die Amazone» in Betracht kommen und Leser finden. Der Dramaturg Dingelstedt hat 1858 »Studien und Kopien nach Shakespeare«, die Hebbel als Leistung von seltener Gediegenheit bezeichnet» — ich denke, es sind »Sturm« und »Wintermärchen« mit allerlei Abhandlungen darin enthalten —, und später »Shakespeares Historien«, die dann, wie wir gesehen haben, auch in die »Sämtlichen Werke« kamen, die Studie »Eine Faust-Trilogie« und noch allerlei Aufsätze in seinem »Literarischen Bilderbuch«, Berlin 1878, veröffentlicht. Dieses »Literarische Bilderbuch« ist auch autobiographisch nicht ohne Wert, Dingelstedt berichtet über sein persönliches Ver hältnis zu Mosenthal und zu Friedrich Hebbel, und namentlich der letztere Aufsatz »Friedrich Hebbel. Frei nach Kuh, Waldeck L Co.« ist bedeutend, kein unwichtiger Beitrag auch zur Hebbel- Literatur. Ganz autobiographisch ist dann Dingelstedts letztes Werk, die »Münchner Bilderbogen« (1879) — es ist schade, datz er nicht auch noch über die Weimarer und die Wiener Zeit hat schreiben können, es wäre vielleicht ebensoviel und noch ein bißchen mehr herausgekommen wie bei den bekannten apologetischen Theaterschristen Laubes. Die Literatur über Dingelstedt ist noch wenig genügend, vor allem fehlt das große grundlegende Werk. Ein guter Essay über ihn findet sich in Adolf Sterns »Zur Literatur der Gegen wart«, Leipzig 1880 (Bernhard Schlicke), einer Studiensamm lung, die wohl so ziemlich verschollen ist. Dann hat Julius Rodcnbcrg »Heimaterinnerungen an Franz Dingelstedt und Friedrich Oetker«, Berlin 1882, und ferner »Blätter aus dem Nachlaß« mit »Randbemerkungen«, Berlin 1891, herausgegeben. Dingelstedts Briefe an Friedrich Halm, der in Wien einige Zeit sein Vorgesetzter war, stehen im Grillparzer-Jahrbuch 8. Die Weimarer Zeit Dingelstedts kann man in meiner »Chronik des Weimarischen Hostheaters«, Weimar 1908 (Hermann Böhlaus Nächst), überschauen, und es sind im Anschluß an diese, wenn auch zum Teil noch wieder auf selbständigen Studien beruhend, neuerdings zwei Doktordissertationen über diese Periode hervorgetreten, die ja aber für die Allgemeinheit kaum in Betracht kommen. Eine eingehende Würdigung der gesamten Theatertätigkeit Dingelstedts fehlt noch — was Paul Lindau im 98. Band von Nord und Süd über »Laube und Dingelstedt« als Regisseure geschrieben hat, wird letzterem durchaus nicht gerecht, und ebensowenig werden dies die Aus führungen Rudolf Lothars in seinem »Wiener Burgtheater«, Leipzig 1899 (E. A. Seemann), wo Dingelstedt geradezu getadelt wird, daß er nicht wie Laube die Franzosen vor den Deutschen bevorzugte. Laube hat überhaupt immer die bessere Presse und einstweilen auch noch die ihm gewogeneren Geschichtschreiber gehabt — selbst in Eduard Devrients »Geschichte der deutschen Schauspielkunst«, dem bekannten grundlegenden Werke, kommt Laube schon besser weg als Dingelstedt. Das wird sich im Lause der Zeit ändern; denn es ist gar kein Zweifel, datz Franz Dingelstedt in München und Weimar wie in Wien deutscher Kunst (Shakespeare schließe ich in diese ein) sehr viel entschiedener gedient hat als Heinrich Laube. (Schluß folgt.) Der deutsche Buchverlag auf der Bugra. (Schluß zu Nr. 138-189.) V. Die Ausstellung der Illustrierten Zeitschriften und der außerhalb der Halle »Verlagsbuch- Handel« vertretenen Verleger. Eine besondere und in ihrer Art ziemlich umfangreiche Ab teilung nimmt die Ausstellung der Illustrierten Zeit schriften ein, die von einer in weiß gehaltenen Koje eröffnet wird, in der man de» Werdegang der illustrierten Zeitschrift
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