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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.10.1935
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1935-10-26
- Erscheinungsdatum
- 26.10.1935
- Sprache
- Deutsch
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- Zeitungen
- Saxonica
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1935
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X- 250, 26. Oktober 1S3S. Redaktioneller Teil Börsenblatt s. d. Dtschn BuchZanLel. Von der Kunst, Bücher zu schenken Von Dr. Karl Robert Popp (Nachdruck ganz oder auszugsweise Mil Quellenangabe und Nennung des Verfassers gestattet) Es ist eine Kunst, Bücher zu schenken. Man sollte den Menschen genau kennen, den man beschenken will, und nicht minder gut das Buch, mit dem man ihn zu erfreuen gedenkt. Den Menschen kennen wir meistens, selten wissen wir von den Büchern, die zu ihm passen. Wir brauchen keinen Mittler. Wer ist dazu berufen, wenn nicht der Buchhändler?! Was ist ein Buch? Das Lexikon sagt es uns: »Mehrere zu einem Ganzen verbundene leere oder beschriebene Blätter oder Bogen, besonders ein Band von bedruckten Blättern». Was heißt: »Lesen»? Das Lexikon verweist uns auf den deutschsprachlichen Unterricht. Was geschieht mit uns, wenn wir ein Buch lesen? Wir schauen auf das bedruckte Blatt vor uns, wir sehen Buch staben, die sich zu Worten und Sätzen fügen. Alles noch ganz nüchtern und sachlich. Mit einem Male aber beginnt das Wunder bare! Während wir auf das Blatt blicken, beginnen sich die toten Zeichen mit Sinngehalt zu füllen, und die Magie des Gedruckten hebt an. Unser Ich tritt zurück, und während der Dauer unserer Lektüre sind wir gezwungen, das nachzudenken und nach zuerleben, was ein anderer Mensch vor uns gedacht und erlebt hat. Wir stehen im Banne des Buches und damit seines Dich ters. Grimmelshausen hat wohl gefühlt, daß dieser geheimnis volle Vorgang für den Unkundigen etwas Unheimliches haben mag, denn er läßt seinen Simplicius Simplicissimus verwirrt vor dem alten Einsiedler mit der Bibel stehen, dem ersten Menschen, den er lesen sah. Der junge Simplicius fühlte, wie das Leben aus den Seiten vor ihm aufftieg, wie die Dinge sich im Zauber des lautlosen Wortes mit Blut und Leben füllten. Darum war ihm das lebendige Dasein aller Dinge dieses Buches ganz ohne Zweifel, und er sagte zu dem Einsiedler: »Du hast mit ihnen ge redet, warum sollen sie dann nicht leben?!» Eine ganze Welt wohnt zwischen den Deckeln eines Buches. Schlage es auf, und Menschen und Schicksale wirbeln dir entgegen. Immer aber stehst du dabei im Banne eines Menschen, im Banne des Dichters, dessen Augen auf dir ruhen. »Der wahre Leser muß der erweiterte Autor sein», sagt Novalis. Wohl dir, wenn dann das Buch, dem du dich hingabst, von einem Menschen geschrieben wurde, auf den Hölderlins edle Worte zutreffen: »Heilige Gesäße sind die Dichter, Worin der Wein des Lebens, Der Geist der Helden sich aufbewahrt.. .» Wie die Menschen, so ihre Werke. Bücher sind wie Menschen. Sie können gute und treue Kameraden sein, aber sie können dich auch verderben wollen, und wenn sie sich noch so scheinheilig und hinterhältig unter der Maske der Freundschaft verbergen! Des halb heißt ein Buch schenken wahrlich viel mehr, als irgendeinem Menschen einen Band bedruckter Blätter in die Hand geben!! Es kann bedeuten, ihm einen treuen Freund schenken, eine Arznei für seine wunde Seele reichen. Es kann aber auch heißen, ihm den Feind ins Haus tragen, ihm Gift in die Hand geben. Würdest du einem Menschen, der dir wert ist, die Bekanntschaft mit einem unglaublich flachen, nichtssagenden Gesellen zumuten? Ge wiß nicht! Dann schenke aber deinen Lieben auch nicht Bücher von der Art. Würdest du nicht mit Fäusten dreinschlagen, wenn ein liederlicher Bube die Seelen unschuldiger Kinder mit lüsternen Gedanken und schmutzigen Bildern vergiften wollte? Dann meide auch jene Bücher, die das schleichende Gist in sich tragen, und suche den Nächsten davor zu behüten. Wenn man einem lieben Menschen für seinen Alltag eine Kleinigkeit schenken will, dann beginnt man damit, genauer auf ihn zu achten. Man sucht aus seinen Worten kleine Wünsche her auszuhören, sieht sich in seiner Umgebung um, ob da nicht etwas fehle, kurz, gibt sich alle mögliche Mühe, um ein kleines Geschenk zu finden, das nützlich ist und zugleich Freude bereitet. Wieviel mehr Sorgfalt sollte man erst anwenden, wenn es um ungleich wertvollere Dinge geht, wenn es darauf ankommt, das seelische Leben eines Menschen zu bereichern! Und wieviel stille Wünsche und geheime Sehnsüchte lassen sich erlauschen und erraten, wenn man nur die Mühe nicht scheut, sich auch ein wenig mit den tieseren Bedürfnissen seines Nächsten vertraut zu machen! Da ist ein Mensch, der sich nach dem Erlebnis der Kameradschaft und der Gemeinschaft sehnt. Hier sucht einer Ruhe und Frieden nach dem Lärm des Alltags, während ein anderer nach Feierabend seine Gedanken ip die weite Welt reisen läßt und von tausend Abenteuern träumt. Der trägt Verlangen, in den unscheinbaren Dingen des täglichen Lebens den Herzschlag der Ewigkeit pochen zu hören, jener hat eine geheime Liebe für das Wunderbare und Unwahrscheinliche. Ein Stiller sehnt sich nach Büchern, die von Gott und Unendlichkeit zu ihm reden. Ein anderer möchte so gern einmal im Geiste alle Gaue seines Landes durchwandern und Land und Leute zutiefst erleben. Ein dritter endlich möchte von Menschen hören, die schwere Schicksale männlich trugen, damit er sich an ihrem Beispiel innerlich aufrichten könnte. So gibt es tausend geheime Wünsche, ja, soviel hosfende und sehnende Men schenherzen, soviel offene Fragen, Erwartungen und Sehn süchte .... And es könnte allen, allen geholfen werden, denn für jeden einzelnen gibt es das Buch, gibt es die Bücher, die ihm zu Herzen gehen, die wie für ihn allein geschrieben sind!! Willst du deinem Nächsten eine ganz große Freude bereiten? Schenke ihm das Buch, nach dem seine Seele — ihm selber oft unbewußt — verlangt!! Schenke ihm dieses Buch!! Ja, das ist leicht gesagt. Welches Buch soll man ihm denn geben, wie heißt denn das Buch, nach dem er verlangt?! Und an dieser Frage scheitern so viele gute Vorsätze, hier weiß auch der beste Wille oft nicht mehr weiter! Gewiß: Jeder, der einem ihm lieben Menschen ein Buch schenken will, fragt sich, wonach jener wohl Verlangen tragen könne. Es wird ihm auch meistens gelingen, die Richtung der Wünsche zu sehen. Den Menschen kennt er, die Nöte und Sehnsüchte dieses Menschen kennt er, fehlt nur noch das Buch, das den Sehn süchten entgegenkommt und die Wünsche befriedigt. Das Buch aber kennt er eben häufig nicht!! Darum verzichten die meisten entweder überhaupt daraus, ein Buch zu schenken, oder sie denken sich: Lachen schadet nie und Spannung braucht der Mensch — und kaufen in dem Falle etwas »ganz Witziges» oder »furchtbar Interessantes». Und sie sind damit einer sehr einfachen Lösung aus dem Weg gegangen! Eine einfache Lösung?! Jawohl! Sie heißt: Geh zum Buch händler und frage ihn um Rat!» — Man kann es keinem Men schen verübeln, wenn er sich in dem weiten Bereich der Bücher nicht auskennt, weil sein Berussgebiet ihm einfach nicht die Zeit läßt, sich mit dem Studium der Bücher zu beschäftigen! Wer würde dem einen Vorwurf machen, der die Krankheit seines Näch sten wohl sieht, aber nicht die Heilmittel zu ihrer Bekämpfung kennt?! Das ist Aufgabe des Arztes! Es gibt nicht nur körperliche Qualen, viel häufiger sind die seelischen Nöte. Wie für die Leiden des Leibes der Arzt da ist, so gibt es auch für die Kümmernisse der Seele Menschen, die dafür Rezepte ausschreiben können. Und das sind vor allem die Buchhändler, sollen es wenigstens sein!! Einem Arzt bringt man Vertrauen entgegen. Auch der Buch händler hat Anspruch auf solches Vertrauen! Du willst deinem Nächsten ein Buch schenken? Du weißt, was ihm fehlt, kennst aber nicht die Arznei für seine Seele? Dann gehe in eine Buchhandlung. Bringe dem Mann darinnen volles Vertrauen entgegen und erzähle ihm von dem Leben und den Wünschen des Menschen, dem du ein Buch kaufen willst. Du wirst einen verständnisvollen Freund finden, der dich nach bestem Wissen berät. Dein Weg wird sich lohnen! 89g
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