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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.10.1928
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- 1928-10-19
- Erscheinungsdatum
- 19.10.1928
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X: 245, 19. Oktober 1928. Redaktioneller Teil. Börsenblatts, d. Dtschn.Buchhandel. ein besonderes Literaturabkommen — von deutscher Seite schon wiederholt und dringend gefordert, von russischer immer wieder auf die lange Bank geschoben — könnte an diesem in höchstem Maße unbefriedigenden Zustand grundsätzlich etwas ändern. Dabei ist es für einen russischen Verleger oder Autor leicht, sein Werk in Deutschland und nicht nur dort zu schützen, denn er braucht nur — wie es tatsächlich geschieht — Pro forma ein paar Exemplare bei einem in Deutschland ansässigen Verlag mit neuem Titelblatt kurz vor der Veröffentlichung in Rußland er scheinen zu lassen, um für den Bereich der Berner Konventions staaten Schutz zu erhalten. Aber auch abgesehen davon be günstigt die gegenwärtige Rechtslage in einseitiger Weise die Ausnutzung der deutschen Bucherzeugung, denn so wie die Dinge nun einmal liegen, hat Deutschland nur einen verhältnismäßig geringen Bedarf au den seit dem Umsturz in Rußland er schienenen Büchern *). Umgekehrt dagegen hat Rußland an gesichts seiner großen Einbußen an wissenschaftlich auf der Höhe stehenden Elementen das größte Interesse daran, nicht nur aus der deutschen, sondern auch aus der englischen, amerikanischen und französischen Literatur sich ein breites, solides Fundament zu schassen, auf dem später einmal eine eigene wissenschaftliche Produktion von Bedeutung wieder errichtet werden kann, was von russischer Seite unumwunden zugegeben wird **). Welchen Umsang die Ausbeutung der ausländischen Litera tur —> und der deutschen vor allem — gewonnen hat, zeigt ein Studium der russischen amtlichen Bibliographie. Bei genauer Durchsicht findet man, daß namentlich die Gebiete Technik, Medi zin und Schöne Literatur im wesentlichen auf Übersetzungen fremdländischen Eigentums beruhen, und daß vor allem die Standardwerke (gegenüber den zahllosen russischen Broschüren kleinen und kleinsten Umfangs) fremden Ursprungs sind. Ein paar genaue statistische Zahlen hat der russische Staatsverlag für das Gebiet der Belletristik selbst mitgeteilt. Danach waren 1925 von 862 erschienenen Werken 488, nämlich 56,6 Pro zent Übersetzungen, und für das Jahr 1926 lauten die Zahlen 602 von insgesamt 1306 Erscheinungen, d. h. also 46 Prozent ***). Für 1927, wo man 2498 Erscheinungen auf dem Gebiet der Schönen Literatur zählte, betrug der prozentuale Anteil der Übersetzungen 48 v. H-Ist- Von den dabei auf Deutschland entfallenden 89 Werken wird man keinesfalls sagen können, daß sie ein befriedigendes Bild unserer zeitgenössischen Literatur dar bieten. Dazu ist die Auswahl denn doch viel zu einseitig, denn sie bevorzugt fast ausschließlich Werke, die in irgend einer Weise Kritik an unseren Gesellschaftsformen üben und die Zerfalls erscheinungen und den Niedergang des Bürgertums zu schildern bemüht sind. Manche dieser Übersetzungen werden daei offen bar lediglich zu Propagandazwecken in Riesenauflagen von 50 000 und mehr und zu billigsten Preisen als kleine Broschüren verbreitet, und die angegebenen Seitenzahlen zeigen, daß es sich oft nur um Auszüge handelt, die bestimmten Tendenzen zuliebe zurechtgeschneidert wurden. Unsere Liste zählt ferner ein Dutzend Werke aus, die von konkurrierenden Verlagen in verschiedenen Übersetzungen gleich zeitig herausgegeben worden sind; ja, um Keller ui an ns »Tunnel« haben sich nicht weniger als vier Verlage bemüht, die insgesamt 5 Auflagen von zusammen 102 000 Exemplaren erscheinen ließen und zwar zu Preisen, die zwischen 5 Kopeken und 1 Rubel 75 Kopeken schwanken! Dieser begreiflicherweise auch den russischen Verlagen unbequeme Wettlauf nach den gleichen Schlagern hat zu einer Vereinbarung unter den Privat verlegern geführt, die sich auf eine Registrierung der Über setzungen geeinigt habenstf), offenbar zu dem Zweck, um Parallel ausgaben in Zukunft zu vermeiden. Der Staatsverlag jedoch klagt darüber, daß diese Doppelausgaben nicht nur bei über setzten Werken vorkämen, sondern selbst nach dem neuen Ur *) Im Jahre 1927 sind nur 10g aus dem Russischen über setzte Werke in Deutschland erschienen, einschließlich der zahlreichen auch nach unserem Recht »freien« Schriftwerke. **) Vgl. Bbl. Nr. 210 S. 1001 vom 8. September 1928. **») Vgl. Bbl. Nr. 10 S. 12 vom 12. Jan. 1928. Ist »Bulletin« des Staatsverlags Nr. 28, vom 23. Juli 1928. -ff) »Bulletin« des Staatsverlags Nr. 28, S. 5 v. 23. Juli 1928. 1146 heberrecht auch bei Originalwerken möglich seien, weil es dem Autor unbenommen ist, seine Werke gleichzeitig bei verschiedenen Verlagen als Gesamt- und als Einzelausgaben erscheinen zu lassen*). Diese höchst unbefriedigenden Verhältnisse im russischen Über setzungswesen haben in vereinzelten Fällen zu Abmachungen zwischen deutschen und russischen Verlegern geführt, wonach auf Grund der Manuskripte russische oder deutsche Über setzungen autorisiert und honoriert erscheinen konnten **). Allein auch die auf solche Weise zustande gekommenen Über tragungen sind der neuen Rechtslage nach vor konkurrierenden Übersetzungen nicht geschützt, sofern nicht der Autor des Orignal- werkes sowjetrussischer Staatsangehöriger ist. Es bleibt also nach wie vor als dringendes Bedürfnis der Abschluß eines Literaturvertrages zwi schen Deutschland und Rußland bestehen, um dem jetzigen kulturpolitisch unwürdigen Zu stand ein Ende zu bereiten. Noch weit stärker als die deutsche schöne Literatur wird die englisch-amerikanische von den russischen Verlagen ausgebeutet, die darin einer alten Vorliebe der russischen Leser entgegenkommen. Schon im Jahre 1863 erzählte Turgen- jeff den Brüdern Goncourt, daß Dickens der volkstüm lichste Schriftsteller in Rußland sei, und daß die französische Literatur den britischen und amerikanischen Romanen habe weichen müssen. So brachte auch das Jahr 1927 eine über große Fülle von Übersetzungen aus dem englischen Schrifttum, die ich auf 350—400 Titel schätzen möchte. Namentlich die modernen Abenteuerromane, Detektivgeschichten, gesellschafts kritische Darstellungen werden bevorzugt. Von Jack London gibt es unzählige Einzelausgaben und mehrere Gesamtausgaben; von Upton Sinclair, Conan Doyle, Wells, Sinclair Lewis, Dreiser, Curwood, Shaw, Joyce, Galsworthy und vielen anderen wird alles übertragen, aber auch Byron, Swift, Poe und Marc Twain werden noch gelesen. Frankreich steuerte gleichfalls eine sehr große Zahl von Übersetzungen bei, die man auf rund 200 schätzen darf und alle gelesenen heutigen Autoren umfassen, von Barbusse, Proust und Andrs Gide bis zu Margueritte und Paul Morand. Und von den älteren übertrug man Balzac, Victor Hugo, Daudet, Bour- get, Anatole France und manche andere. Erst in weitem Abstand hinter den Anleihen aus diesen drei Literaturgebieten folgen die wenigen Übersetzungen aus dem Polnischen (Reymont), Schwedischen (Fr. Heller), Dänischen (L. Bruun), Spanischen (Jbaüez) und anderen Sprachen, darun ter natürlich auch einigen asiatischen. Obenan in der unfreiwilligen Bereicherung des russischen Übersetzungswesens durch deutsche Werke steht^jedoch das Gebiet der T e ch n i k mit 147 Titeln für 144 Werke. Man findet hier für das eine bibliographische Jahr 1927 ein wohlassortiertes Lager wertvoller deutscher technischer Literatur verzeichnet, Standardwerke der Verlage Bornträger, Eugelhorn, Enke, Ernst L Sohn, Jänccke, Knapp, Krayn, Krön er usw. und vor allem des Hauses Springer, die in den hohen Auflagen von 3000 bis 10 000 Exemplaren ge druckt sind. Dabei ist es von Interesse festzustellen, daß nament lich die Technische Abteilung des Staats Verlags (Gosud. technie. izd-vo) bestrebt ist, nach den neuesten erreichbaren deut schen Ausgaben die Übertragungen der wichtigsten deutschen Werke unfertigen zu lassen, wobei es auch hier nicht immer ohne die Konkurrenz anderer Berlage um das gleiche Buch abgeht. —- Technik ist im übrigen eines der bevorzugten Gebiete in der russischen Produktion und nimmt im Jahre 1927 mit 1658 Er scheinungen die dritte Stelle ein hinter den amtlichen, genossen schaftlichen usw. (2777 Titel) und den belletristischen (2498) Ver öffentlichungen und erreicht damit genau die Höhe der deutschen technischen Bucherzeugung, die sich im gleichen Zeitraum auf 1659 Erscheinungen belief. Diese verhältnismäßig sehr starke Bevorzugung der technischen Wissenschaften ist einmal bezeichnend ebenda. **) Vgl. Bbl. Nr. 78 S. 314 vom 20. März 1928.
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