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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.03.1929
- Strukturtyp
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- 1929-03-23
- Erscheinungsdatum
- 23.03.1929
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X- 70, 23. März 1929. Redaktioneller Teil. Tag des Buches. Bon Prof. vr. G. Menz. Der gestrige Tag war im ganzen Reich und darüber hinaus dem deutschen Buche gewidmet. Grund genug, daß auch an dieser Stelle dessen kurz gedacht wird. Andere Nationen haben in den letzten Jahren für sich bereits wiederholt derartige Tage des Buches veranstaltet, in wechselnder Ausgestaltung und wohl auch mit unterschiedlichem Erfolg. Das gilt für Italien, gilt für Spanien und neuerdings ist auch Lettland auf den Plan getreten. Vermutlich wird die Übernahme des Gedankens durch Deutsch land die Anregung dazu geben, daß die übrigen großen Litcratur- nationcn nicht werden zurütkstehen wollen, sodaß man annchmcn kann, die Einrichtung wird eine noch weitere Verbreitung er fahren. Aber auch hier gilt der alte Satz, wenn zwei dasselbe tun, so ist es nicht dasselbe. Es ist doch ein wesentlicher Unter schied, ob Länder, für deren Art ich gelegentlich schon den Aus druck »literarische Einfuhrgebictc» geprägt habe, solche Tage des Buches veranstalten, oder ob das in Ländern geschieht, die man mindestens bisher für die literarischen Überschußgebiete im Großen halten konnte. Im elfteren Falle nimmt eine solche Veranstaltung unwillkürlich den Charakter eines Auf- und Mahn rufes zur literarischen, nationalen Verselbständigung an. Das wird als Instrument des allgemeinen nationalen Aufstiegs- und Sclbständigkeitsdcanges gewürdigt. Anders im zweiten Falle. Leicht kann es hier zu einer Färbung kommen, die einen, solchen Tage des Buches mehr einen Vcrtcidigungscharakter gibt. Die Annahme, es handle sich beim Überpreisen des Gedankens von einem Lande auf das andere lediglich um eine Nachahmung, ist danach keineswegs in allen Fällen ohne weiteres berechtigt. Ge rade Deutschland kann in seiner besonderen Lage beanspruchen, seine Veranstaltung selbständig gewertet zu sehen. Es kommt hinzu, daß bei uns schlechthin die gesamte Lage des Buches wesentlich differenzierter ist als anderswo. Daß der Begriff »des- Buches in diesem Zusammenhänge überhaupt nur bedingte Geltung haben kann, ist ohnehin erkannt worden. Für das faschistische Italien, das neuaufstrebende Spanien, ist der Begriff des nationalen Buches als Instrument und Ausdruck eines neugeborenen Expansionsdranges etwas sehr viel Ein facheres und natürlicher Gegebenes. Wie es in dieser Beziehung bei uns steht, ist sehr viel schwerer festzustcllen und zum Ausdruck zu bringen. Zweifelsohne scheidet sehr viel, was in den be kannten Statistiken der 30 000 jährlichen Neuerscheinungen als deutsches Buch mit erfaßt wird, für den Tag des Buches ohne weiteres aus. Aber innerhalb des Restes sind gemeinsame Wer tungen und allgemein gültige Anerkenntnisse in einem Volke, das so schwere Erschütterungen durchgcmacht hat wie das deutsche und das unter den verschiedensten Gesichtspunkten so vielfältig zerrissen und zerspalten ist, ganz besonders schwer. Demgemäß ist cs hier auch weniger leicht, einem Tage des Buches ohne wei teres eine einzige, allgemein gültige Ausgestaltung zu geben. So reich das geistige Leben Deutschlands ist, so zahlreiche Brenn punkte und Ausstrahlungen es aufwcist, so bunt wird auch die Fülle der Veranstaltungen sein, die gestern in allen Teilen des Reiches zustande gekommen sind. Gerade diese Vielfältigkeit und abwechslungsreiche Fülle ist aber vielleicht der schönste und über zeugendste Ausdruck für die Unendlichkeit der Aufgaben des Buches gerade im heutigen Deutschland und für die umfassende Größe seiner Gesamtcxistenz. Trotzdem bleibt in all dieser Vielgestaltigkeit ein tragender Kern und die wechselnden Bekenntnisse zum Buche muß letzten Endes doch ein einheitlicher Grundton beherrschen. So kam cs jedenfalls in ersten Anregungen zum Tag des Buches entschieden zum Ausdruck, und gegenüber mancher Kritik muß deshalb ge rade an diesen einheitlichen Ausgang des Ganzen immer wieder erinnert werden. Keineswegs ist es so, daß etwa die unbefrie digende Geschäftslage im Buchhandel und die Gestaltung seiner Bilanzen allein und zuerst den Anlaß zur Erfindung eines Tages des Buches gegeben hätten. Der Buchhandel weiß seit den ersten Tagen seines Werdens, daß sein Geschäft ein »aleatorisches- ist, wie ihm schon im l8. Jahrhundert der große Jurist Pütter namens der Wissenschaft bestätigte. Deshalb hat cs der Buch- 322 Handel stets als selbstverständlich hingcnommcn, daß unter hun dert Büchern kaum zehn wirklich Erfolg werden, daß vielmehr die überwiegende Mehrheit aller Buchuntcrnehmnngen unbe friedigend ausgeht. Wenn das heute nicht besser, sondern eher schlimmer geworden ist als früher, so würde sich der Buchhandel von sich aus dennoch auch damit abfindcn. Was aber sehr ernste Sorgen und Bedenken bei ihm aufkommen ließ, das ist allein die Tatsache, daß heute manche literarische Unternehmung zur Niete wird, die dieses Schicksal durchaus nicht verdient. Daß man eine solche Entwicklung nicht als unabänderlich hinnehmen und daß man vor ihren Folgen die Augen nicht verschließen darf, diese Auffassung beschränkt sich im übrigen durchaus nicht aus den Buchhandel allein, sie wird vielmehr von allen Kreisen geteilt, die in die Zusammenhänge Einblick haben und sich für die Zu kunft verantwortlich fühlen. Es sei hier daran erinnert, daß schon vor Jahr und Tag in einer Besprechung zwischen Vertretern des Buchhandels und solchen der Universitätslchrcrschaft aus dem Munde eines der letzteren sehr dringliche Bitten und ernste Mahnungen an den Verlag gerichtet wurden, die wissenschaftliche Monographie nicht verkümmern zu lassen, um die Weltgeltung der deutschen Wissenschaft und die Fortschritte der Forschung nicht zu gefährden. Die Vertreter des Verlags konnten damals darauf Hinweisen, daß sie dafür durchaus Verständnis hätten und daß der deutsche Buchhandel in vollem Verantwortungsgefühl dafür auch bis an die Grenzen seiner Leistungsmöglichkcit, heute wie von je, Opfer zu bringen bereit sei. Man war sich aber auch damals einig, daß die Übereinstimmung zwischen Wissenschaft und Buch handel für einen Erfolg auf diesem Gebiete allein nicht aus- reiche, daß vielmehr das entsprechende Echo in der weiteren Öffentlichkeit unbedingt hinzukommen müsse. In solchem Ge dankenaustausch lag tatsächlich schon der erste Kern zu dem Ge danken eines Tages des Buches. Dazu kamen aber die Beobach tungen über die sich mehrende Not der Theater, der Schrift steller usw. Müßte man hier nicht Symptome für einen Hal tungswandel erkennen, der das ganze Volk anginge und bei dem es sich um etwas ganz anderes handelte als um geschäftliche Miß erfolge einzelner buchhändlerischcr Unternehmer, denen ja doch immer Erfolge anderer aus ihren Reihen zur Seite gehen? Dabei sei auch noch an etwas anderes erinnert. Vor lOO Jahren wurde z. B. einem deutschen Verleger einmal dafür besonderes Lob gespendet, daß er Unternehmungen inszenierte, die bestenfalls erst seinen Enkeln zugute kommen konnten. Solche Fälle, von man chem als geschäftlich abwegig betrachtet, für das geistige Leben aber und vom echt buchhändlerischcn Standpunkt aus als be sonders großzügig anzusehende Kulturunternehmen, galten von je als besonderes Ruhmesblatt deutscher Verleger. Daß der Wille dazu auch heute noch nicht ausgestorbcn ist, war erst kürzlich z. B. in Breslauers Nachruf für Karl Hiersemann im Börsenblatt zu lesen. Ist aber nicht solcher, um der Sache Willen unentbehr licher Verlegerwagcmut zum Tode verurteilt, wenn jene Wand lung der geistigen Haltung unseres Volkes, auf deren Symptome oben hingcwicsen war, unabänderlich werden sollte? Und muß hier nicht jeder Verantwortungsbewußte zum mindesten den Ver such machen, eine Besserung herbeizuführen? Daß in unserem Volke die Opfcrfreudigkeit noch nicht erstorben ist, und daß man bei Ausgabe einer Parole für eine große Bewegung durchaus zu folgen bereit ist, das hat der Sport deutlich genug be wiesen. In kürzester Zeit ist cs gelungen, weiteste Kreise unseres Volkes für diesen wichtigen und richtigen Gedanken zu gewinnen und in ungeahnter Weise zu begeistern. Die Sportbautcn in allen Teilen unseres Landes reden eine genügend deutliche Sprache, umso mehr, wenn man die Ausgaben dafür etwa mit jenen für die Bibliotheken vergleicht, wie sic auf Grund der Er mittlungen in meinem Seminar in der Handelshochschule in den fortlaufenden Aufsätzen im Börsenblatt veröffentlicht werden konnten. Welchen Wert ein solches Bekenntnis der öffentlichen Meinung zu einer bestimmten Erscheinung unseres Lebens hat, zeigt sich auch in der Bewertung unserer Rekordhelden an allen maßgeblichen Stellen, in der Ausgestaltung der Empfänge für sic und vielem anderen. Daß demgegenüber für geistige Leistun gen und ihre Schätzung die Konjunktur in den letzten Jahren un zweifelhaft minder günstig war, mußte doppeltes Unbehagen ans-
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