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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.07.1915
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- 1915-07-22
- Erscheinungsdatum
- 22.07.1915
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Redaktioneller Teil. -k 167, 22. Juli ISIS. werde nach dem Kriege auf einer höheren Stufe stehen, sic werde edler, ehrlicher und größer werden. Zusammenarbeit werden es immer geben, ob die Nationen es wollen oder nicht. Er stelle i sich vor, daß nach dem Kriege die Kämpfenden in gegenseitiger j Achtung und Bewunderung für die großen Eigenschaften, die sich während des Krieges gezeigt haben, und in berechtigtem Stolz einander warm und unmittelbar die Hände reichen werden, »bis die vereinigten Staaten der Erde Wirklichkeit werden- wir sind ja doch alle Geschwister«. Der bekannte Geologe Professor A. G. Nat Horst schreibt: »— — — Vorausgesetzt, daß die Friedensbedingungen für die eine Partei nicht zu demütigend werden, muß ich annehmen, daß die Beziehungen zwischen den Forschern mit einzelnen Aus nahmen schneller, als man glauben würde, wieder ausgenommen werden, weil die Wissenschaft ihrer Natur nach international ist und ihre Bekenner sich also nicht nur auf die Ergebnisse des eigenen Landes oder der freundschaftlich gesinnten Nationen be schränken können. Die Arbeit der entgegengesetzten Seite nicht zu berücksichtigen, wäre mehr als ein Verbrechen, es wäre eine Dummheit, die sich infolge der eigenen Natur der Wissenschaft selbst gründlich strafen würde. Daß die Neu tralen bei der Wiederanknüpfung der Verbindungen eine wichtige Rolle spielen werden, ist zweifellos.« — — Schwie rigkeiten werden vorhanden sein, aber sie müssen über wunden werden .« Der berühmte Mathematiker Professor G. M i t t a g-L e fs l e r, Stockholm, Herausgeber der »Lota matkematioa«, beschränkt sich auf sein Gebiet, die Mathematik, aber was er erzählt, ist sehr interessant. Er beleuchtet zuerst den Standpunkt der größten Vertreter der mathematischen Wissen schaft kurz nach dem Kriege 1870/71, und wie dann später eine Trennung, die sich als wenig glücklich erwies, entstand. England, Deutschland, Italien und Frankreich und andere Länder hatten ihre eigenen Zeitschriften, und es wurde zur Regel, daß die Ge lehrten überhaupt nur innerhalb des eigenen Landes ihre For schungsergebnisse veröffentlichten. Dies habe ihn veranlaßt, »Lata nmtpswatioa« zu gründen, die bald das bedeutendste Organ der internationalen mathematischen Forschung wurden. Seine vornehmsten Mitarbeiter waren die Franzosen Hermite und Poin- carä und der Deutsche Weierstraß. Wie vielleicht bekannt, hat König Gustav von Schweden einen Weierstraß-Preis zum lOOjäh- rigen Geburtstag des Forschers, der auf den 31. Oktober 1915 fällt, gestiftet. Der Preis soll auf dem internationalen Mathemati« kerkongreß in Stockholm 1916 verteilt werden. In den 33 Jahren, die diese Zeitschrift erlebt hat, ist noch nie eine so große Anzahl Abhandlungen von hervorragendem Wert wie jetzt aus allen Län dern eingegangen. Die meisten sind nach dem Ausbruch des Krieges eingetroffen. Er steht darin ein Zeichen, daß die Mathe matiker der verschiedenen Länder im allgemeinen die Aufrechterhal- tung der internationalen Verbindungen wünschen. Beiträge gehen sogar aus den Schützengräben sowohl von deutscher als auch von französischer Seite ein. Ein 20jähriger Deutscher schreibt aus dem Schützengraben, er verwende seine freie Zeit, um einen eingesandten Aufsatz in gewissen Punkten umzuarbeiten und zu erweitern. In Cambridge werde zurzeit eine mathematische Mo nographie von einem Engländer und einem Ungarn gedruckt. Die Widmung laute: »dlatbematiois guot ubique »gsrum sooiis ut unten olim tuturis koo opusouium O. I>. O. uuetoros kvstes umiei«. Betreffs der Verteilung der Nobelpreise schlägt er vor, sie wäh rend fünf Jahren cinzuhalten, um ihren ideellen Wert zu er höhen. Die Zinsen sollten während dieser Zeit der schwedischen Wissenschaft zugute kommen. Eine Reihe von berühmten deutschen Gelehrten hat die Fragen sehr ausführlich beantwortet. Eine wortgetreue Wiedergabe ist leider nicht möglich, da eine Rückübertragung in den ursprünglichen Wortlaut untunlich erscheint. Einige der Äußerungen werden Wohl auch von der deutschen Tagespresse veröffentlicht worden sein. Thomas Mann äußert sich auf mehreren Spalten und weicht eigentlich dem Gegenstände aus. Das Original wird in seinem bei S. Fischer erschienenen Buch »Friedrich und die große Koalition« enthalten sein und ist ein Wunder der Sprachkunst. Der Schluß bezieht sich direkt auf die betreffenden Fragen und lOZ8 lautet: »— — Das Geistesleben Europas, die europäische ! Öffentlichkeit darf man sich nicht etwa unter dem Bild eines i Naturwissenschaftler-Kongresses, von dem vielleicht die Vertreter Deutschlands und Österreichs künftig ausgeschlossen werden sollten, vorstellen. Außerhalb englischer Laboratorien macht man sich von dieser Öffentlichkeit weniger sinnliche Vorstellungen. Die unsichtbare, lautlose und leidenschaftslose Arbeit im Hochlande des Geistes, an der wir teilnehmen, wenn wir denken, lesen und schreiben, der Einklang von sämtlichen Willensrichtungen einer kämpfenden Zeit, ihres Verlangens und ihrer Sehnsucht, die stille Fernwirkung des beseelten Wortes, Feindschaften und Freund schaften über die Grenze der Länder und Zeiten hinaus, der Name als Begriff, Persönlichkeiten als Ruhm — das alles ist etwas von dem, was wir unter europäischer Öffentlichkeit verstehen. Da gibt es keine Versammlungspolizei, keine Bannbullen. Da wird der deutsche Gedanke seinen Anteil haben wie vorher. Wer, vom Zeitungslesen korrumpiert, Deutschland innerhalb dieser Öffent lichkeit in Acht und Bann erklären wollte, der würde mehr durch seine Lächerlichkeit als durch seine Entdeckungen unsterblich werden.« Professor W. Ostwald meint, die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit würde sofort nach dem Kriege eiligst ausgenom men werden. Denn diese Arbeit verlange keine andere Umgangs form als einen ganz geschäftsmäßigen Austausch von Drucksachen und Schreiben. Viel schwieriger würde es jedoch sein, eine Wie deraufnahme der persönlichen Verbindungen zu bewirken, weil in dieser schweren Zeit die nationalen Gefühle überhandnehmen müßten und es eines jeden Pflicht sei, sein Äußerstes zur Rettung des Vaterlandes zu tun. Leider haben diese nationalen Gegen sätze bei mancher Gelegenheit scharfe und persönlich verletzende Formen angenommen. Nach dem Friedensschluß, sobald diese un mittelbaren nationalen Gegensätze aufgehört haben, werden doch die persönlichen Verbindungen wieder auferstehen. Zum Schluß bricht er eine Lanze für seine Hilfssprache »Ido«. Professor H. Delbrück weist darauf hin, daß, wie auch der Krieg enden werde, doch die Tatsache bestehen bleibe, daß eine große Anzahl von größeren und kleineren Staaten und Völkern zusammen die Menschheit repräsentiere. Die vielen einzelnen Staaten könnten sich nicht mit einer chinesischen Mauer umgeben, sondern müßten den Austausch nicht nur von Waren, sondern auch von ideellen Werten wieder aufnehmen. Dasjenige Volk, das sich davon ausschließen wollte, würde sich selbst den größten Schaden antun. Professor Adolf von Harnack glaubt die Fragen jetzt nicht beantworten zu können: Die endgültige Antwort sei davon ab-, hängig, wann und wie der Friede zustande komme. Deutsch land kämpfe für seine Existenz, und deshalb hätten nur wenige Zeit und Lust, an anderes zu denken oder für übermorgen zu sorgen. Professor Ernst Troeltsch gibt eine sehr Wort- und ge dankenreiche Antwort. Doch ist es unmöglich, darauf näher ein zugehen. Nach dem Friedensschluss würden die deutschen Gelehr ten wie vorher die ausländische Wissenschaft schätzen und benutzen, wo und wie sich eine Gelegenheit dazu biete. Die Bücher würde man lesen und zum Schluß auch die Verfasser kennen lernen. Aus- tausch und Berührung würden unzweifelhaft wie vorher entstehen. Mit den Engländern würde es ziemlich leicht gehen, mit den Fran zosen aber schwieriger werden. Auch gegenüber den Russen sei jede Hoffnung auf Verstehen umsonst, überhaupt sollte das Aus land sich ein wenig mehr Mühe geben, Deutschland zu verstehen und kennen zu lernen. Professor RudolfEucken glaubt, es liege kein Anlaß zum Zweifel vor, daß die Menschheit wieder das Bedürfnis der Wie derherstellung der Gemeinschaft fühlen werde. Unmöglich sei es aber, mit einem Schlage alles zu vergessen und zu überwinden, den ganzen Hatz und die ganze Gemeinheit, die mit dem Krieg hervor brachen, und wieder in alter Weise miteinander zu Verkehren. Man müsse sich aber aus die heilbringende Kraft der Zeit und be sonders auf die einigende Wirkung der Arbeit verlassen. Viele bedeutungsvolle Probleme würden austaucheu, und diese würden die jetzt feindlichen Völker in gemeinschaftlicher Arbeit zusammen führen. Aus dieser gemeinsamen Arbeit würden wieder indivi-
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