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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.12.1919
- Strukturtyp
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- 1919-12-20
- Erscheinungsdatum
- 20.12.1919
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. X- 28l, 20. Dezember 1919. schottischen Eindrücke angeregten »Wanderungen durch die Piark Brandenburg«, die 1882 beginnen und bis 1881 auf 4 Bände an- wachsen. Es ist ein Jammer und macht uns Deutschen wenig Ehre, daß nicht schon jede deutsche Heimat ein solches Heimatbuch hat. Aber freilich, die Fontanes sind nicht eben häufig. 1864 und 1866 machte der Dichter die Feldzüge als Berichterstatter mit und gab dann die beiden großen Werke »Der schleswig-hol steinische Krieg im Jahre 1864« und »Der deutsche Krieg von 1866«, die mir aus der Gymnasialdibliothek als großzügig in Erinnerung sind; sehr große Verbreitung scheinen sie nicht er langt zu haben. Natürlich war es auf ein ähnliches Werk abge sehen, als Fontane 1870 mit nach Frankreich ging, aber seine beobachtende Tätigkeit erfuhr bald eine Unterbrechung, indem er Ende Oktober, als er den Spuren der Jungfrau von Orleans nachging, zu Vaucouleurs von Franktireurs gefangen genommen und auf die Zitadelle von Besan^on gebracht wurde. Einen Augenblick bestand gar Lebensgefahr für ihn, dann wurde er nach der Jsle d'Oleron deportiert, aber schon Ende November auf scharfe Requisition Bismarcks wieder freigegeben. Er hat seine Erlebnisse in dem Buche »Kriegsgefangen« beschrieben. Zu Ostern 1871 ging er darauf schon wieder nach Frankreich, um seine Studien fortzusetzen — von dem großen Werke über den deutsch-französischen Krieg, das 1874—76 erschienen ist, habe ich merkwürdigerweise nie etwas gehört und gesehen; die neue Reise Fontanes hat uns aber auch noch das schöne Schilderungs buch »Aus den Tagen der Okkupation«, das in die zehn Ab teilungen »Bis St. Denis«, »St. Denis«, »Amiens«, »Rouen- Dieppe«, »St. Quentin«, »Sedan-, »Metz«, »Bitsch«, »Stratz- burg«, »Wilhelmshöhe« zerfällt, eingebracht. — Schon im Früh jahr 1870 hatte sich das Verhältnis Fontanes zur »Kreuzzcitung« gelöst, 1871 trat er dafür mit der »Vossischen Zeitung- in Ver bindung, indem er für diese den Bericht über die Aufführungen des Königlichen Schauspielhauses übernahm. Eine politische Sinnesänderung war, wie hervorgehoben werden mag, mit diesem Übergang nicht verbunden, Fontane blieb nach wie vor, bis an sein Lebensende konservativ. Seine Theaterkritiken waren ^ zweifellos die bedeutendsten, die ihrerzeit in Berlin erschienen, doch, wie man früh erkannt hat, eher Plaudereien als Kritiken, weshalb sie denn auch Paul Schlenther in den »Gesammelten Werken« als »Kritische Causerten über Theater- — »so'n bisken Französisch ist doch wunderschön« — bezeichnet. Die kritische Tätigkeit Fontanes an der »Vossischen Zeitung« hat bis 1889, also bis an die Zeit des jüngsten Deutschlands heran ge dauert. Aus den siebziger Jahren wäre von seinem Leben noch zu berichten, daß er 1874 und 1875 Reisen nach Italien unter nahm und 1876 zum Sekretär der Akademie der Künste ernannt wurde, aber die Stellung schon nach einem halben Jahre wieder niederlegte. Sie vertrug sich eben nicht mit seinem neuen dichte rischen Schaffen, das nun einsetzte und den alten Fontane zum größten deutschen Romandichter seiner Zeit erhob. Das erste Werk, das Fontane auf diesem Gebiete veröffent lichte, und das auch das umfangreichste und in bestimmter Be ziehung das wertvollste geblieben ist, war »Vor dem Sturm, Roman aus dem Winter 1812 auf 13«, das 1878 erschien. Der Literaturgeschichtschreiber hat bei diesem Werke das Verhältnis Fontanes zu seinem Landsmann Willibald Alexis, der bekannt lich auch Refugis war, festzustellen — uns würde das hier zu weit führen, es genügt auch, wenn wir abschließend sagen, daß mit »Vor dem Sturm« der moderne »Milieuroman«, der noch etwas anderes ist als Gutzkows »Roman des Nebeneinander« in dis deutsche Literatur tritt. Auf »Vor dem Sturm- folgten die historischen Novellen »Grete Minde« (1880) und »Ellernklipp« (1881), die man mit Theodor Siorms verwandten Werken ver gleichen mag, und dann trat mit »I-'Lckultsia- (1882) der erste moderne Berliner Roman Fontanes hervor, dem darauf noch sieben andere gefolgt sind. Nicht in diese Berliner Romanrcihe gehören »Schach von Wuthenow, Erzählung aus der Zeit des Regiment Gensdarmes« (1883), also eine Geschichtserzählung aus dem Jahre 1806, »Graf Petöfy« (1884), moderner Roman aus Wien und Ungarn, »Unterm Birnbaum« (1885), Kriminal geschichte aus dem Oderbruch, »Quitt« (1891), Kriminalgeschichte aus Schlesien, »Unwiederbringlich« (1891), Roman aus dem 1176 Dänemark Friedrichs VII., »Von vor und nach der Reise« (1894), Plaudereien und kleine Geschichten. Die Reihe der Berliner Romane nach »ll'LUulwra- ist: »Cecile« (1887), »Irrungen, Wirrungen« (1888), »Stine« (1890), »Frau Jenny Treidel oder Wo sich Herz zum Herzen findet« (1892), »Esst Briest« (1895), »Die Poggenpuhls« (1896), »Der Stechlin- (1898). In seiner »Revolution der Literatur« von 1886 hatte Karl Bleibtreu Fontane »hübsche Ansätze zur Berliner Gesellschaftsnovelle« zu gestanden, aber doch gemeint, daß uns aus diesen Erzeugnissen, obwohl sie »geistvoll und reif gedacht«, eine gewisse Nüchternheit und Kälte, sowie ein leiser Beigeschmack altberlinischer Frivolität peinlich anwehe; dann kam jedoch der große Fontane-Ruhm, und nicht bloß von jener Seite, die Fontane darauf in dem be kannten Gedicht »An meinem Fünsundstcbzigsten« mit »Kommen Sie, Cvhnl- anredete, es war ein allgemetndeutscher Ruhm, ^ man vergleiche nur die verschiedenen Auflagen von Adolf Sterns ^ (Einsts) und meinen Literaturgeschichten. Schon 1890 traten »Gesammelte Romane und Erzählungen« von Theodor Fontane hervor. Die Reihe seiner autobiographischen Werke hatte Fon tane mit »Christian Friedrich Scherenberg und das literarische Berlin von 1840—1860« 1885 begonnen, 1893 folgten »Meine Kinderjahre«, 1898 mit dem Roman »Der Stechlin« das um fangreichere »Zwischen Zwanzig und Dreißig«. In diesem Jahre, am 20. September, starb auch der Dichter, dem seit 1890 manche Ehrungen, 1891 der Schillcrpreis und 1894 der Ehrendoktor der Berliner Universität zuteil geworden waren. Seine politischen Anschauungen haben sich, wie erwähnt, bis zuletzt nicht geändert, nur sein Skeptizismus war sehr gewachsen, was zum Teil Wohl mit auf die Kreise zurllckzufllhren ist, in denen er sich nun bewegte, und die er oft genug auch selbst ironisch behandelte. »Ein so glückliches und so bevorzugtes Leben«, schrieb er kurz vor seinem Tode, »und doch: ,was soll der Unsinn?' Dies kann man beinah wörtlich nehmen; in der Politik gewiß und in Religion und Moral ist alles Phrase. Früher statuierte ich Ausnahmen; jetzt kaum noch«. Obgleich ein Sohn Fontanes, F. Fontane, Buchhändler war, dauerte es doch noch sieben Jahre, ehe seine »Gesammelten Werke- hervortraten. Die 1. Serie brachte die Romane und No vellen in 10 Bänden: 1. Vor dem Sturm l, 2. Vor dem Sturm II. ^ Grete Minde. Ellernklipp, 3. I-'Lckultsr». Schach von Wuthe now, 4. Graf Petöfy. Cecile, 5. Stine. Irrungen, Wirrungen, 6. Quitt. Unterm Birnbaum, 7. Unwiederbringlich, 8. Frau Jenny Treidel. Die Poggenpuhls, 9. Efsi Briest, 10. Der ^ Stechlin. In die 2. Serie fanden die Gedichte, das Autobio graphische, Briefe, Kritiken, Nachlaß Aufnahme: 1. Gedichte, 2. Meine Kinderjahre. Von Zwanzig bis Dreißig I, 3. Von Zwanzig bis Dreißig II. Christian Friedrich Scherenberg, 4. Aus England und Schottland, 5. Kriegsgefangen. Aus den Tagen der Okkupation, 6. 7. Briefe an seine Familie, 8. Kritische Causericn über Theater. Die Londoner Theater, 9. Aus dem Nachlaß. Von vor und nach der Reise, 10. u. 11. Briefe, zweite Sammlung. Die »Causerien«, die Briefe und »Aus dem Nach laß« sind auch einzeln erschienen; letzteres Buch, 1908 von Josef Ettlingcr herausgegeben, enthält den vollständigen Berliner Roman »Mathilde Möhring«, Gedicht-Nachlese, Literarische Stu dien und Eindrücke, »Die Märker und das Berlinertum«, Onkel Dodo und andere Geschichten» und »Der alte Wilhelm und andere Geschichten«, die unter der Jahreszahl 1912 bei Brümmer verzeichnet sind, entstammen »Von vor und nach der Reise«. Die 3. Serie der »Gesammelten Werke« Fontanes müßte ja nun die »Wanderungen« und die drei Kriegswerke, vielleicht auch noch allerlei Politisches bringen, aber es ist, wie die Dinge liegen, an ihr Erscheinen Wohl kaum zu denken. Die Wande rungen sind übrigens in neuer Ausgabe, 4 Bände und 1 Ergän- zungsband (»Fünf Schlösser«), da. Eine kleine Auswahl aus ihnen, von Hermann Berdrow, findet sich in Cottas Handbilio- thck, und dort sind auch »Ausgewählte Balladen« zu haben. Fontane ist aber durch Auswahlbücher nicht zu erfassen, nicht einmal der Lyriker, bei dem neben der Ballade noch das patrio tische Festgedicht, neben dem Schlicht-Lyrischen das moderne Räsonniergedicht steht, überall blickt eben die Persönlichkeit durch, und die bekommt man auch so leicht nicht satt.
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