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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.07.1934
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- 1934-07-17
- Erscheinungsdatum
- 17.07.1934
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X- 1S4, 17. Juli 1S34. Redaktioneller Teil. Verband der Buchhändler in Polen. Sonntag, den b. August 1934, um 1b Uhr inLodz in den Räumlichkeiten des Männergesangvereins 15. ordentliche Hauptversammlung. Die Einladung hierzu mit Tagesordnung geht den Mitgliedern direkt zu. Der Vorstand. I. A.: Arnold Kr iedte. Bücher, die Hunger machen! Ein Wort zur Jugendliteratur an die Jugcndschristenverlagc. Gibt es Jugendliteratur? Das ist eine alte Frage, und man soll es wohl im großen und ganzen mit denen halten, die sie verneinen und dagegen sagen, daß sich jedes gute Buch auch für die Jugend eignet. Es gibt jeden falls viele Eltern, und das sind nicht die schlechtesten, die unbedenk lich ihren Kindern jedes Buch uberlassen, das sie für sich selbst als gut anerkennen. Selbstverständlich werden Werke von Dichtern wie Paul Ernst bei jungen, noch Heranwachsenden Menschen weni ger Interesse finden; der jugendliche Geist denkt noch nicht in über tragenen Formen und hat wenig Neigung zur sorgfältigen Beob achtung geistiger Vorgänge. Kinder werden also unter den Bü chern der Erwachsenen von selbst eine Answahl treffen, die einfach danach bestimmt ist, ob Form und Inhalt »interessant« und spannend scheinen. Das ist im Grunde der gleiche Maßstab, der auch die Erwachsenen bei der Auswahl ihrer Bücher leitet: D^r Lebenskreis, aus dem das Buch kommt, muß sich mit dem des Lesers berühren, und diese Verwandtschaft muß in der Sprache oder im Inhalt des Buches deutlich werden. Durch die einfache Tatsache, daß der junge Mensch in oer kürzeren Zeit seines Lebens und in der unvollendeten körperlichen Entwicklung manches noch nicht verstehen gelernt hat, was dem Erwachsenen gerade zum tiefsten Inhalt seines Lebens werden kann, ergibt es sich, daß der letzte Sinn manches dichterischen Kunst werks der Jugend verschlossen bleiben muß, daß manche vom Dich ter gezeichneten Vorgänge unverstanden bleiben. Die Eltern, die ihren Kindern trotzdem solche Bücher in die Hand geben, vertrauen darauf, daß ein Kunstwerk immer seine künstlerische Wirkung aus übt, auch wenn es nicht in jeder Feinheit erfaßt wird. So geht es ja schließlich den allermeisten Sterblichen vor den höchsten Werken der Malerei, vor Beethovens großen Symphonien. Wir sehen und hören über Vieles hinweg, was wir nicht verstehen können, wie die Jungen und Mädel über solche Dinge im Buche hinweglescn. Die Schönheit und die Gewalt des Kunstwerkes leidet nicht darunter, und es bleibt uns nur die Sehnsucht, noch tiefer in die Schöpfung des Künstlers einzudringen, sie ganz verstehen zu lernen. Danach kann es nicht eine Jugendliteratur geben, die nicht auch für Erwachsene geschrieben wäre. Wohl kann ein Dichter oder Schriftsteller, der sich in einem Werk besonders an die Jugend wenden will, sich in der Sprache und im Gegenstand seiner Dar stellung so einstcllen, daß nichts zum »Überlesen« übrig bleibt, sondern der junge Mensch auch alles verstehen kann. Ein deut liches Beispiel dieser Art sind die Märche n. Sowie aber wir Erwachsenen beim Lesen eines Buches in die Gefahr kommen, unsererseits mit einem mitleidigen Lächeln über manche Stellen hinwegzulesen: »Das ist wohl mehr für die Kinder«, dann ist das auch kein gutes Jugendbuch, und wir würden heute auch wenig Dank davon haben, wenn wir es der Jugend gäben. Jugend, ernst genommen. Jugend will ernst genommen sein. Ein besonders deutliches Beispiel wurde mir in der letzten Zeit bekannt. Da sind genau gleichzeitig in fast gleicher Ausstattung und zu fast demselben Preise zwei Bücher hcrausgekommen, die genau den gleichen Stoff be handeln. Das eine ist für Verlag und Verfasser ein Erfolg ge worden, der sich sehen lassen kann, das andere ist trotz der besten Reklame bald in der Versenkung verschwunden. Woran liegt das? Der Verfasser des ersten Buches hat sich Mühe gegeben, das Buch auch für Erwachsene lesbar zu machen. Er hat die geschilderten Ereignisse in einen großen Zusammenhang gestellt und versucht, 838 ihren tieferen Sinn zu erfassen und dem Leser faßlich zu machen. Er ist beinahe so weit gegangen, die jugendlichen Gestalten seiner Erzählung hinter dem großen Geschehen ihrer Zeit zurücktrcten und nur als Symbole bestehen zu lassen. Ein Buch für die Jugend?! Nein, da macht man es doch fo, wie es der andere Verfasser gemacht hat: Die Ereignisse müssen einander jagen, die einzelnen Gestalten müssen so naturgetreu wie möglich miteinander reden, die Spannung darf nicht durch Schilderungen unterbrochen werden; was will die Jugend von großen Zusammenhängen wis sen? Dieses zweite Buch ist eines von der Art, die die Erwachsenen aus der Hand legen mit dem Urteil: Das ist so richtig nett sür die Jungen geschrieben. Und dieses Buch wurde ein Mißerfolg, weil es nämlich an seine jungen Leser keine Ansprüche stellt. Und auch das ist schließlich dieselbe Erfahrung, die wir als Erwachsene mit unseren Büchern machen: Uns reizt nicht das Buch, das mit einmaligem Lesen ausgekostet und abgetan ist. Wir verlangen einen bleibenden Wert, der sich darin zeigt, daß wir ein Buch zwei- und dreimal lesen müssen, um auf den Grund seines Wesens zu kommen, daß wir beim Wiederlesen jedesmal größere Freude daran haben und nicht das Gefühl, wir könnten unbeschadet Seiten überschlagen. Geradeso geht es den Jungen; das ist eine Erfahrung, die der Schreiber dieser Zeilen an sich selbst und in jahrelanger Arbeit als Jugendführer gemacht hat. Bücher, die hungrig machen. Jugend braucht Bücher, die etwas von ihr verlangen. Das ideale Schrifttum einer vergangenen Zeit machte alle Dinge so be quem und einfach wie möglich. Wie in den Romanen für die Erwachsenen lange scelenzerpflückcndc Erörterungen einander über wucherten und dem Leser keinen Spielraum mehr ließen, in dem er sich die Gestalten des geschilderten Geschehens nach seinem Ge fühl hätte formen können, so stellte man auch der Jugend die Er lebnisse und Zustände ihres eigenen Alltags mit der Naturtrcue des Photographen vor Augen und würzte diese Darstellung nur mit einem Übermaß von Süßigkeit. Das waren Bücher, die ihren Leser sättigten. Der gleiche Stil, den das jugendliche amerikanische Volk sich von seiner Filmindustrie mit dem Happy End hat schaf fen lassen. »Sie« kriegen sich, werden reich und glücklich. Das Leben stellt sich, verblüffend einfach, dar als der Weg zu diesem Ziel, das in der rauhen Wirklichkeit von diesem mehr, von jenem weniger erreicht wird, und dieses Mehr oder Weniger bleibt der einzige Unterschied zwischen den menschlichen Schicksalen. Bon diesen Büchern wird man nicht nur satt. Man wird übersättigt, man wird müde. Diese Jugend aber, die in der schweren Zeit des Krieges und Nachkrieges ausgewachsen ist, will sich nicht einschläfern lassen, sondern will geweckt werden zum Ver stehen ihrer Aufgabe als Jugend insgesamt und der Aufgabe jedes einzelnen unter ihnen, mit deren Erfüllung er seine Pflicht an der Gesamtheit einlöst. So will sie in ihren Büchern immer wieder erleben, wie das einzelne Schicksal, der einzelne Mensch und der einzelne Vorgang sich mit den anderen zusammcnsllgcn zur Ge schichte des Volkes, zur Nation und zum Zeitgeschehen. Diese Ju gend, die ihre ersten Jahre in Trauer, Mangel und Sehnsucht erlebt hat, deren Blick mehr als der irgendeiner Jugend vorher in die Zukunft gerichtet sein mußte, wenn sie überhaupt leben wollte, diese Jugend kennt nicht die gesättigte Atmosphäre des »trauten Heims«; immer wird sie ihren Blick in die Weite richten und wird in dem Buche, das ihr lieb sein soll, auch diesen Sinn für die Weite, den Sinn fürs Ganze suchen. Den Hunger, der körperlich und seelisch der Inhalt ihrer Kindheit war, und der als Wille zum Großen und Gewaltigen, als revolutionärer Wille ihr ganzes Leben beherrschen wird, will sie in ihren Büchern widergespiegelt und vertieft finden. Das gute Jugendbuch ist nationalsozialistisch! In diesem Sinne muß jedes Buch für die deutsche Ju gend nationalsozialistisch sein. Dabei braucht das Wort National sozialismus in keiner Zeile genannt zu werden. Im Gegenteil: Leider sind in der ersten Zeit nach dem Ausbruch der deutschen Revolution viele von den süßen, sättigenden Büchern erschienen, die ihren Nationalsozialismus in der sattsam bekannten Methode dadurch zu beweisen versuchen, daß sie den Namen der Bewegung
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