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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.06.1934
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1934-06-23
- Erscheinungsdatum
- 23.06.1934
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- Deutsch
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M 144, 2S. Juni 1834. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. DtschnBuchhandel. ständige und gute Arbeiter, was seine Arbeit wert ist. Talmi- Schaffenden aber geht dieser Maßstab der eigenen Bewertung ab (wie ihnen auch jede Selbstkritik abgeht) und ein tüchtiger »Verleger«, der immer der »Förderer junger, aufkeimender dt rüste« ist, bringt ihnen mit Druckkosten-Zuschiissen, die zu bezahlen wären, und umfang reichen Subskriptionslisten den Wert ihrer Arbeit bei. Und der Dichter von Geldbeutels-Gnaden erscheint in großer Aufmachung mit noch größerer Bauchbinde, auf der doppelt fett die Worte »begabt« und »talentiert« stehen, zwei Worte, deren sich jeder ehrliche und wahre Dichter schämt, weil diese Warenhausbezeichnungen nichts anderes sind als ein mäßiges Schulabgangs-Zeugnis. So, Herr Diettrich, steht es heute um die junge Lyrik, um eine dtunstgatlung, die meinem Empfinden nach am nächsten der Musik steht. Wo bleibt da die Ehrfurcht vor dem Wort? Wo bleibt da die Demut vor dem ringenden und kämpfenden Schaffen wahrer und zu diesem Beruf wirklich berufener Geister? Wo bleibt da die Er kenntnis von der inneren Reife? Es gibt Menschen, die schon mit zwanzig Jahren Greise sind, es gibt aber auch welche, die ihr Leben lang Primaner bleiben. Und beide Sorten fabrizieren heute Lyrik, füllen damit Seiten nm Seiten großmäulig aufgemachter Bücher, und wenn mau sich endlich durch geärgert hat, dann muß man sich vom Verleger noch Trottel nennen lassen, weil man die mehr oder weniger getarnte Schizophrenie des Autors nicht verdaut hat und von den wortgequälten Geistes blitzen mehr erschlagen als erleuchtet worden ist. Nein, Herr Diettrich, lieber weniger, viel weniger Lyrik, aber bessere. Zeiten des Kampfes und der Revolution sind einmal keine lyrischen, und wir können uns ruhig damit trösten, daß auch unsere Zeit einmal ihren lyrischen Ausdruck finden wird. Wir wollen aber um Gottes willen nicht forcieren, was nicht da ist, ebensowenig wie wir uns den Magen und den Geschmack an der wie Pilze aus der Erde schießenden Epigonen-Kunst verderben wollen. Ich glaube, daß es keine schöneren Stunden gibt als jene, wo sich wirkliche Lyrik an uns verschwendet. Hüten wir lieber die spär lichen Quellen solches Glückes, als daß wir sie zuschütten, nur damit Halbkönner und Seelenathleten ihre Geschäfte machen und ihre Eitel keiten befriedigen. Entschuldigen Sie den, Ihnen vielleicht fremden, burschikosen Ton, seien Sie aber versichert, daß er aus einem gläubigen, dem Schrifttum und der neuen Zeit voll und ganz ergebenen Herzen kommt. Und so begrüßt Sie auch mit Heil Hitler! Ihr ergebener Wolf Braumüller. Zu allen Zeiten ist die Berufung eines Lyrikers diejenige ge wesen, die am Anfang und Ende eines einsamen, mühseligen und weiten Weges steht. Wo aber der wahre Ruf zum Geist da ist, kann kein äußeres llbergangenwerden, Jm-Schatten-Stehen und Armselig-Sein ihn zunichte machen; (im Gegenteil, je schwerer der Weg, um so höher wird die geistige und seelische Reife sein). Die echte Lyrik ist eine Begnadung, die nicht zuerst nach außen will, sondern erst nach vollendetem inneren Weg den Ruf nach außen ergehen läßt — vorausgesetzt, daß die Berufung da ist. — Lyrik soll die klarste, konzentrierteste, ewig gültige Formgebung des Wortes sein — sie erfordert daher strengste Zucht und höchste Ansprüche an uns selbst. Wer das Wort liebt, weiß, welche Verantwortung es denen auferlegt, die es gestalten wollen. Und welch eine Sünde es ist, unnützes Spiel mit ihm zu treiben. Wer glaubt, Lyrik treiben zu können, wenn er Verse m a ch t, und gar noch einen Verleger dafür findet — ist nicht berufen, er sollte die Finger davon lassen. Das echte, innig-tiefe Dichterwort quillt ursprünglich und tief aus der Seele heraus, es braucht nicht gemacht zu werden, sondern ist einfach da — und allen denen, die berufen sind und doch noch scheinbar im Schatten stehen, zum Trost gesagt: — es wird ewig da sein, wird seinen Weg aus Dunkelheit und Einsamkeit zum Licht vollenden — mag auch noch so viel sich dagegenstellen! Käthe L. K a m o s s a. Deutscher Literaturführer? vr. H. L. — W. N. L i n d n e r gibt in seinem Verlag einen von ihm verfaßten, mit dem Titel »Gegenwart« versehenen »Deut schen Literaturführer« heraus. »Herausgegeben von einem Buch händler, soll sie (Lindners Broschüre) in erster Linie dem buchhänd lerischen Nachwuchs nützlich sein, darüber hinaus jedem literarisch und kulturpolitisch Interessierten.« Wir müssen bekennen: Lindners Arbeit stellt ein Schulbeispiel dafür dar, wie ein zuverlässiger Literaturführer nicht sein soll. Da er vornehmlich für Buchhändler, zumal für den Nachwuchs 570 gedacht ist, halten wir es für unsere Pflicht, unsere Ablehnung au dieser Stelle auszusprcchen. Wir lassen dabei den zweiten Teil außer acht, obwohl wir der Ansicht sind, daß es wenig informativen Wert hat, in einer »Kleinen Verlagskunde« ein paar hundert bloße Ver lagsnamen zusammenzustellen, mit denen trotz der Gruppenunter teilung ohne Erläuterungen wenig anzufangen ist. Es interessiert uns hier aber vor allem der erste Teil, »Antoren, die für die Gegenwart besondere Bedeutung haben«, denn eine zuverlässige Autorenkunde hätte innerhalb der bnchhändlerischen Fachliteratur eine empfindliche Lücke auszufüllen gehabt. Leider wimmelt nun gerade Lindners Autorenkunde von grund sätzlichen und ordnnngstechnischen Fehlern. Daß auch ausländische Schriftsteller zwischen den deutschen auftauchen, sei nur eben an- gemerkt. Eine gesonderte Zusammenstellung der bei uns gängigsten ausländischen Autoren, besonders der nordischen, hätte durchaus ihre Berechtigung anch in einem deutschen Literalurführer gehabt, denn unser Literaturmarkt ist ohne sie nicht zu denken, aber ent weder — oder. Dies Entweder — Oder gilt auch für zahl reiche andere Ordnungs- und bibliographische Gesichtspunkte der Broschüre Lindners. Entweder steht bei allen Pseudonymen der bürgerliche Name oder bei keine m ; entweder wird bei allen Autoren das zuletzt erschienene Werk an die Spitze der Aufzählung gestellt oder bei keinem - gerade hier herrscht ein besonders großes Durcheinander —; entweder wird bei allen Autoren das jüngste Werk mit genannt oder bei keinem (soweit dieses bei Veröffentlichung der Broschüre vorlag), usw.ü Die Autorenkunde enthält nach dem Vorwort »diejenigen Dichter und Schriftsteller, die für den heutigen Deutschen noch oder überhaupt in Frage kommen, d. h. unserer Welt- und Lebenseinstellung ent sprechen«. »Dieses Kriterium ist das heute Ausschlaggebende.« »Ein Literaturführer wertet nicht den einzelnen Autor, sondern die Auf nahme ist schon positive Wertung.« »Auf die Ganzheit und Einheit, der Person kommt es an.« Das sind ausgezeichnete Grundsätze für eine solche Zusammenstellung, wenn man sich einzelne davon auch etwas klarer bestimmt denken könnte. Aber: was haben hier, unter Anlegung solcher Maßstäbe, verloren etwa: Lou Andreas Salome, Kasimir Edschmid, Herbert Eulenberg, Georg Finck, Otto Flake, Bruno Frank, Jakob Haringer, Kurd Hartwin, Georg Kaiser, Graf Hermann Keyserling, Klabund, Peter Martin Lampel, Thomas Mann (ausgerechnet mit den »Betrachtungen eines Unpolitischen« an der Spitze), Max Mohr, Robert Musil, Rudolf Pannwitz, Nene Schickele, Bruno Schönlank, Fritz von Unruh, Frank Wedekind, usw. »Unserer Welt- und Lebenseinstellung entsprechend«: muß heute doch a l l e r m i n d e st e n s heißen: Unter dem nationalsozialistischen Gesichtswinkel gerade noch verantwortbar sein, nicht wahr? Wenn ich mir persönlich für eine solche Arbeit auch noch viel, viel ein deutigere Auswahlgesichtspunkte herausgesucht hätte, denn wir leben heute immerhin im Dritten Reich! Ich habe mein Herz arg weit gemacht, aber die eben genannten Autoren kann ich als National sozialist mit dem besten Willen nicht verantworten. — Lindners Führer ist für Buchhändler bestimmt und soll besonders dem »Nach wuchs nützlich« sein. — Die allererste Aufgabe aber, die der deutsche Buchhändler zu erfüllen hat, ist, daß er n a t i o n a l s o z i a l i st i s ch werde, dann darf man ihm aber nicht einen solchen »Führer« durch das gegenwärtige Schrifttum bieten. Völlig unzuverlässig ist Lindners Führer in Einzelheiten, so besonders, was die Aufzählung der Werke der einzelnen Autoren anbetrifft. Einmal sind sie alle genannt, dann wieder nur ein Teil; einmal steht das letztveröffentlichte Werk am Anfang, dann am Schluß — oder es ist einmal auch gar nicht genannt nsw. Oft sind die bibliographischen Angaben ungenügend, das aber ist der schlimmste Vorwurf, dem man einem Literaturführer machen kann! Beispiele: Bei Albert Bauer werden die »Hunsrückbauern - und das »Feld unserer Ehre« genannt, Lindner weiß anscheinend nicht, daß das »Feld unserer Ehre« nur die neue Ausgabe der »Hunsrllckbauern« darstellt -- ähnlich ist es bei Busses »Schwarz waldtrilogie«, — bei Ehrler wird nur der Roman »Wolfgang« genannt, das viel wichtigere lyrische Schaffen Ehrlers fehlt vollständig. Paul Ernst bekommt 6^ Zeilen, Otto Flake aber 17^ Zeilen!! Stefan George dagegen muß sich wieder mit Zeilen begnügen (die Bezeichnung »Gesammelte Werke« ist völlig unzweckmäßig —). Bei Kolbenheyer wird auf einmal auch angegeben, wo er lebt (was bei den anderen nicht der Fall ist), aber leider falsch; denn er lebt bekanntlich seit zwei Jahren nicht mehr in Tübingen, sondern in Solln bei München. — Bei der Aufzählung seiner Werke kommen zuerst die »Weihnachtsgeschichten«, dann Parazelsus (hier wäre un bedingt erforderlich die genaue Angabe der Titel der einzelnen Bände). Dann der Erstlingsroman Amor Dei; dann mittendrin die Dramen, hinterher wieder »Reps« und andere . Ohne jede
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