Redaktioneller Teil. Bekanntmachung. Der Arbeitgeberverband der Deutschen Buchhändler Ortsgruppe Leipzig hat am 22. August folgende En't- schlicßung gefaßt: Die Versammlung ist der Ansicht, daß der Streik tm Leipziger Buchhandel Formen annimmt und Folgen zeitigt, die er für die Stellung Leipzigs als Mittelpunkts des deutschen Buchhandels don höchster Bedeutung werden können. Die Leipziger Buchhändler legen daher Wert darauf, unmittelbar die Stimmung ihrer auswärtigen Sol legen kennen zu'lernen, und ersuchen deshalb den Börsenverein, unverzüglich telegraphisch eine Besprechung der Vorsitzenden der anerkannten Vereine des Börsenvereins nach Leipzig einzuberufen. Die Versammlung empsiehlt, bei besonders wichtigen Vereinen oder wichtigen, dem Börsenverein nicht angeschlossenen Fachverbänden die Einladung nicht nur an deren Vorsitzende, sondern an die Gesamtvorslände ergehen zu lassen. Der Vorstand des Börsenvereins hat in Erkenntnis der außerordentlichen Wichtigkeit des Leipziger Streiks für den Gesamtbuchhandel der Anregung Folge gegeben und die für die Tagung in Betracht kommenden Vorstände für Mittwoch, den 27. August, vormittags 9 Uhr, in das Buchhändlerhaus zu Leipzig telegraphisch eingeladen. Leipzig, den 22. August 1919 Der Vorstand des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig. Or. Arthur Meiner. Paul Schumann. Hans Volckmar. Karl Siegismund. Otto Paetsch. Max Röder. Zum Streik im Leipziger Buchhandel. Über den Verlauf seit den Verhandlungen vor dem Schlich- tungsausschuß am 29. August erfahren wir vom Arbeitgeber verband der Deutschen Buchhändler, Ortsgruppe Leipzig, das Folgende: Nach üstündigen Verhandlungen vor dem Schlichtungsaus- schuß überreichten' die Vertreter der Arbeitgeber die folgende Entschließung: Die Arbeitnehmer haben das Angebot der Arbeitgeber, das aus einem prozentualen Zuschlag von 20"/» für Zwischen buchhandel und Sortiment und von 25"/» für Verlag und Antiquariat auf die bisherigen Tarifsätze bestand, abgelehnt. Sie sind zu dieser Ablehnung gelangt, ohne auf Erörterungen über die wirtschaftliche Lage der Betriebe und deren finan zielle Leistungsfähigkeit einzugehen, obgleich von seiten der Arbeitgeber hierüber nicht nur Behauptungen ausgesprochen wurden, sondern für diese auch Beweis angcboien war. Die Arbeitgeber sind nicht in der Lage, darauf einzu gehen, die endgültige Lösung der Streitigkeiten durch Ein führung eines Provisoriums zu verschieben. Wenn sie nach beendigtem Streik ihre Betriebe wieder eröffnen, müssen sie auf mindestens ein halbes Jahr die kalkulatorische Grundlage kennen, auf der die Wiedereröffnung erfolgte. Die angc- boienen Zugeständnisse stellen in materieller Beziehung das Äußerste dessen dar, was auch nach Ablauf eines etwaigen Provisoriums gewährt werden könnte. Deshalb sind die Arbeitgeber der Ansicht, daß weiter verhandelt werden mutz, bis die Grundlage für eine endgültige Verständigung von min- bestens halbjähriger Dauer gefunden ist. Daraus fällte der Schlichiungsausschutz, ohne in weitere Ver handlungen über die überreichte Entschließung einzutreten, den folgenden Schiedsspruch: 1. Den Parteien wird aufgegeben, sofort über den Abschluß des beabsichtigten Tarifvertrags in gemeinsame Ver handlungen einzutreten und diese Verhandlungen spä- iestens bis zum 15. September d. I. zu Ende zu sichren. 2. Bei diesen Verhandlungen ist ausgehend von dem bis herigen Tarife bei der Klasseneinteilung der Angestellten außer dem Lebensalter und der Vorbildung auch die Lei stung und Beschäftigungsart entsprechend zu berücksich tigen. 3. Sollten die Parteien über den oder jenen Punkt des neuen Tarifvertrags eine Einigung nicht erzielen, so wird ihnen anheimgegeben, erneut den Schlichtungsaus- schuß anzurufcn. 4. Sollten die Verhandlungen über den neuen Tarifvertrag bis zum 15. September 1919 zu einer Einigung noch nicht geführt haben, so ist dem neuen Tarifvertrag rückwirkende Kraft vom 15. September 1919 ab zu verleihen. 5. Für die Zeit bis zum 15. September 1919 ist den Ange stellten auf die in dem alten Tarifverträge festgesetzten Gehaltssätze ein Zuschlag von 40°/» zu gewähren. Soweit bei Angestellten höhere Gehaltssätze bereits gezahlt wer den, sind diese nicht hcrabzusetzen. 6. Die Arbeit ist sofort wieder aufzunehmen. Die in- folge der Arbeitsniederlegung vorgenommenen Kündigun gen und Entlassungen sind rückgängig zu machen. Maß regelungen wegen der Arbeitsniederlegung dürfen von beiden Seite» nicht erfolgen. 72«