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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.04.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1903-04-22
- Erscheinungsdatum
- 22.04.1903
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- Deutsch
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^ 91, 22. April 1903. Nichtamtlicher Teil. 3181 Der Dichter des besten deutschen Lustspiels des ver gangnen Jahrhunderts, der Schöpfer von Gestalten wie Bellmaus und Schmock, Fritz Fink, Hummel und Hahn, ließ es selbst in Geschäftsbriefen und bei feierlichen Anlässen an humoristischen Wendungen nicht fehlen. Als Heinrich Hirzel im Juni 1863 Prokura erhielt, schreibt Freytag an Salomon unter anderm: -Meinem Freunde Heinrich gratulire ich auf richtig zur ertheilten Procura. Hoffe, er wird dieselbe benützen, um hinter Ihrem Rücken der Firma etwas leicht sinnigeren Verlag zu octroyiren. Denn das neue Verlags verzeichnis präsentiert mich in einer so würdigen und ernsten Genossenschaft, daß ich wie ein vereinzeltes Huhn unter jungen Enten aussehe, die Sie mit treuer Sorgfalt groß füttern.« Heinrich Laubes treffendes Wort: »Beim Theater kommt es immer anders« läßt sich ohne wesentliche Einschränkung auch auf den Buchhandel anwenden. Wer nur einigermaßen in der Geschichte der Büchererfolge bewandert ist, weiß davon zu erzählen, daß Mißerfolge eintreten, wo alle Bedingungen für reichlichen Absatz gegeben zu sein scheinen, daß aber anderseits auch mitunter die Erwartrurgen, die Verleger und Autor arr eine Novität knüpfen, weitaus übertroffen werden. (In unfern Tagen mag Jörn Uhl hierfür ein Bei spiel sein.) Mit keinem Werke hat Gustav Freytag so sehr die breitesten Schichten des Lesepublikums für sich gewonnen als mit »Soll und Haben«. Er wollte nach der Julian Schmidt'schen Anweisung das deutsche Volk suchen, wo es in seiner Tüchtigkeit zu finden ist, und hat mit seinem Kaufmannsroman den dauerhaftesten Erfolg errungen. Wie sehr der Dichter, als er »Soll und Haben« schrieb, in dem Jdeenkreise des Romans lebte, geht aus mancher Briesstelle hervor. »Möchten Sie, so schreibt er an Hirzel am 13. Juli 1854, aus dieser kaufmännischen Auffassung des Menschen lebens sehen, daß ich tief in Soll und Haben sitze. Sie müssen bei dieser Arbeit schon Geduld mit mir haben. Wie das Ding jetzt ist, hat es vielleicht manche löbliche Eigenschaft, aber es fehlt ihm eine Kleinigkeit, es ist nicht schön Ich werde es Ihnen nicht übergeben, bis ich ganz fertig und verhältnismäßig zufrieden bin.« — Unter handlungen, die von hoher Seite später mit Freylag ge pflogen wurden, charakterisiert er mit den Worten: »man hatte die Gnade, in der Weise Jtzigs um mich zu schachern«, und wieder einmal später wirft er in die Schilderung einer Häuslichkeit die Worte hinein: »Es war wie beim seligen Herrn Kalkulator Wohlfahrt«. — Im Jahre 1865 besuchte er das Urbild des Kaufmanns Schröter, seinen alten Freund Theodor Molinari in Breslau, und berichtet an Hirzel mit sanfter Wehmut: »Ich sitze hier still in dem alten Hause, das von »Soll und Haben« sein Angesicht wenig geändert hat, nur daß sich jetzt neben den frühem Bewohnern ein jüngeres Geschlecht darin tummelt, die Zuckerfässer und die große Wage stehen auf dem alten Platze, nur den Menschen war nicht vergönnt, diese zehn Jahre ohne tiefere Furchen im Antlitz zu überwinden«. Die einzelnen buchhändlerischen Etappen von »Soll und Haben« sind aus den Briefen zu ersehen. Gegen Ende des Jahres 1854 erschien die erste Auflage, und schon im Juni 1855 mußte zur angenehmen Überraschung Freytags an die Herstellung der zweiten Auflage geschritten werden. Am 25. Juni 1855 schreibt er: »In der Buchhandlung S- Hirzel war ich natürlich, erfuhr dort, daß Soll und Haben ver griffen und circa 150 Nachbestellungen noch nicht ausgeführt waren; wie auch, daß der Druck der zweiten Auflage zum 1. Juli schwerlich beendet sein werde, daß aber der Satz bis dahin vollendet sein könne. Da die Kritik sich so un gewöhnlich zärtlich gezeigt hat, wird das Buch wohl noch einige Monate guten Absatz haben. (!!) Aus den wenigen Börsenblatt tür den deutschen Buchhandel. 70. Jahrgang. Monaten sollten Dezennien werden. An: 30. August 1855 schreibt Freytag: »Also, wir haben Glück! Eine dunkle Sage von einer neuen Auflage kam mir schon in Frankfurt am Main zu Ohren und wurde, obgleich sie sehr freundlich anzu hören war, als unwahrscheinlich (!!) kurz abgewiesen. Was und wie Sie mir das Faktum anzeigen, ist ganz in Ihrer liebenswürdigen Art. Die Conditivns, welche Sie mir mittheilen, und alles Übrige nehme ich dankbar und gerührt an, wenn Sie mir wieder 500 Thaler in den Schoß schütteln wollen, so will ich Egoist genug sein, dies anzunehmen. Nur - eines hätte ich anders gewünscht, daß Sie die neue Auflage 1000 Exemplare stark ge macht hätten. Erstens würde ich in diesem Fall das un verhältnismäßig hohe Honorar mit etwas bessern! Gewissen angenommen haben Und eine vierte Auflage wäre doch so monströs« (!!) Hirzel wollte nämlich nur siebenhundertundfünfzig Exemplare drucken, der kulante Autor drängt auf lausend Exemplare. — Am 24. Juli 1856 schreibt Freytag: Also Gedanken an eine sechste Auflage! Ei, ei, dieses ist sehr augenehm zu hören. — Nach und nach ge wöhnten sich Autor und Verleger an die erfreuliche Beschäf tigung, neue Auflagen zu veranstalten, und vierzig Jahre später, am 25. Januar 1895, kann Freytag sein Einverständ nis zur dreiundvierzigsten (!) Auflage geben; Höhe derselben viertausend Exemplare. Es wäre zum Verwundern, wenn kein Versuch gemacht worden wäre, einen so starken und dauerhaften Erfolg nach andern Richtungen auszunützen, zum Beispiel für die Bühne, und tatsächlich ' hat sich im August 1858 ein Schauspieler L. IV., »dramatisierender Tailleur von Novellen«, bei Freytag eingefunden. »Er hat,« schreibt dieser, »Soll und Haben« fünfaktig für die Bühne bearbeitet, mit meinen Worten, ganz getreu, bot mir die Hälfte des zu hoffenden Honorars und wünschte, daß ich es durchlesen möchte. Ich verweigerte beides, erklärte ihm, daß er auf seinen eigenen Beinen laufen müsse.« Auch die Absicht, eine illustrierte Ausgabe von »Soll und Haben« zu veranstalten, wurde eifrig ventiliert. In einem Briefe vom August 1862 erstattet Freytag hierüber ein eingehendes, mit Kostenanschlag versehenes Expose. »Mir ist Ihre Idee wegen der Bilder zu »Soll und Haben« noch im Kopf herumgegangen Aber nach meiner Ansicht ist es mit Richter und mir nichts. Seine Erfindung ist wohl nicht mehr recht frisch, die Methode wird fast zur Manier, er spielt seine alten Virtuositäten in endlosen Variationen; was er vortrefflich macht, ist nicht, was ich am liebsten dar gestellt sähe. Wie wäre es mit dem hiesigen Schneider, er würde seine Sache nicht ausgezeichnet, aber gut machen, er würde billig sein . . . .« Freytag war im Irrtum, und er säumte nicht, dies einzugestehen. Was Schneider lieferte, entsprach nicht. Am 30. April 1864 berichtet Freytag: »Schneider hat wohl die Bilder geschickt. Ich glaube aller dings, er kanns nicht besser machen. Und ich fürchte, Sie werden nicht zufrieden sein« —. Das Projekt'wurde bald darauf endgültig fallen gelassen. Wenige Monate später — im Juli 1864 — brachte Freytag persönlich das erste Manuskript zur »Verlorenen Handschrift« nach Leipzig, worauf der Druck begann. — Den ganzen Inhalt des Buchs, in dem viel von Poesie, doch auch oft von Politik die Rede ist, auszuschöpfen, ist unmöglich, und im Hinblick auf die Richtung dieses Blatts auch nicht am Platz. Die Briefsammlung spiegelt das Entstehen und langsame Reifen der Romane, der »Bilder aus der deutschen Vergangenheit« und der »Ahnen« wieder und bietet nahezu auf jeder Seite das Bild eines idealen Verhältnisses zwischen Dichter und Verleger. Der Dichter hält treu und fest an Handlung — Leser von Soll und Haben werden sich erinnern, daß Freytag diesen Ausdruck 423
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