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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.03.1934
- Strukturtyp
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- 1934-03-01
- Erscheinungsdatum
- 01.03.1934
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Xr 51, l. März 1934. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. b.Dtschn. Buchhandel Es vergeht selten ein Tag ohne Zuschrift von irgendeinem Leser meiner Bücher. Sie kommen her vom Bord eines Auswandererschif fes, aus den stillen Kammern schwer um ihr Deutschtum ringender Auslanddeutscher, vom Krankenlager, von fröhlicher Wanderfahrt, sind geschrieben in Herzensangst und in dankbarer Freude, bitten um Nat, wollen dies oder jenes näher wissen, werfen Fragen auf. Diese Zuschriften sind uns Schriftstellern besonders wertvoll, denn sie beweisen, daß unsere Bücher leben und wirken. Ein Buch ist zu nächst nichts anderes als ein aus Felsgestein sprudeln der Quell, der rauscht, weil er eben rauschen muß. Er ringt sich meist schwer an das Licht, und nur wenige wissen, wie viel innerer Kampf hinter einem Buche steckt. Der Quell kann nach kurzem Laufe versiegen, kann aber auch zum Bach, zum Fluß, zum Strom werden. 60 000 Exemplare eines Buches bedeuten, bescheiden gerechnet, 200 000 Leser. Eine Armee marschiert hinter einem einzi gen Buche her. Keiner blieb ganz unberührt von dem Buche. Die Wir kung mag verschieden sein, da «aber ist sie. Weil dem so ist, tragen wir Schriftsteller eine ungeheure Verantwortung. Mehr denn je sind wir heute verpflichtet, Bücher zu geben, die ganz und gar deutsch sind, innerlich stark und zugleich froh machen. Mehr denn je ist es aber auch nötig, diesen Büchern unser heute so gläu biges, hoffnungsstarkes, geradezu innerlich erlöstes Volk zu-ufüh- ren. Unsere Kinder sollen wieder heimisch werden in deutschem Ge- mlitsleben, unsere Burschen und Mädel sich ihrem Deutschtum ver pflichtet fühlen, unsere Männer und Frauen wieder erkennen, daß sie gleicherweise Ahn und Enkel verantwortlich sind und freudig bereit sein, diese Verantwortung zu tragen. Wie viel Bücher einreißen, wie sie ein ganzes Volk innerlich zerstören können, das haben wir bitter genug erfahren müssen, doch die deutsche Seele hat wider- standen. Wie ein edler Bogen ist sie stärker und spannkräftiger als zuvor. Mit dieser Seele aber werden wir siegen, und das deutsche Buch wird zu einem guten Teil mitbauen an dem Fundament, das ein Jahrtausend tragen soll. G u sta v S ch r ö e r. Es gibt viele Menschen, die rasch mit der Behauptung bei der Hand sind, das Lesen von Büchern sei Leben aus zweiter Hand, schlechter Ersatz für wahrhaftiges Erleben. Was für eine schnell fertige und durchtriebene Lüge! Diese Leute, wenn sie nicht fähig sind, sich selber ein Buch zum Erlebnis werden zu lassen, wie sollten sie überhaupt die Kraft aufbringen, wirklich zu leben, wie sie prah len! Nicht nämlich die Ereignisse, die um uns geschehen, nicht die Freuden und Leiden, die uns widerfahren, nicht die Menschen, denen wir begegnen, die mit uns ein Stück unseres Weges gehen —, alles das ist nicht entscheidend, weil es dem Zufall anheimgestellt ist: viel mehr der Mensch selb st, der es erlebt, auf den allein kommt es an, auf seine Erlcbnisfähigkeit, auf die Intensität, mit der er empfindet, das eine aufnimmt, das andere verwirft, sich die einen zu Freunden, die andern zu Feinden erwählt. Dazu gehört — Phantasie. Und zum Lesen von Büchern gehört ebenfalls Phantasie. Nichts unterscheidet also das Buch vom Leben. Wer keine Bücher lesen kann, der kann auch nicht wirklich leben. Was für ein armseliger Mensch! Gerhard Menzel. Kulturpolitik und Buchhandel. Von Baumeister. Die Formen, die Wege, das Tempo und die Stärke zukünftiger Kulturpolitik, ihre Toleranz oder ihre Unnachgiebigkeit liegen noch nicht eindeutig fest. Das ist an sich klar. Die Durchbruchsschlacht der Idee des Nationalsozialismus mußte auf dem Gebiet der Politik er folgen und erforderte, daß man alle Truppen dorthin warf. Es ist ein Kennzeichen nationalsozialistischer Politik, daß immer das Nächst liegende getan wird und nur hoffnungslose Wolkenseher konnten auf den Gedanken kommen, daß man zur Zeit der Entscheidungskämpse sich mit anderen als den Nächstliegenden, das waren politische Dinge, ernstlich befassen durste. Allerdings, die steigende Flut einer Über fremdung deutscher Kultur erforderte es, daß ein erster Deich gebaut wurde, hinter dem das Zukünftige grünen sollte. Rosenberg gründete den Kampfbund für deutsche Kultur und brachte damit auch für die Partei deutlich genug zum Ausdruck, wie wichtig dereinst kulturelle Besitztümer für die Bewegung und den Staat der Bewegung fein wer den. Zu diesem Herausstellen des Politischen aus taktischen Gründen tritt noch ein zweiter innerer Grund für die langsamere Formung der kulturpolitischen Richtlinien. Diese Bewegung brach nicht aus einer Lohnrechnung, sondern aus . der Seele auf und sic ist darum nur von dem richtig zu verstehen, der eine solche Seele als Wesensgrund des echten Nationalsozialisten hat. So sehr sie in sich alle Keime zukünftiger Ordnung des weltlichen Ge schehens trägt, so sehr svlgt sie doch dem Grundgedanken der Wieder herstellung einer natürlichen, einer werdenden und nicht, wie etwa der Bolschewismus, der Erstellung einer künstlich gewollten Ordnung. Die Zeit, die wir heute mit dem Sammelnamen liberalistisch meinen und deren Grundziigc nicht in der über Jahrtausende weg wenig veränder ten Seele, sondern im höchst verwandlungs- und anspruchsfähigen persönlichen Wunsch lagen, ist in wachsendem Maße ihrer eigenen Elemente nicht mehr Herr geworben. Ihre eigenen Methoden, also z. B. ihre Demokratie wurden zur Bindung der diesen Methoden ent springenden Folgen unanwendbar. Ihre Ordnung wurde Anarchie. Oder ist denn bas im Kern nicht schon Anarchie, wenn wir die unlös bare Verknäueiung weltwirtschaftlicher und weltpolitischer Beziehun gen ansehen, die uns die Gegenwart bietet, wenn Staaten mit dickem Goldschatz auf schwachen WLHrungsfiißen stehen müssen, wenn sich im Zeitalter des Flugverkehrs über den Ozean, der beginnenden Raketen schisfahrt die einzelnen Länder mehr gegeneinander absperren, als cs im Mittelalter der Fall war und die Hälfte der Erzeugung, z. B. von Gummi, Kaffee usf. verbrannt werden muß? Dieser unnatürlich ge wordenen Ordnung und dem noch schrecklicheren rein materiellen Ver such ihrer Bannung Im Bolschewismus setzt der Nationalsozialismus seinen neuen »gewachsenen« Gedanken gegenüber, mit dem er zugleich auch der Gegenwart vorauscilt und die neuen Formen und Gedanken künftiger Entwicklung vorwegnimmt. Er wird es also nicht versuchen, mit künstlichen Mitteln, mit Jahresplänen, mit der Bürokratie eines Kulturbeamtentums Kultur 194 zu schaffen, und einige notwendig geworbene, gewaltsamere künstliche Verbesserungen zur Erzielung gleichen Marschschrittes sind nur dem unverständlich, der in der Epoche einer unnatürlich gewordenen Ord nung zu Hause bleiben möchte. Kultur ist etwas Festigendes und Stärkendes, Reinigendes, aber nichts von vornherein Vorauseilendes. Die gewaltigen kulturpoliti schen Anregungen der in ihrer Wesensart sehr nordischen Staufen kaiser z. B. sind erst lange nach ihrem Tode wirksam geworden. Nur zum Dichter kommt der zukunstsehende und zukunftwollcnde Gott mit seinen Visionen und läßt über das Jahrhundert hinweg seinen gött lichsten Bruder unter den Deutschen, Hölderlin, das, was er mit der Seele suchte, doch in Deutschland ahnen, läßt den Landsmann Schiller das Heldische in einer fast unwahrscheinlichen Einheit zwischen Leben und Gedanken und männlicher Kühnheit vorausleben und neue For men erleben, ehe sie durch die Erschütterungen der Gegenwart not wendig geworden sind. Wenn also deutlich geworden ist, daß nationalsozialistische Kultur politik nicht nach heute von irgendwoher gegebenen Besehlen morgen handeln, organisieren will und wird, so auch, daß andererseits das Schrifttum, im Schrifttum das Werk des Dichters, eine einzigartige Rolle im Rahmen kulturpolitischer Förderung spielen wird. Beiter ist das Schrifttum noch vor der Musik und weit vor der bildenden Kunst und neben dem Theatralischen und Rundfunk auch zugleich d i e Kunst und d i e kulturelle Äußerung, welche das Volk am weitesten und ge schlossensten umfassen kann. Man muß sich im Buchhandel, dem neben dem Vermittelnden immer wieder schöpferische Aufgaben als natür lichem Wesensgrunb seiner lebendigen Existenz zufallen, solche Voraussetzungen auch immer wieder vor Augen halten und gerade in ihrer Erfüllung eine hohe Verpflichtung sehen und in ihr auch den Grund des wirtschaftlichen Bestandes erkennen. Aber da anscheinend so wenig Neues um uns herum passiert ist — oder sind die jetzt mit Hakenkreuzen geschmückten Bände etwas Neues, für viele Buchhändler irgend etwas anderes als eben aktuelle und zugkräftig« Neuerscheinungen? — frißt sich da und dort die Mei nung durch, es bleibt alles beim alten, es kommt alles wieder zurück. Man sieht manches Gesicht eines Hakenkreuzdemokraten, wie sie in unserem Berufe, offen gesagt, immer noch viel genug da sind, wieder freier . . . »man wird die schmissigen Neuigkeiten, die Schlager, das artistische Hohlgeklingel wieder auf den Ladentisch stellen dürfen, denn es war doch ganz schön, wie die Intellektuellen kamen; jetzt wollen sie uns gar die Arbeiter in den Laden schicken! I« Sie machen Kreuz« und schweben in ihren intellektuellen Zwischennebcl zurück, aus dem ihr hagerer Arm manchmal austaucht und dem ahnungslosen Kunden ein Buch jener gekonnten, aber unkünstkerischen, ungetstigen Sorte in die Tasche schiebt — nachher wird das Werk verboten, das zuvor im Katalog langbesprochen stand — ober ihm als Geschenk für die erschrockene Hausfrau den abscheulichen Roman aus dem Filmleben empfehlend hinhält. Es geschieht aber nicht deshalb nichts ... weil überhaupt nichts geschehen wirb, sondern weil sich bi« neue Welt vor bereitet, weil sie wie ein Baum wächst, dem Regen des Frühjahrs, der
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