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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.05.1917
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1917-05-04
- Erscheinungsdatum
- 04.05.1917
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- Deutsch
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- Saxonica
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Börsenblatt s. b. Dtsch». vuchhandel. Redaktioneller Teil. 193, 4. Mai 1917. Ostern in der katholischen Kirche dar. Das Wort Kantate bildet somit den Anfang der Messe dieses Sonntags. Es bezeichnet also in zwei heute von einander ganz verschiedenen Bedeu tungen einen Meßansang. Buchhändler-Kantale ist ja auch der Anfang der Buchhändlermesse. Beide Bedeutungen gehen aber auf denselben Ursprung zurück. Im Anschluß an die Kirchen- feste oder Messen wurden die ersten weltlichen Messen oder Märkte veranstaltet, und diese erhielten so von jenen ihren Namen. Nach den lateinischen Mcßanfängen sind auch alle die Sonn tage. die noch heute einen lateinischen Namen führen, benannt worden. Es ist nun merkwürdig, daß in der katholischen Kirche und in katholischen Gegenden diese Sonnlagsbezeichnungen heute weniger gebraucht werden, als dies in der protestantischen Kirche und in protestantischen Gegenden der Fall ist, obgleich doch die protestantische Kirche die lateinische Messe nicht mehr hat, aus der sie stammen. Ja, beim ersten Sonntag nach Ostern kann man sogar beobachten, daß er in der katholischen Kirche säst nur der »Weiße Sonntag« genannt wird, während in der evangelischen Kirche neben der Bezeichnung erster Sonntag nach Ostern für ihn zumeist noch die lateinische Benennung tzuasi- mockogouiti oder tzuosimocko üblich ist. Dem Brauch des fast ausschließlich protestantischen Sachsen und der Buchhändler- fiadt Leipzig ist es also in erster Reihe zu verdanken, daß sich Ser Name Kantate als die fast ausschließliche Bezeichnung für den Buchhändler-Sonntag, dem dann am Montag die berühmte große Abrechnung folgt, bis zum heutigen Tage erhalten hat. Bisher scheint noch niemand auf den Gedanken gekommen zu sein, daß, dem Zuge der jetzigen Zeit folgend, das Wort Kantate eigentlich verdeutsch! werden müßte. Wie soll man es aber verdeutschen? Etwa mit Singet-Messe oder mit Singe-Messe? Am Tage vor der großen Abrechnung ist wahrlich manchem nicht nach Singen zumute. Das Wort Kantate hat auch einen so hübschen und vollen Klang, bei dem lvohl kein Buchhändler, wenn er es gebraucht, an Singen denkt. Es bringt einen be stimmten sestumgrenzten Begriff zum Ausdruck, und dieser Fall zeigt uns so recht mit aller Deutlichkeit, daß die Worte unserer Sprache doch eigentlich nur vereinbarte Bezeichnungen sind, die irgend einem Zufall die Festlegung auf einen bestimmten Be griff verdanken, etwa wie die Buchstabenbezeichnungen L und 8, die Zahlenbezeichnungen I, 2, 3, 4, die Vornamen Fritz, Emil usw. Wir lernen also hieraus an einem bezeichnenden Beispiel, daß wir uns vor einem Wortfetischismus hüten müssen. Namen sind Schall und Rauch. Der Ausdruck Kantate bezeichnet auch ein Tonstück ernsten Inhalts; dieses Wort ist aus dem Italienischen in unsere Sprache übernommen worden, während das Buchhändlerwort Kantate direkt aus dem Lateinischen stammt. Vor der Einführung der neuen Rechtschreibung schrieb man beide Wörter vorwiegend mit C; durch die Einführung der K-Schreibung bei ihnen brachte man zum Ausdruck, daß beide gewissermaßen das Bürger recht in unserer Sprache erworben haben. Selbstverständlich ist es die Pflicht eines jeden Deutschen und somit auch die des deutschen Buchhändlers, darauf bedacht zu sein, daß unsere Sprache von allen überflüssigen und entbehr- li m Fremdwörtern rein gehalten wird. Nun enthält die Fach sprache des deutschen Buchhandels eine Reihe von fremd sprachigen Ausdrücken wie Sortiment, Sortimenter, L condition, Kommissionär usw., von denen die meisten sich schwer ver deutschen lassen. L oonclition kann man ja leicht mit »be dingungsweise« übersetzen, und diese Verdeutschung wird ja wohl bald den fremden Ausdruck ganz verdrängt haben. Für die übrigen fremdsprachigen Fachbezeichnungen des deutschen Buchhandels sind schon längst deutsche Ausdrücke vorgeschlagen worden, diese haben aber nicht allgemeine Billigung und An wendung gefunden. Hier muß man die Hauptsache der Zeit überlassen. Man hat auch zu bedenken, daß Fachausdrllcke wie Sortimenter und Kommissionär für den Kundigen sestumgrenzte Begriffe darstellen, die dem Nichtkundigen gegenüber erst in einem ganzen Satz erläutert werden müssen. Das Wort ist nur der Diener der Sache, und auf die Sache kommt es ja in erster Linie an, nicht auf das Wort. Unsere Militärverwaltung ist gewiß ans die Reinhaltung unserer Sprache von überflüssigen 522 Fremdwörtern bedacht, sie hält aber trotzdem an den Fremd wörtern Infanterie, Artillerie usw. fest. Für sie darf es nicht die Hauptsache sein, daß die Infanterie und die Artillerie deutsche Bezeichnungen führen, sondern daß diese siegen. Ein fremdsprachiger Fachausdruck der deutschen Buchhänd lersprache, der für Kantate besondere Bedeutung hat, ist aus dem besten Wege dazu, mit Hilfe der sogenannten Selbst reinigung der Sprache durch einen gut deutschen Ausdruck er setzt zu werden. Es ist dies die Bezeichnung »Remittenden«. Wie bekannt, ist als letzter Termin für das rechtzeitige Ein treffen der Remittenden beim Verleger oder dessen Kommissionär der Sonnabend nach Kantate festgesetzt worden. Für Remitten den hat der Vuchhändlerhumor längst den hübschen und be zeichnenden Ausdruck »Krebse« aussindig gemacht. Warum er hebt man nicht diese Bezeichnung allgemein zum offiziellen Fachausdruck? Sie ist bereits mit gutem Erfolge als buch händlerische Fachbezeichnung verwendet worden, wie der Name »Krebs« der bekannten Berliner Vereinigung junger Buchhänd ler und der Name der offenbar nach Berliner Muster ins Leben gerufenen Buchhändlervereinigung in der norwegischen Haupt stadt Chriftiania »Krebsen« zeigen. Es wäre, wenn man das Fremdwort »Remittenden« gänzlich durch die deutsche Bezeich nung »Krebse« ersetzt, keineswegs der erste Fall in der Geschichte unserer deutschen Sprache, daß eine ursprünglich spöttische oder humoristische Benennung zur ernsthaften und wirklichen Be zeichnung einer Sache wird. Als es vor einigen hundert Jahren in den deutschen Küchen nur offene Herdfeuer gab, fehlte aus keinem Herde ein aus einem Büschel Gänsefedern bestehender und durch einen Holzgriff zusammengehaltener Gegenstand, der zum An fachen der Herdflamme diente und darum Fächer hieß. Dieser Name wurde zunächst im Scherz auf den aus romanischen Landen in die Hände unserer Damenwelt gebrachten Schmuck- und Abkühlungsgegenstand übertragen, der heute nur noch den Namen Fächer führt und so mit keinem fremdsprachigen Namen belegt zu werden brauchte. Nach diesem Vorgang und Muster sollte auch die Remittende in der Buchhändlersprache ganz durch den Krebs ersetzt werden. Da Ostern kein feststehendes Fest ist, sondern ein »Schuckel- fest«, wie Martin Luther es nannte, fällt auch der Kantate- Sonntag in jedem Jahre auf ein anderes Datum. Die Termine des Osterfestes bewegen sich zwischen dem 22. März, dem frühe sten, und dem 25. April, dem spätesten Osterlage. Es gibt dem nach im ganzen 35 Ostertermine und also auch 35 Kantate- Termine. Von diesen fallen die ersten 12 in den April, die übrigen 23 aber sämtlich in den Mai. Buchhändler-Kantate ist also vorwiegend ein Maifeft. Der Mai ist, abgesehen von seinen übrigen Vorzügen, der erste der Monate des Jahres ohne r, in denen bekanntlich die Krebse am wohlschmeckendsten sein sollen. Ein alter Spruch lautet ja: , »Die Monde ohne r sind gut zum Reisen, Zum Hochzeitmachen und zum Krebsespetsen«. Leider werden die wirklichen Krebse immer teurer und selte ner, sodaß sich namentlich während der jetzigen Kriegszeit höch stens Kriegslieferanten den Genuß dieser wohlschmeckenden Kruster zu Gemüts führen können. Bei den Buchhändler-Krebsen ist aber dem nicht so. Da bringt jeder Mai eine bedauerliche Fülle der sogenannten Krebse an den Tag. Es ist sehr zu be dauern, daß nicht das Umgekehrte der Fall ist. Der Welt und auch dem deutschen Buchhandel wäre wahrlich besser damit ge dient, wenn es mehr wirkliche Krebse und dafür weniger Bücher- Krebse gäbe. vr. I. Stanjek. „Der Kraus köpf." lÄ u m 6 V. Geburtstage von I) r. Hermann Wette. 16. Mai 1917.) Ich betrachte fiir mich als Dichter als großes Glück, daß ich im Miinsterland auf plattdeutschem Boden geboren bin. Einmal weil in dieser Heimaterde fast alle meine Dichtungen, plattdeutsche und hochdeutsche, wurzeln, daun auch, weil mit der angeborenen und da heim geübten mllnsterländischen Mundart das Hochdeutsch wie eine zweite Sprache gründlich erlernt werden mußte. Ich habe wahre
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