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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.04.1917
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1917-04-03
- Erscheinungsdatum
- 03.04.1917
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- Deutsch
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Redakttoneller Teil. 78, 3. April 1917. man nicht über B. hinaus, erst soll die österreichisch-ungarische Bank eine Erklärung abgeben über etwas, worüber sie kein Ver ständnis haben kann. Es ist ja ein reines Haberfeldtreiben mit uns Sortimentern! am besten, sperren wir die Bude zu; was wird dann das k. k. Steueramt dazu sagen?« Man wird den sicher sehr loyalen, patriotisch gesinnten Mann und geschätzten Kollegen bedauern; helfen konnte ich ihm allerdings in seinen Nöten nicht. Eins der schwierigsten und in Kriegszeiten gewiß wichtig sten Probleme der Volkswirtschaft ist die Regelung der Valuta- Verhältnisse. Der Laie versteht von dieser verwickelten Materie das eine, daß es wünschenswert und notwendig wäre, das hohe Disagio unserer Zahlungsmittel sinken zu machen. Dieser Er folg kann, da wir naturgemäß jetzt nur eine sehr geringe Aus fuhr haben, nur dadurch erzielt werden, daß unsere Einfuhr möglichst gering wird. Es wurden also bereits im Laufe der letzten zwei Jahre und werden noch immer Einfuhrverbote er lassen. Noch hat die kürzlich erflosscne Ministerialverordnung, die über Einfuhrverbote handelt, Bücher, Zeitungen und Zeitschriften als zulässig erklärt, aber daß eine Strömung dafür besteht, auch die Einfuhr von Büchern usw. zu verringern, geht aus einer Bekanntmachung des Vorstandes des Vereins der österr.-uugar. Buchhändler, die in der »Lsterr.-ungar. Buchhänd- ler-Correspondcnz« vom 14. März (vgl. Bbl. Nr. 86) veröffent licht wurde, hervor. Die Absicht dieses Aufrufes geht dahin, die Vereinsmitglie- dec zu veranlassen, künftig nur jene Artikel des Buch«, Künst elnd Musikalienhandels zu beziehen, die als dringendnot wendig bezeichnet werden können. Wie heißt es im Faust? Hier stock' ich schon. Was ist dringend notwendig? Puritaner werden sagen: nur Schulbücher bis hinauf zu den Universitäts kompendien und Lehrbüchern sind notwendig. Und das ganze große Gebiet der schönen Literatur von Gerhart Hauptmann bis zur Kriminalnovelle soll ausgeschallet werden? Von den Wie ner Theatern spielt reichlich die Hälfte ausschließlich Tag für Tag mehr oder minder gelungene Operetten, die kaum etwas mit klassischer Bühnenkunst zu tun haben; als aber kürzlich die Kohlennot die seltsamsten Vorschläge aufs Tapet brachte, und unter anderem auch die Schließung der Theater in Anregung gebracht wurde, da hieß es sogleich: die Theater, und namentlich die der heiteren Muse gewidmeten, sind ungemein wichtig, weil sie das Unterhaltungsbedürfnis der aus Urlaub weilenden Sol daten und Offiziere befriedigen. Man darf, so sagten die An wälte des leichten Genres, diesen braven Vaterlandsverteidi gern die ihnen notwendige Zerstreuung nicht rauben. Ähnlich steht die Sache aber auch bei den Büchern, denn ich vermute, daß wohl die Hälfte der zur Einfuhr gelangenden belletristischen Bücher direkt oder indirekt für die Frontsoldaten verlangt werden. Man kann in jedem Sortiment die Wahrnehmung machen, daß ein großer Teil der Versendungen durch Feldpost abgeht; aber auch von den Büchern, die im Laden gekauft wer den, sind nicht wenige für die literarische Versorgung von im Felde stehenden Angehörigen bestimmt. Wer wird nun bestim men, welche Bücher für die Soldaten und Offiziere dringend notwendig sind? Über Geschmack läßt sich nicht streiten, oder wie dies Reuter sehr hübsch ausdrückt: »Wat den cnen sin Uhl, is den annern sin Nachtigall. In diesen Blättern war anfangs März die Nachricht von dem am 25. Februar plötzlich erfolgten Hinscheiden des Begrün ders und Seniorchefs der Firma Moritz Perles enthalten, und cs folgte auch eine Notiz, die Geschichte der Firma im Abriß darstellend. Die Anteilnahme der Kollegen war so lebhaft, und d»n den Lesern des »Börsenblatts« sind so viele Beileidsbezeu gungen cingelausen, daß es mir, der ich mehr als vier Jahr zehnte an der Seite des Verstorbenen am Aufbau des Geschäfts geholfen habe, gestattet sein wird, einer Herzenspflicht zu ent sprechen und einiges zur persönlichen Charakteristik nachzutra- rsr gen. Vor allem eins: Moritz Perles hatte eine in unserem Be rufe nicht alltägliche, nicht einmal häufig borkommende Begei sterung für den Buchhandel, eine Treue und Anhänglichkeit an »des Dienstes ewig gleichgestellte Uhr«, die im Alter Wohl Er müdung und Ruhebedürsnis, nie aber Abgestumpftheit, schlechte Laune und Mißmut aufkommen ließen, wobei er freilich zu sei nem Glücke sich auf gesunde Nerven stützen konnte. Das Gesühl, das ihn in jungen Jahren dem Buchhandel zuführte, blieb ihm treu und verließ ihn bis zum letzten Moment nicht; er gab ihm charakteristischen Ausdruck in einem Briefe, den er mir vor einiger Zeit aus der Sommerfrische schrieb, und den er mit den Worten schloß: »Unser Beruf ist so schön und trotz aller Mühsal anregender als jeder andere. Ich habe es nie einen Moment bedauert, Buchhändler geworden zu sein«. Dieser Freude an der geschäftlichen Tätigkeit gesellten sich, um den Erfolg zu sichern, ein klarer Blick für die Bedürfnisse der Zeit und des Publikums und eine zähe Beharrlichkeit, die ihn nicht erlahmen ließ, wenn sich der Aussührung und Durch führung eines Projekts Hindernisse in den Weg stellten oder das Interesse des Publikums sich nicht rasch in erhofftem Maße einstellen wollte. Wie wenig wissen oft selbst die Fachkollegen von den Anstrengungen, Sorgen und ärgerlichsten Zwischenfäl len beim Verlage eines umfangreichen lexikalischen Werkes mit zahlreichen Mitarbeitern und einem großen Jllustrationsmate- rial! Zwei neuen Gebieten stellte er ein Fachlcxikon her: die Enzyklopädie der Tierheilkunde in elf Bänden und die Enzyklo pädie der Jagd- und Forstwissenschaften in acht Bänden. Der Schwierigkeiten gab es bei der Herstellung nicht wenige, aber beide umfangreiche Werke, die für ihr Gebiet vollständig neu waren, bildeten nach Abschluß dankbare Objekte für das Sorti ment, namentlich aber für den Reisebuchhandel. Eine Lieb lingsschöpfung des Verstorbenen war der Kalenderverlag, und da zeigte es sich auch mitunter, daß er lange, lange vor dem Kriege den Begriff »Durchhalten« nicht bloß kannte, sondern sich auch zur Richtschnur nahm; denn es konnte nicht vermieden werden, daß ab und zu eine Kalenderausgabe sich nicht als er- tragsfähig zeigte; aber zum Anfgeben eines Kalenders konnte er sich, selbst wenn sich die Rechnung ungünstig stellte, nur in den seltensten Fällen entschließen, und er hatte mitunter die Genugtuung, daß nach einigen Jahren sich der Absatz über raschend hob. »Die Flinte nicht ins Korn werfen«, war eine von ihm oft geäußerte Mahnung. Ungetrübte Freude machte ihm durch ihre Stellung in der wissenschaftlichen Literatur die »Wiener Medizinische Wochenschrift«, die er von den Erben des vr. Wittelshöfer erworben hatte und für deren Redaktion er die geeigneten Führer fand: 20 Jahre hindurch den in den so zialärztlichen Fragen äußerst bewanderten vr. Heinrich Adler und nach dessen Tode den journalistisch hervorragend begabten städtischen Bezirksarzt vr. Adolf Kronfeld. In der Absicht, einen juristischen Verlag zu gründen, gewann er den Wiener Advokaten vr. Leo Geller, einen Gelehrten von juristischem Scharfsinn und gründlichsten Kenntnissen, und es entstand neben den Gesetzesausgaben das in den Fachkreisen großes Ansehen genießende »Osterr. Zentralblatt für die juristische Praxis«. Zwischen Verleger und Autor herrscht nicht immer idylli scher Friede; manchmal entwickeln sich die Gegensätze zu Kon flikten (stehe den streitbaren Briefwechsel Brockhaus—Schopen hauer). Aber Moritz Perles verstand es, bei aller Wahrung seiner Interessen den Anforderungen und Ansprüchen seiner Autoren gerecht zu werden, und ein ernstes Zerwürfnis ereignete sich kaum jemals. Für diese Kunst der Verständigung hat Redak teur vr. Kronfeld in seiner Grabrede die treffenden Worte ge funden: »Wir waren nicht immer einer Meinung, wenn wir zur Besprechung zusammenkamen; wenn wir voneinander Abschied nahmen, waren wir stets einer Meinung«. Man ist nicht in geschäftlichen Dingen ein welterfahrener, kluger Mann, ohne auch im privaten Leben, in Haus und Familie Führer und Berater zu sein. Eine vielköpfige, verzweigte Familie, seine Witwe, Kinder und Enkel und Ver wandte beklagen den Heimgang eines Mannes, der ihre Sorgen teilte und der ihnen ein Vorbild treuer Pflichterfüllung war. Friedrich Schiller.
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