^ 78, 3. April 1917, Fertige Bücher, Duncker L Humblot » Verlag in München und Leipzig Ein deutscher Arzt am HofeKaiserNikolaus'I. von Rußland Lebenserinnerungen von Professor MartinMandt herausgegcbcn von Veronika Lühe, Mit einer Einführung von Geh. Regierungsrat Prof. vr. Theodor Schiemann 8° XVI, 544 S. Die Lebenserinncrungcn von Professor Martin Mandt, die hier zum erstenmal erscheinen, kann man rückhaltlos als eine der intimsten und zuverlässigsten Quellen zur Geschichte Kaiser Nikolaus' I, zwischen >835 und 1855 rechnen, Mandt war ein Gelehrter von wohlerworbenem Ruf, als er in seinem 35. Lebensjahr als Leibarzt der geistreichen und edlen Großfürstin Helene Pawlowna an den russi schen Los gezogen wurde. Sechs Jahre danach übernahm er schweren Herzens die vcrantwortungs- volle Aufgabe, dem Kaiser selbst als Leibarzt an die Seite zu treten. Inmitten der Intrigen, die ihn umgaben, »erstand er seine Persönlichkeit fest zu behaupten und der oft rücksichtslosen und unbedingte Fügsamkeit gewohnten Natur Nikolaus' einen nicht zu beugenden Willen in allen Fragen entgegcnzusehen, deren Entscheidung für ihn als Arzt von seinem wissen schaftlichen Gewissen abhing. Dieser Leibarzt, der mit der leidenschaftlichen Heftigkeit der Despoten natur des Zaren Nikolaus gerungen hat, war durchaus uneigennützig; er hat niemals nach politischem Einfluß gestrebt und ihn auch nie gehabt. Aber seine scharfe Beobachtungsgabe hat ihn vor allen Illusionen in der Beurteilung der Menschen bewahrt, mit denen Beruf und Stellung ihn in Be ziehung brachten. Wir verdanke» dieser Fähigkeit eine ganze Reihe vorzüglich skizzierter Charakter bilder der Mitglieder des kaiserlichen Hauses' der Kaiserin, der kaiserlichen Töchter, des Hofstaates und einiger hervorragender Staatsmänner, Keines dieser Bilder ist geschmeichelt, aber auch keines verzerrt. Zum erstenmal finden wir hier u, a eine zuverlässige Charakteristik von Fräulein Barbara Nelidvw, der Geliebten des Kaisers während seiner letzten Lebensjahre, Was diese Lcbenscrinncrungen so überaus anziehend und eigentümlich macht, ist der in Einzelheiten oft grotesk-komisch anmutende Kontrast zwischen dem kerndeutschen Professor der dreißiger Jahre, der als Typus alle die Züge deutschen Wesens an sich trägt, auf die der heutige russische Haß gegen Deutschland zurückzufllhren ist und zwischen den echt russischen Figuren der Petersburger Gesellschaft, Diese Memoiren sind aber gleichzeitig ein Abbild des allgemeinen weltgeschichtlichen Gegensatzes zwischen russischen und deutschen Denk- und Lebensformen und deshalb nicht nur eine historische Quelle ersten Ranges, voll von sehr unterhaltsamen Einzelheiten, die sich wegen der behandelten Persönlichkeiten überall über den per sönlichen Klatsch erheben, sondern auch ein politisches Dokument von höchstem gegenwärtigen Interesse, Preis der nach Angaben von Prof. Walter Tiemann ausaeiührten Kalbleinenbände (570 Seiten Texi): Mark 7.50 mit ZZ^°/„ Rabatr bar u, in Recbnunq, I oder 2 Proberxempl, mit 40°/p bar. Laldledvrbände Mark 12 50 unr bar. 312«