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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.01.1917
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1917-01-11
- Erscheinungsdatum
- 11.01.1917
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- Deutsch
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- Saxonica
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Redaktioneller Teil. 8, 11. Januar 1917. 20, Eine Mark 25 sollte ich mindestens verlangen, aber wer zahlt mir das? Nicht weil das zuviel wäre sür den Käufer oder siir mich (ich hätte schon in den ,alten' Zeiten, also im Frieden eigentlich statt 1 Mark 1.25 verlangen müssen), nein, weil diese Beträge so gar nicht rund und deshalb so unpraktisch sind. Kein Zweifel, die Mark war mein Erfolg, und die Mark war deshalb mein Evangelium. Mit diesem Evangelium habe ich allen teuflischen Versuchungen hinsichtlich der Preisfrage wider standen. Jetzt aber zünden mir die Lieferanten und ihre Vor- und Nachtreter das scheinbar so festgefügte Markgebäude an.« Die Warenhauspraxis mit den 95 und 98 Pfg.-Preisen könnte als eine Widerlegung dieser Anschauung ins Treffen geführt werden, doch wir wissen, mit welchen menschlichen Schwäche» die Geschäfts- Psychologen des Warenhauses rechnen. Welche Unmasse von Mark-Artikeln Deutschlands übriger Handel und seine Industrie aufzuweisen haben, davon haben wir nicht einmal einen Begriff. Auch dieser Handel leidet nicht weniger als der Buchhandel un ter der Mark-Krankheit. Ein Mittel zur Heilung könnte geschaffen werden, und dc>! ich manchmal in den Reihen der unverbesserliche» Optimisten einen Sonntagsspaziergang mitmachc, so will ich. heute — es ist Neujahrstag — dieses Mittel Vorschlägen. Es ist die Schaf fung eines Zahlungsmittels zu ,/t 1.25 Nennwert. Es unter liegt keinem Zweifel, daß diese Geldsortcnfragc nach dem Krieg noch ebenso brennend sein wird als während des Krieges. Wir werden — schätzungsweise — in der kommenden Friedenszeit mit einer Verteuerung aller Volkswirtschaftsmittel von min destens 25"/» gegenüber der Vorkriegszeit zu rechnen haben, und das ist für einen großen Teil der Volkswirtschaft ein wichtiger Grund, dem Markte durch eine solche Getdsorte Rechnung zu tra gen. Die Verhältnisse des Markarttkel-Marktes zwingen dazu ^ mit elementarer Gewalt. Freilich verhehle ich mir die Schwierigkeiten nicht, aber wenn wir im Krieg so Großes leisten, daß wir uns gegen eine Welt von Feinden behaupten und die weltbeherrschcnden Engländer zm einem uns genehmen Frieden zwingen können, wie wir alle^ hoffen, so mutz es Handel und Industrie in gemeinsamer Arbers verhältnismäßig leicht sein, der Reichsregierung den Nachweis! von der dringenden Notwendigkeit und der außerordentlichen Zweckmäßigkeit des 1'/>-Mark-Stückes zu erbringen und sie zu veranlassen, dem Bedürfnis Rechnung zu tragen. In erster Linie ^ wäre die Zahl der vorhandenen Mark-Artikel in Industrie und! Handel zu ermitteln und eine Einteilung in Gruppen vorzuneh-! men, die einen raschen überblick gestattet. Damit wäre die Haupt-! arbeit von der Seite des Handels aus schon getan. Auf Grund ^ einer solchen Statistik, die auch noch in anderer Beziehung irh volkswirtschaftlichem Sinne von höchstem Interesse und großem Werte wäre, ist es dann nicht mehr so schwer, durch Einzelnach-i weise an der Hand der Erfahrungen bestimmter Handelszweige die Bedürsnisfrage zu erörtern und zu begründen. Die Schwierigkeiten für die Regierung bei der Schöpfung^ einer solchen Geldsorte liegen auf münztechnischem Gebiete. Dessen bin ich mir Wohl bewußt. Doch sie sind nicht unüberwind lich. Es handelt sich hauptsächlich, soweit die Münze in Be tracht kommt, um eine genügende Unterscheidung des alten Mark stückes von dem neuen U/.-Mark-Stück und des letzteren von dem Zweimarkstück, und zwar haben sich die Münzanstalten neben der Art der Prägung hauptsächlich auch mit der Größe, Dicke und Schwere des neuen Geldstückes der Unterscheidungsmerkmale wegen zu befassen. Für den Unterscheidungszweck kann auch an eine neue Form, die Form hat ja schon häufig die Münztechnik beschäftigt, herangetreten werden. Man braucht nicht gerade an die schon mehrfach verworfene eckige Form zu denken, aber ein mehr oder weniger stark gerippter oder gerillter Rand könnte schon als zweckdienlich erscheinen. Das Legierungsprinzip hat der Krieg bereits umgestotzen, und wenn nicht alles trügt, so muß die Regierung aus mancherlei Gründen neue Richtlinien für die Münzlegierung nach dem Frieden aufstellen, sodatz die Unter scheidungsfrage sich Wohl auch auf dem Legierungswege lösen ließe. Jnbezug auf das Papiergeld — und »Papier« wird viele Jahrzehnte nach dem Krieg unser Hauptzahlungsmittel auch in 30 ^ kleinen Werten bleiben — sind gar keine Schwierigkeiten vor- Händen. Wenn sich der Buchhandel von der Wichtigkeit und auch von der Ausführbarkeit der Sache zu überzeugen vermag, so wäre es ! eine schöne Aufgabe für dessen berufliche Vertretung, Schritt- i inacher in dieser wichtigen Handelssrage z» sein und alle aus schlaggebenden Organe von Industrie und Handel sowie die der ! Presse für die gemeinsame Angelegenheit mobil zu machen. Und so möchte Wohl eines Tages das Eineinviertelstllck oder Einein- viertelmarkstück das Licht der Welt erblicken. Stuttgart, Neujahrstag 1917. OttoSchramm. Frau Holle. Bon Fritz Müller-Zürich. Als der Student in den Ferien heimkain, saßen der kleine Hans und die kleine Gret bei der alten Dienstmagd Magdalen und hörten einem Märchen zu. »O, Oskar«, sagten sic und versuchten, ihn ans die Kleinkinder bank hcrunterzuzupfen, »das ist fein, daß du wieder da bist, komm, setz dich gleich zu uns.« Ter himmellange Student war gutmütig von der ersten Wieder sehensfreude und setzte sich auf die Kleinkindcrbank. Die war so niedrig, daß seine schwarzen Tuchknie eckig auswärtsstanden. Wie ein großes lateinisches N schob sich der Student zusammen. Das war recht unbehaglich. So daß der Student Oskar kritisch überlegte, ob diese Sitzerei der Mühe wert sei, und sagte: »Na, und was ist also los bei euch?« »Die Magdalen erzählt uns was Feines«, sagte der Hans und hob den feuchten Zeigefinger von seinen Lippen hoch. »Ja, was Wunderschönes von der Frau Holle«, bestätigte die Gret und warf die Hängezöpfe, die märchengierig horchend über die Schulter vorgeschlichen waren, wieder in den Rücken mit einem schnellen Ruck. »Und weißt du, Oskar«, fuhr der Hans fort und steckte den wind getrockneten Zeigefinger wieder zwischen die Lippen, »jetzt sind wir gerade da, wo die arme Stieftochter in den hundert Meter tiefen Brun nen fällt —« »Und ertrinkt, nicht wahr?« ergänzte trocken der Student. »Aber nein, Oskar«, belehrte ihn die Gret und hätte ihm lachend die beiden Häugczöpse beinahe ins Gesicht geschüttelt, »nein, bist du dumm, Oskar — die brave Marie fällt durch den Brunnen auf eine große grüne Wiese, wo man zur Frau Holle kommt und —« »Dummes Zeug«, sagte der Student, »wer in einen hundert Meter tiefen Brunnen fällt, ist schon tot, bevor er unten ankommt. Die physikalischen Gesetze des Luftdrucks bewirken, daß »Nein, von einem Luftdruck kommt in der F-ran Solle gar nichts vor, gelt, Magdalen?« sagte der Hans. Die alte Dienstmagd Magdalen lugte den Studenten Oskar lange an, von unten herauf, ganz milde. Eigentlich wollte sie ihn daran er innern, daß er als kleiner Bub sicher an die zwanzigmal ihrem Holle märchen unermüdlich zugehorcht hatte und an Stelle des Luftdrucks immer mit einem Herzdruck zufrieden war. Aber die spitzen schwarzen Tnchknie des Studenten stachen sic, wie der Safer auch noch alte Pferde sticht: »Nein«, sagte sie lustig blinzelnd, »der Luftdruck kommt erst auf der Universität dazu.« Die schwarzen Tnchknie hatten sich ärgerlich geradgcstreckt: »Es ist eigentlich Unsinn, die jungen Köpfe mit diesem Märchenkrims krams anzufiillen, der mit den Naturgesetzen in Widerspruch steht und der mit den Errungenschaften der Neuzeit und den modernen Ver hältnissen überhaupt keinen lebensfähigen Kontakt mehr besitzt.« Darauf steckcltcn die schwarzen durchgedrncktcn Knie befriedigt in das Hintcrstttbchen vom Grünen Krokodil, wo um diese Zeit der Post assistent saß, mit dem man sich doch einigermaßen wissenschaftlich unterhalten konnte. Der Student brachte seine Märchenstimmung anfs Tapet. »Sie haben ganz recht«, pflichtete ihm der Postassistent bei, »man sollte dieses verdächtige Kinderzengs einmal daraufhin durchsetzen, was davon noch vor den strengen Forderungen einer aufgeklärten Zeit bestehen kann, nnd allen Firlefanz hinanswerfen, der nicht Stich hält.« »Oder doch wenigstens modern frisieren«, meinte der Student. Sie sprachen noch ein langes und ein breites. Es war nicht mehr früh, als der Student, nicht unerheblich schwankend, in sein Heimat bett heimfand. Er schlief unruhig. Als er sich das siebentemal nach der anderen Seite wälzte, erkannte er im Mondlicht seiner Kammer, daß jemand auf seinem Bcttrand saß. Erschrocken wollte er die spitzen Knie gegen den Besuch stemmen.
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