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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.08.1914
- Strukturtyp
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- 1914-08-22
- Erscheinungsdatum
- 22.08.1914
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. ^ 194, 22. August 1914. stammelt er: »Wieso — woraus schließen Sic das?« »Las steht auf der Tube! Sehen Sie hier die 12 kleinen Buchstaben? Es sind die Anfangsbuchstaben der Monate, der Versandmonat ist durch, locht, also hier August.« Nun sollte man meinen, daß sich der Dro gist der Lüge geschämt hätte, aber keineswegs; ihm machte der Trick, den er noch nicht kannte, soviel Spatz, daß er seinen aus zwei weiteren Tuben bestehenden Vorrat daraufhin prüfte, wobei sich eine vom Februar vorfand. Mit dieser verließ ich, um mich vor dem überschwenglichen Dank für die Belehrung zu retten, schleunigst den Laden — auf Nimmerwiedersehen. Mancher hat Wohl ähnliche Erfahrungen im Handel gesammelt, nur daß nicht immer die Lügen so kurze Beine haben wie hier. Zum Glück haben diese unerfreulichen Auswüchse im Buchhandel keinen Nährboden gefunden. Man rühmt dem Kriege nach, daß er nicht bloß den Völkern die Masken abreiße, sondern auch das Volksleben mit Aufrichtigkeit und sittlichem Ernst erfülle. Darum möge ein frischer Luftzug auch solche Miasmen, von denen hier die Rede war, gründlich ausfegen! Krieg und Kunst! Es ist selbstverständlich, daß die Schau- fenster der Kunsthandlungen sich dem Ernst der Zeit anpassen und daß die ausländische Kunst, deren Schaustellung unter den jetzigen Umständen wie eine grobe Taktlosigkeit wirken würde, mehr und mehr daraus verschwindet und guten Historienbildern, an denen die deutsche Kunst nicht arm ist, Platz macht. Neben den rein pa triotischen Bildern sind es besonders die farbigen Reproduktionen nach Gemälden von Arthur Kampf, in denen sich die Zeit der deut schen Erhebung von 1813 spiegelt, und die Darstellungen der gro ßen Schlachten von 1870 durch Anton von Werner, Karl Röch ling, Werner Schuch u. a., sowie schneidiger Reiterattacken von Angelo Jank, die das Publikum fesseln, wenngleich an einen loh nenden Absatz zurzeit nicht zu denken ist. Wenn aber, wie wir sehnlichst erhoffen, Gott unserer gerechten Sache den Sieg verleiht, dann wird sehr bald auch der Kunsthandel neu emporblühen. Da rum gilt es, sich in schwieriger Zeit zu behaupten und den Mut nicht zu verlieren. Aber eine andere Sorge drängt hier zur Aus sprache, das ist die Frage: Was wird aus unseren bildenden Künstlern? Werden sie den Krieg llberstehen, und was kann zu ihrem Schutze geschehen? Der wirtschaftliche Verband bildender Künstler, die im letzten Jahre geschaffene Gesamtorganisation der Künstlerschaft, erläßt einen Aufruf zur Teilnahme an der Erntc arbeit. Mähen und einfahren sollen die Künstler helfen, denn diese Arbeit kann auch von ungeübten Händen geleistet werden, ist außerordentlich gesund und wird zu einer Wiedergeburt von Körper und Geist führen. Auch die Künstlerinnen werden auf die Arbeit bei der Obsternte hingewiesen, wo Ersatz für die eingezoge- nen Gärtner durch weibliche Hilfskräfte gesucht wird. Das heißt freilich eingestehen, daß der Wirtschaftliche Verband selbst nicht helfen, sondern nur raten kann: suche jeder sich jetzt nützlich zu ma chen und selbst zu helfen! Nicht alle freilich werden gleich hart betroffen: Max Liebermann, der von Hause aus zu den reichsten Männern Berlins gehört, und der sehr geschätzte und hochbewer- tete Leipziger Meister Klinger sowie manche andere Fürsten unter den Künstlern wandeln hoch über den materiellen Sorgen, und es ist zu hoffen, daß sich bei ihnen in dieser schweren Zeit der Ge meinsinn regt und die Bereitschaft, anderen Künstlern in der Not zu helfen; wieviele werden heute aus hoffnungsvoller Tätigkeit herausgerissen! Mancher hatte vielleicht nach jahrelangem Mühen seine künstlerische Persönlichkeit durchgefetzt und konnte nun aus bessere Tage hoffen. Denn Künstler sein bedeutet auch im Frieden Kämpfer sein, und manchem ehrlichen Streiter ist der Sieg seiner Kunst erst nach dem Tode beschieden. Auch aus den Reihen der Künstler hat der Krieg eine stattliche Schar zu den Waffen ge rufen, neben dem anerkannten Bannerträger der Kunst auch den werdenden, auf den die Kunstfreunde berechtigte Hoffnungen setzen. So zieht Franz Eichhorst, der junge Berliner Maler, dessen bedeutendes Gemälde »Waldfest« vor zwei Jahren von der Großen Berliner Kunstausstellung für den ersten Preis angekauft wurde (jetzt in schlesischem Privatbesitz), mit dem Garde-Schützen-Regi- ment ins Feld, und auch der junge in Berlin tätige Malerradierer Friedrich Iwan, der erst vor einem Jahre sein Freiwilligenjahr in Glatz abgedient hat und der sich durch stimmungsvolle Land schaftsradierungen schnell in der Gunst des kunstliebendcn Publi- 1286 kums festgesetzt hat, ist, wie so viele andere, mit seiner Truppe hinausgezogen. Mancher ältere Künstler, dem es selbst nicht mehr vergönnt ist, am Kriege teilzunehmcn, schickt einen lieben Ange hörigen gegen den Feind, so der 71jährige Anton von Werner sei nen Sohn Fritz als Artillerieleutnant, und der bekannte Bildhauer Prof. Johannes Boese stellt drei Söhne unter die Waffen. Wahr lich, Deutschland kann stolz sein auf diese Summe von Intelligenz und moralischer Kraft, die dem Vaterlandc treu zu Diensten steht. Ihnen allen rufen wir zu: Gott schütze euch und eure Familie, Gott erhalte eure Kunst! Was hat die Kunst selbst vom Kriege zu hoffen? Obwohl in früheren Feldzügen bedeutende Künstler im Hauptquartier waren, um als Augenzeugen Eindrücke zu sammeln und die Waffentaten durch die Kunst zu verherrlichen, zeigte sich doch die Tatsache, daß Werke von überragendem künstlerischen Wert aus der unmittel baren Anschauung nicht geboren werden. Alles, was auf diesem Wege entstanden ist, setzt sich aus militärisch treuen Schlachten bildern, naturwahren Riesenpanoramen und effektvollen Reprä- sentationsstückcn zusammen. Gerade Anton v. Werner, der im Hauptquartier des 3. Armeekorps von Sedan bis Versailles den Krieg mitmachte, ist ein Beweis dafür, daß das stoffliche Interesse in diesen Fällen das künstlerische bei weitem überwiegt. Eins der wenigen Werke von ihm, die eine bedeutende Stimmung auslösen, ist sein Bild: König Wilhelm am Grabe seiner Eltern im Char lottenburger Mausoleum am 19. Juli 1870, dem Tage der Kriegs erklärung. Welche wunderbare Feierlichkeit ist über diese Dar stellung gebreitet! Aber so oft ich vor diesem Gemälde stand, hat mich die unvermittelte Art, in der die preußische Uniform neben die antiken Marmorsarkophage gestellt ist, und die dünne Farben gebung, die dem seelisch ansprechenden Bilde etwas Öldruckartiges gibt, sehr gestört. Auch hier zeigt sich, wiediel von der ehemali gen künstlerischen Feinheit dieses Malers durch die sachliche Kor rektheit und Nüchternheit verlorengegangen ist. Anders liegt die Wirkung empfangener Kriegseindrücke bei dem russischen Schlachtenmaler Wereschtschagin, dessen Riesen bilder aus dem russisch-türkischen Kriege um 1880 das größte Auf- sehen erregten; sie sind Wohl sämtlich heute in Rußland. Beson ders »Ruhe auf dem Schipka-Paß« mit den erfrorenen Vorposten ist ein ergreifendes Schauerstück, an dessen tiefen Eindruck ich mich deutlich erinnere. Ursprünglich war Wereschtschagin Offizier und hatte an der Erstürmung von Plewna teilgenommen, aber der Krieg hatte ihn so erschüttert, daß er mit seiner Malerei der Frie densbewegung zu dienen suchte. Noch einmal nahm er im Jahre 1904 am russisch-japanischen Kriege teil und befand sich auf dem Admiralsschiff »Petropawlowsk«, das am 12. April vor Port Ar thur durch japanische Streuminen in die Luft flog; so fand er, der die Schrecken des Krieges so oft dargestellt hatte, als K2jähriger im Kriege seinen Tod. — Noch ein dritter Künstler finde hier Er wähnung, der als sächsischer Garde-Reiterosfizier den Krieg 1870—71 mitmachte und den wir heute zu den besten deutschen Künstlern zählen, Fritz von Uhde. Aber nicht »das wilde eiserne Würfelspiel« gab ihm den Inhalt seiner Malerei, sondern der tieffeelische Gehalt des Heilands, den er mit seiner für Deutschland bahnbrechenden Freilicht-Malweise in den ergreifenden Bildern aus dem deutschen Alltagsleben darzustellen wußte (am schönsten in dem Leipziger Museumsbilde »Lasset die Kindlein zu mir kom men«). Auch hier also hat der Krieg seinen Einfluß auf die Kunst verfehlt. Ebenso bemerkenswert ist es, daß drei hervorragende Dar stellungen des Krieges aus neuerer Zeit lediglich der Phantasie der Künstler entstammen; cs sind die Werke dreier Meister, die nicht ohne innere Verwandtschaft sind, nämlich Böcklin, Stuck und Klinger. Arnold Böcklin hat in seinem Gemälde »Krieg« die vier apokalyptischen Reiter dargestellt, die über die brennende Stadt wie eine finstere Unglückswolke dahinsausen, Franz von Stuck malte in dem bekannten Bilde der Münchener Pinakothek den Reiter mit dem blutigen Schwert, dessen plumpes Riesenpferd die zuckenden Menschenleiber zertritt, während Max Klinger in der herrlichen Radierung aus dem Zyklus vom Tode eine ergreifende Vision schuf: der Krieg erscheint als Riefe hingelagert, der das Schwert auf den Knien Wippen läßt; am Ufer eines Flusses, dessen Brücke gesprengt ist, zieht in aufgelöster Flucht die Armee Napo-
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