Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.05.1920
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1920-05-25
- Erscheinungsdatum
- 25.05.1920
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19200525
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-192005258
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19200525
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1920
- Monat1920-05
- Tag1920-05-25
- Monat1920-05
- Jahr1920
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
auf etwa 100 angewachsenen Bewerbungsschreiben waren kaum zwei, deren Handschrift sich durch Schönheit auszeichnete, viel leicht 10 Bewerber schrieben leidlich, während der Rest der Briefe so geschrieben, oder weniger höflich ausgedrückt, so ge schmiert war, daß man zunächst nur den Wunsch haben konnte, den Betreffenden schnellstens Schreibunterricht geben zu lassen. Dieses Übel war bei den Leipziger Bewerbern besonders auf fällig; die Tatsache erweist jedenfalls, daß die Schulen auf Schönschrift keinen Wert legen oder völlig unzureichende Lehr kräfte haben. Auch die Buchhändler-Lehranstalt scheint auf diesem Gebiete, während sie sonst Ausgezeichnetes in der Aus bildung leistet, völlig zu versagen. Vielleicht genügt ein Hinweis, um den Verein der Musikalien-Verleger zu veranlassen, in dieser Richtung Schritte zu tun, denn wenn das Wort: »Zeige mir deine Handschrift, und ich will dir sagen, wer du bist« trotz allerGraPho- logie auch nicht richtig ist, und wenn die Schreibmaschine auch vielfach das Eigenhändige verdrängt, so ist es doch für jeden Betrieb, gleichviel ob Verlag oder Sortiment, wesentlich, daß die Schrift der Angestellten eine ästhetisch erfreuende ist. Ich meine wenigstens: wie es dem Kunden nicht gleichgültig ist, wenn er eine Sendung vom Sortimenter erhält, ob die Auf schrift und die Faktur ordentlich und hübsch aussieht oder nicht, so wird cs auch für den Sortimenter ein wesentlicher Unterschied sein, ob er aus Fakturen, die auf Makulatur ge druckt, in übler Handschrift geschrieben, erfährt, was er er hält und zu zahlen hat, oder ob er auf hübschem Formular tadel los geschriebene Fakturen bekommt. Wenigstens sollte in einem Berufe, der mit geistigen Gütern handelt, dieses Gefühl für Ästhetik immer stärkeren Boden gewinnen. Sollten Sie, lieber Freund, der Sie meine Handschrift aus schmerzlicher, langer Erfahrung kennen, meinen, daß Kritisieren leichter als Besser machen sei, so wende ich hiergegen ein, daß, vielleicht gerade weil ich am eigenen Leibe erfahren habe, was eine wenig gute Handschrift bedeutet, ich eine um so lebhaftere Liebe für schöne Handschriften hege. - Die Sonne meint es zu gut. Wie im Sommer mußte ich die Vorhänge zuziehen, um weiterschreiben zu können. Da ich noch manches auf dem Herzen habe, so habe ich mir für die Fortsetzung meines Briefes eine Zigarre angebrannt — ein Luxus, den ein armer Sortimenter, trotz 207°igem Sorti menter-Zuschlag, sich höchstens noch am Sonntag gestatten kann, selbst wenn er an manchen Artikeln wesentlich mehr verdient als der Herausgeber, der im Klagen ihn überbietende Verleger. — Ich war bei dem Gefühl für Ästhetik stehengeblieben — man braucht weder Künstler, noch ein blutleerer Ästheten-Snob zu sein, um den lebhaften Wunsch zu haben, der ganze Musikalien handel möchte etwas mit Schönheit gesättigt sein. Jeder, der in Lichtwarkschen Gedanken groß geworden, muß es schmerzlich empfinden, daß ein Stand, der zum Hüter geistiger Werke be stellt wurde, nicht in seiner Gesamtheit, nicht in seinem Äußern ein Spiegelbild des Schönen ist. Im Buchhandel hat es lange gedauert, bis man sich von der Geschmacklosigkeit und den Ver irrungen der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts erholte, damals brachten auch erste Verlagsfirmen Meisterwerke der Literatur in hervorragend unschöner Ausstattung und Ge wandung, dann ging es aber mit Riesen- und Siegesschritten vorwärts, und wenn es heute Vorkommen soll, daß Papier und Einband höher bewertet wird als der Inhalt eines Bandes, so sind dies, wie sonstige bibliophilische Auswüchse, doch nur Ausnahmen, jedes Schaufenster einer größeren Buchhandlung zeigt im Ganzen, daß die Zeiten mangelnden Geschmacks end gültig überwunden sind. Anders im Musikalienhandel; gewiß haben die großen Musikverlage meist das Streben, gute Werke in würdiger Ausstattung zu bieten, aber wenn einerseits die Tradition der Verlagshäuser einen gewissen Zwang ausübte, am Althergebrachten festzuhalten, so war andererseits die Würde oft mit äußerer Nüchternheit verbunden. Das Schlimmste aber ist, daß die leichte Musik, von der Schund-Musik ganz zu schwei gen, die an Überzahl, wie oft bemerkt, die gute Musik fast er drückt, in ihrer äußeren Gewandung jeder Grazie bar ist. Hier meinen die Verleger augenscheinlich, daß ein möglichst viel farbiger, ein möglichst teurer Röder-Titel alles ist, was sie zu vieren brauchen. Wenn Sie, lieber Freund, sich oft darüber ach geregt haben, daß die Schaufenster der Musikalien-Sortimmler eine wenig empfehlende Visitenkarte für die Firma und dm Stand sind, so meine ich, daß die Verleger und ihre Buchbinder doch stark hierfür verantwortlich sind. Erfreulich ist es, das die Berechtigung solcher ästhetischen Forderung im Musikaiieil- handel doch mehr und mehr Echo findet; nachdem der Beck? von B. Schott's Söhne, Mainz, schon vor dem Kriege begonnen, in seinen Ausgaben der Musikfreunde wenn auch nicht dibiio- Phile, so doch in der ganzen Ausstattung schöne Veröffentlichun gen zu bieten, hat neuerdings der Steingräber Verlag sei« ganze Edition in Umschlag und Titel neu gewandet und hierbei durch kraftvolle klare Schriften und ein wirkungsvolles Signet etwas künstlerisch Gutes und höchst Erfreuliches geboten. Solche Neubelebungen tun einem alten Sortimenterherzen um so mehr wohl, als sie zur Nachahmung, nicht etwa sklavisch im Einzelnen sondern in der Gesinnung anreizen. Aber es sind nicht die Bei- lagsveröffentlichungen allein, die ein ästhetisches Spiegelbild von Äußerungen aus unserm Musikleben geben. Von musillite- rarischen Werken abgesehen, wird gar noch manches Musikbezüg- liche gedruckt, und gerade bei diesem »manchen« wird der stille Beobachter sich oft eines Seufzers nicht erwehren können und, wenn er nicht alkoholfeindlich, häufig den Wunsch haben, sch gegen diese in den Magen fahrenden heftigen Geschmachsver- flöße durch einen Schnaps zu stärken. Vor mir liegen zwei verschiedene Publikationen: »Mittel lungen des Tonkünstler-Vereins«, »Mitteilungen de- Verbandes deutscher Musikkritiker«, die in ihrer trostlosen Sich, ren Dürftigkeit kaum ihresgleichen haben. Den Einwand, das zu einer besseren Ausstattung Geld gehöre und Geld und Musil, wenn es sich nicht gerade um Operetten oder Tanzwerke Hande», selten beieinander zu finden sind, kann man nicht gelten lassen, denn ein guter, würdiger Satz, bei vernünftiger Einteilung, ist nicht teurer als ein schlechter. Auch heute selbst ist die Papierfrage kaum eine Entschuldigung für eine Berge- waltigung des Geschmacks. So schlimm wie mit diesen Blättchen im kleinen sieht es mit den Musikzeitungen nicht aus, aber wenn wir sie an unserem geistigen Auge bor- überziehen lassen — eine ganz stattliche Anzahl —, so muh man doch sagen, daß, so Ausgezeichnetes sie inhaltlich leisten, in ihrem Äußeren ästhetisch befriedigen kann eigentlich keine Das hängt zum Teil damit zusammen, daß der MusikaliemBer- lag eine überraschende Antipathie gegen Propaganda hat, eine Frage, auf die ich vielleicht später noch eingehe. Genug, die Musikzeitungen verfügen im allgemeinen über so wenig stän dige Anzeigen-Einnahmen, daß, wenn die konzertierenden Künstler nicht hier aushelfen würden, sie vielleicht gar nicht bestehen könnten. Aber ich bin überzeugt, wenn sie auch fi nanziell durchaus nicht auf Rosen gebettet sind, sie könnten siir das Auge und ästhetische Herz wohl etwas mehr tun. Vielleicht kommen sie von selbst jetzt dazu, da zahlreiche neue Musikzeituu- gen (je schlechter die Zeiten, desto mehr Zeitungen!) erschienen sind und diese Konkurrenz auch zu Anstrengungen, das Sichre betreffend, anreizen wird. Da ist eine im 1. Jahrgang be findliche in Wien erscheinende Zeitung »Musikalischer Kurier- mir ins Haus geflogen. Nicht daß ich gerade behaupten wollte, daß diese ästhetischen Ansprüchen genüge. Auf der ersten Seile der Nr. 8 ist eine nach der Natur gezeichnete Dame abgebildei, die so furchtbar dreinschaut, daß, wenn ich Abonnent der Zei tung wäre, ich das Anrecht sofort aufgeben würde. Ob das Ja- strument, das sie neckisch in der Hand hält, ein Violoncello oder eine Violine ist? Als Redakteur zeichnet ein Professor vr. Gras. Der Verlag nennt bescheiden nur seine Adresse, nicht seinen Namen. Anders steht es mit der Halbmonatsschrift für Mustl »Melos«, hier wird als Verlag Neundorfs L Moll, als Heraus geber Hermann Scherchen genannt. Daß es sich um eine HW moderne Zeitschrift handelt, zeigt schon der Titel, der von Cäsar Klein durchaus futuristisch entworfen ist. Als ständige Mit arbeiter werden Namen von bestem Klange, darunter Professor Altmann, Busoni, v. Schillings, Schönberg u. a. genannt. Die Ausstattung ist so vornehm auf Kunstdruckpapier, daß ich, iveim auch sonst durchaus kein Pessimist, für die Lebensdauer fürchte
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder