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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.05.1920
- Strukturtyp
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- 1920-05-06
- Erscheinungsdatum
- 06.05.1920
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- Deutsch
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Es gibt nicht nur einen Film, der sich mit der kommunistischen Ehe befaßt, sondern auch ein Buch: Markerdt, Ferd.: Kapitali stische, kommunistische oder sozialistische Ehe. Eine Unter suchung über die Formen der Geschlechtsverbindung. Berlin: Rickmann (durch Louis Naumann, Leipzig) 1919. Neben der Sozialisierungsfrage behauptete sich an erster Stelle das Problem des Bolschewismus, ja zahlenmäßig über wiegt es noch, aber die Literatur über den Bolschewismus hat zum großen Teil nicht staatswissenschaftlich-politischen, sondern geschichtlich-rückschauenden Charakter. Idealbilder von den in Rußland herrschenden Zuständen wurden von den Kommuni sten, Schreckbilder von den Rechtsstehenden entrollt. Natürlich brachte die Zeit unmittelbar nach der Revolution eine Hochflut dieser Literatur, seit dem Sommer 1919 hat auch sie stark ab geflaut. Auffällig ist hierbei, daß nicht etwa die bolschewistische Propaganda-Literatur überwiegt, sondern die Literatur gegen den Bolschewismus, sie macht sicherlich mindestens zwei Drit tel der gesamten im Jahre 1919 erschienenen Broschüren-Lite- ratur über den Bolschewismus aus. Das lag sicherlich nicht daran, daß die Bolschewisten und die äußerste Linke der Sozia listen eine zu geringe Werbetätigkeit für ihre Ideen entwickel ten, sie haben sie nur in anderer Weise entfaltet, nicht in Bro schüren und Einzelschriften, sondern in Flugblättern und in ihren Pariei-Zeitschriften, die ja hier nicht in Betracht gezogen werden. Besonders rege zeigte sich das Generalsekretariat zur Ab wehr des Bolschewismus in Berlin, das neben zahlreichen Schriften gegen den Bolschewismus einen Führer durch die bol schewistische und antibolschewistische Literatur herausgegeben hat. Einige wenige militärische und politische Persönlichkeiten, die während des Krieges im Vordergründe des Interesses und der allgemeinen Beachtung gestanden hatten, behaupteten diese Stellung, nicht gerade freiwillig, auch während der Revolutions zeit. Früher angepriesen und verherrlicht, wurden sie aber nun mehr in die Defensive gedrängt und die Verfemten der Kriegs zeit, Liebknecht und Rosa Luxemburg, wurden zu Götterbildern der Revolution. Am stärksten wurden natürlich die Feldherren angegriffen, neben ihnen standen im Mittelpunkt des Inter esses Erzberger, Rathenau und Helfferich. Spätere Generatio nen werden die zum Teil sehr scharfen, zum Teil aber auch recht geschmacklosen Pamphlete, die gerade über die führenden Per sönlichkeiten des Weltkrieges in Umlauf kamen, objektiver be urteilen, als dies uns Zeitgenossen, verwirrt vom Streit der Tagesmeinungen, möglich ist. Immerhin, zugegeben und aner kannt muß werden (und die sehr linksstehende »Weltbühne« hat es gelegentlich einmal mit einem Stoßseufzer bedauert), daß gerade die Konservativen, nachdem sie sich von den ersten Schlägen der Revolution erholt hatten, in ihren Streitschriften eine außerordentlich starke dialektische Schärfe und viel schlag fertigen Witz bewiesen. Wir erinnern nur an: »Friedrich der Vorläufige, die Zietz und die anderen. Berlin: Verlag der Täglichen Rundschau 1919«. Daß nun auch eine zum Teil ältere, bisher von der Zensur unterdrückte Literatur auftauchte, die von allerlei Geheimnissen des Berliner und Wiener Hofes wußte, oder die Habsburger Mesalliancen und Liebesaffären (darüber gibt es übrigens auch ein austrophiles Buch), das Intrigenspiel an den europäischen Fürstenhöfen und Ähnliches behandelt, ist im Grunde selbst verständlich. Die großen Heerführer konnten nicht so rasch mit ihrer Ab wehr auf den Plan treten wie ihre Schmäher. Es vergingen Monate, bis die ersten »Erinnerungen« und »Verteidigungs schriften« großen Umfangs erschienen, und sicherlich ist noch nicht von allen das letzte Wort gesprochen. Neben den innerpolitischen Fragen waren es besonders die zwischenstaatlichen Probleme und die Grenzlandsragen, die be sonders häufig zur Bearbeitung reizten. Die Frage von Deutsch-Österreichs Anschluß, die Zukunft der österreichischen Alpenländer, das Schicksal der Deutschen in Böhmen und der Sprachinseln Siebenbürgens, Polens und Nord-Schleswigs, die Abtrennung deutscher Gebiete im Osten und Westen fanden man- c 452 nigfache Erörterung. Im Interesse der Deutsch-Österreicher ent faltete besonders die Deutsch-Österreichische Mittelstelle eine rege Tätigkeit. Neben ihren Flugschriften sind vor allem die im Verlag Hölder, Wien, erschienenen »Flugblätter für Deutsch- Österreichs Recht« hervorzuheben. Gegenüber den Grenzland- fragen traten die Kolonialfragen in geradezu auffälliger Weise zurück. Deutschland hatte durch den Friedensvertrag seine Ko- s lonien verloren, also schien es offenbar den meisten Verlegern zwecklos, koloniale Zukunftspläne aufzurollen. Wohl aber nahm die Literatur für Auswanderer, die natürlich während des Krieges völlig eingeschlafen war, wiederum zu — ein sprechendes Beispiel für die Abhängigkeit der Literatur von Zeitgemäßheit und Aktualität. Aus dem Gesagten geht klar hervor, daß die staatswissenschaft liche und politische Literatur im ersten Arbeitsjahr der revo lutionären Regierung das Feld beherrschte. Neben ihr wurde am stärksten inhaltlich von den Zeitereignissen ein Wissensgebiet bestimmt, in dem sich der Umsturz besonders deutlich bemerkbar machen mußte: die Pädagogik. Die neuen Machthaber hatten wohl in jähem Anlauf das alte Regime gestürzt, sollte aber ihre Herrschaft von Dauer sein, dann mußten sie sich die Zu kunft sichern und aus den Lehrbüchern und aus den Köpfen der Schüler, Eltern und Lehrer all jene Anschauungen auszu merzen trachten, durch die reaktionäre Bestrebungen gefördert und die geistige Entwicklung im Sinne der neuen Regierung behindert werden konnte. Andererseits war es natürlich, daß sich zahlreiche, ein Fortbestehen der bisherigen Erziehungs methode befürwortende Kreise und alle die, die mit Recht die Notwendigkeit einer Erstarkung des Nationalgefühls erkannten, gegen eine allzu revolutionäre Umgruppierung der bisherigen Erziehungsgrundsätze wandten und eine Orientierung der Ju gend im Sinne der roten Internationale entschieden ablehnten. Die Notwendigkeit der Reform unseres Erziehungswesens wurde aber von allen maßgebenden Schulmännern anerkannt und in zahlreichen Schriften niedergelegt. Von Erziehungsfragen, die l besonders oft und gern behandelt wurden, nennen wir: die Gründung von Elternvereinigungen an Mittelschulen, Schulge meinden und Schülerrat, Selbstregierung der Schüler und Schul aufsicht, Erziehung der Schüler zur Selbstverwaltung, die Volks schule im Lichte des demokratischen Staates und des Sozialis mus, die psychologische Auswahl der Jugendlichen, endlich die Frage des Religionsunterrichts in der Schule, für die natürlich besonders die Geistlichkeit einsteht, während sich die freisinnig und sozialistisch denkenden Lehrer für den Moralunterricht in der Schule entschieden haben. Von allen pädagogischen Fragen der Gegenwart hat freilich keine die Geister so sehr beschäftigt wie die Volkshochschule und die Einheitsschule. Zumal die Einheitsschule ist neben den politischen Themen der Soziali- 1 sierung und des Bolschewismus bzw. des Kommunismus das am häufigsten angeschnittene Thema des vergangenen Jahres gewesen. Zum Schluß bringen wir eine Zusammenstellung der sei! der Revolution erschienenen Literatur über Sozialisierungs- s fragen und über die Einheitsschule. Wir verfolgen damit einen h doppelten Zweck: einmal wollen wir im Sinne obiger Darlegung an diesen zwei Beispielen zeigen, wie besondere Aktualität ein Thema über alle anderen hinausheben kann, sodaß es nicht einige Male, sondern 50- und 60fach behandelt wird. Der Hauptzweck dieser beiden Beispiele soll aber sein, den Verlagsbuchhandel nachdrücklich darauf hinzuweisen, wie wichtig es ist, gerade solche Büchergruppen, die sich inhaltlich berühren, in einer zentralen Sammelstelle, wie sie die Deutsche Bücherei ist, restlos beisammen zu haben. Nicht nur für den Forscher, den wissenschaftlich An beitenden ist dies wichtig, sondern vor allem auch für den Ver lagsbuchhandel selbst, der — häufig an die Deutsche Bücherei gerichtete Anfragen sind der beste Beweis dafür — in die Lage kommt, über ein besonderes Literaturgebiet, eine inhaltlich be grenzte Büchergruppe bibliographische Auskünfte zu verlangen. Ist erst die Deutsche Bücherei in der Lage, ihren systematischen Katalog laufend durch die Titel der Neueingänge zu ergänzen, so wird sie derartige Auskünfte rasch und mit der größten Ge<
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